Nach Halbfinal-Einzug bei Heim-WM Ganz Australien verzaubert von den "Matildas"
Die australischen Fußballerinnen haben durch ihre Erfolge bei der Heim-WM die ganze Nation in ihren Bann gezogen. Unzählige Fans feierten den Einzug der "Matildas" in die Vorschlussrunde - und das sogar an ungewöhnlichen Orten.
Das hatte es in der langen Geschichte des Derbys zwischen den West Coast Eagles und den Fremantle Dockers auch noch nicht gegeben: Als die Spieler der beiden Teams aus der Australian Football League am Samstagabend (12.08.2023) um kurz nach 18 Uhr (Orstzeit) auf den Rasen des Perths Stadiums einliefen, wurde ihnen von den Fans fast keine Beachtung geschenkt. Nahezu alle Zuschauerinnen und Zuschauer blickten auf die Leinwand der Arena, auf der gerade das Elfmeterschießen des Viertelfinals der australischen Fußballerinnen bei der Heim-WM gegen Frankreich gezeigt wurde.
Jeder erfolgreiche Penalty der "Matildas" wurde frenetisch bejubelt - bei jedem Fehlschuss der Australierinnen brach das blanke Entsetzen bei den Football-Anhängern aus. Als Cortnee Vine das Team von Coach Tony Gustavsson schließlich ins Halbfinale schoss, begann das Perth Stadium zu beben. Überschwänglich und passenderweise mit dramatischer Musik untermalt wurde das Weiterkommen von Volksheldin Sam Kerr und Co. gefeiert.
Football-Fans im Fußball-Fieber
Die "Matildas" haben die ganze Nation in ihren Bann gezogen. Davon zeugte übrigens auch die Anstoßzeit des Football-Derbys zwischen den Eagles und Dockers. Eigentlich war die Partie für 17.40 Uhr angesetzt gewesen, wegen des Viertelfinals der australischen Fußballerinnen wurde der Kickoff dann jedoch um eine halbe Stunde nach hinten verlegt.
In Down Under sind sie ganz verliebt in dieses Team, das mit so viel Herz, Leidenschaft und Zusammenhalt den Sprung in die Vorschlussrunde geschafft hat. Die Mannschaft habe die Nation "inspiriert", hatte Premierminister Anthony Albanese bereits im Vorfeld des Frankreich-Duells geschwärmt. Der 60 Jahre alte Politiker der Australian Labor Party kündigte an, sich dafür einzusetzen, im Falle eines WM-Sieges der "Matildas" einen zusätzlichen Feiertag einzuführen.
Regierungschef Albanese fiebert mit "Matildas" mit
Albanese zählte dann auch zu den knapp 50.000 Fans im Brisbane Stadium, die sich das dramatische Viertelfinale gegen die Europäerinnen vor Ort anschauten. Auf den Straßen der Hauptstadt des australischen Queensland sowie in Kneipen, Restaurants, heimischen vier Wänden sowie sogar in einer feinen Galerie fieberten unzählige weitere Fans mit ihren Kickerinnen mit.
Das war natürlich kein regionales Phänomen. In ganz Australien wurde am frühen Samstagabend mit den "Matildas" gezittert und schließlich gefeiert.
"Jeder im Land ist Teil unsere Gemeinschaft"
Dass die Euphorie im Land seine Spielerinnen zusätzlich beflügelt, daran hat auch Coach Gustavsson keine Zweifel. "Danke an alle Fans, dass sie dieses Team unterstützen. Sie sind Teil des Erfolges. Wir sind eine verschworene Gemeinschaft. Und heute Abend ist jeder einzelne Mensch aus diesem Land ein Teil davon", sagte der Schwede. Er sei "verdammt stolz" auf seine Mannschaft ergänzte der 49-Jährige: "Sie haben heute unglaublichen Mut gezeigt." Für ihn selbst sei der Halbfinal-Einzug "der größte Moment in seiner Karriere", erklärte Gustavsson.
In seinen Worten schwang auch jede Menge Genugtuung mit. Denn nach der 2:3-Niederlage im zweiten Gruppenspiel gegen Nigeria hatte es in Down Under Kritik an dem Übungsleiter gegeben. Bei einem vorzeitigen Ausscheiden wäre er seiner Aufgaben vielleicht entbunden worden. So jedoch dürfte der 49-Jährige bereits jetzt Heldenstatus bei den australischen Fußball-Fans genießen.
Presse überschlägt sich vor Lob
Und der Weg der "Matildas" soll ja noch nicht zu Ende sein. Zwei Siege fehlen noch zum erträumten WM-Sieg - und möglicherweise einem zusätzlichen Feiertag. Die Mannschaft habe die Nation mit einer "magischen Nacht" fasziniert, schrieb der "Sydney Morning Herald" und überschüttete das Gustavsson-Team wie fast alle australischen Medien mit Lob.
Und auch die Footballer der West Coast Eagles und Fremantle Dockers, die am Samstagabend zunächst noch mit Befremden auf die Missachtung ihrer Fans reagiert hatten, waren später wieder mit sich und der Welt im Reinen. Denn acht Minuten nach dem Ende des Elfmeter-Dramas in Brisbane begann ihr Derby. Und mit dem Kickoff gehörte ihnen dann auch wieder die ganze Aufmerksamkeit ihrer Anhänger.