Gruppe F Türkei zittert sich gegen dezimierte Tschechen weiter
Die Türkei hat als Zweiter der Gruppe F das Achtelfinale bei der EM erreicht. Das Team von Coach Vincenzo Montella bezwang am Mittwochabend (26.06.24) in Hamburg Tschechien mit 2:1 (0:0) und feierte seinen zweiten Sieg beim Turnier in Deutschland. Die Tschechen schieden aus.
Richtig zu überzeugen wussten die Türken im Volksparkstadion allerdings nicht. Trotz einer frühen Gelb-Roten Karte gegen den Tschechen Antonin Barak (20.) konnten sie nicht die Spielkontrolle gewinnen und mussten bis zum Schluss um den Punktgewinn zittern. Hakan Çalhanoğlu brachte das Montella-Team an alter Wirkungsstätte - er spielte von 2013 bis 2014 beim HSV - in Führung. Tomas Soucek gelang für die tapfer kämpfenden Tschechen der Ausgleich (66.), bevor Cenk Tosun in der Nachspielzeit der Siegtreffer gelang (90+4).
Die Türkei trifft nun im Achtelfinale am kommenden Dienstag (02.07.24, 21 Uhr) in Leipzig auf Österreich.
Frühe Gelb-Rote Karte gegen Barak
Die Zuschauer im Volksparkstadion - mehrheitlich türkische Fans - sahen eine wilde Anfangsphase. Tschechien kam besser in die Partie und hatte durch einen Schuss von Lukas Provod, den Keeper Mert Günok parierte (3.), und einen Kopfball von Robin Hranac (vorbei, 17.) die ersten Tormöglichkeiten. Dem hoffnungsvollen Beginn folgte der große Schock: Barak wurde nach einem zu harten Einsteigen gegen Salih Özcan mit der "Ampelkarte" des Feldes verwiesen.
Elf Minuten zuvor hatte der Italien-Legionär Ferdi Kadioglu in der türkischen Hälfte zu Boden gezogen und dafür seine erste Gelbe Karte gesehen. "Der Platzverweis ist in der Summe absolut korrekt", sagte ARD-Schiedsrichterexperte Lutz Wagner.
Tschechien in Unterzahl das gefährlichere Team
Während der Mittefeldmann vom AC Florenz mit hängenden Schultern im Bauch des Volksparkstadions verschwand, lagen sich die türkischen Fans auf den Rängen in den Armen. In Überzahl und zudem nicht unter dem Druck, gewinnen zu müssen - was sollte da noch passieren? Nun, ganz so einfach wie vielleicht von vielen Anhängern der "Ay-Yıldızlılar" in diesen Momenten vermutet, gestaltete sich die Aufgabe gegen den dezimierten Kontrahenten dann bei weitem nicht.
Die Tschechen, die einen Sieg für die Achtelfinal-Qualifikation benötigten, standen auch in Unterzahl kompakt und ließen bis zur Halbzeit keine klare Chance der Türken zu. Das Team von Coach Ivan Hasek war sogar gefährlicher: David Jurasek hatte kurz vor der Pause freie Schussbahn, scheiterte jedoch am aufmerksamen Günok (45.). Pech zudem für die Osteuropäer, dass Referee Istvan Kovacs (Rumänien) dem bereits verwarnten Türken Kenan Yildiz kurz zuvor nach einem Ellenbogen-Treffer ins Gesicht von Vladimir Coufal nicht wie Barak Gelb-Rot zeigte (38.).
Çalhanoğlu erlöst Türkei - Keeper Stanek verletzt sich
Eine mehr als strittige Entscheidung des Unparteiischen. Und eine mit Folgen. Denn besagter Yildiz war es, der sechs Minuten nach dem Wiederbeginn im tschechischen Strafraum frei zum Abschluss kam. Dessen Abschluss konnte Keeper Jindrich Stanek zwar noch prächtig parieren. Aber gegen den präzisen Nachschuss ins lange Eck von Çalhanoğlu war der 28-Jährige dann machtlos. Doppelt bitter für Stanek: Er hatte sich bei der ersten Parade am Arm verletzt und musste danach ausgewechselt werden.
Schick sieht Gelb - auf der Bank!
Es schien sich alles gegen die Tschechen verschworen zu haben an diesem Sommerabend im Volksparkstadion. Nach diesem für sie so unglücklichen Spielverlauf bedurfte es jedenfalls riesiger Moral, um noch die Wende zu schaffen. Und fußballerischer Klasse. Aber der beste Angreifer des Teams saß weiter auf der Bank - und blieb dort auch. Patrick Schick stand zwar auf dem Spielberichtsbogen, aber eingewechselt wurde der Torjäger von Bayer Leverkusen nicht. Seine Wadenverletzung machte einen Einsatz offenbar unmöglich. Kurios: Im Achtelfinale hätte er selbst im Falle einer Genesung nicht auflaufen dürfen, weil der Angreifer wegen Reklamierens seine zweite Gelbe Karte sah - wohlgemerkt auf der Bank.
Soucek trifft zum Ausgleich
Also musste es ohne Schick mit einem Tor klappen. Und es klappte: Kapitän Soucek war im Nachschuss zum 1:1 erfolgreich, nachdem Günok im Fünfmeterraum den Ball nach einem weiten Einwurf nicht zu fassen bekam. Tomas Chory gewann das Luftduell mit dem Keeper und das Spielgerät gelangte schließlich zu Soucek. Nun begann das große Zittern bei der Türkei. Denn bei einem weiteren Gegentreffer und einer möglicherweise dann daraus resultierenden Pleite wäre sie auf den letzten Platz in der Gruppe F abgerutscht.
Das Wissen darum belastete die Montella-Elf. Die Türken agierten viel zu hektisch in der Vorwärtsbewegung und wackelten auch in der Abwehr einige Mal bedenklich. Tschechien warf in der Schlussphase alles nach vorn, blieb aus dem Spiel heraus jedoch zu harmlos. Nach einem der ganz wenigen gelungenen Konter der Türkei mussten die Osteuropäer dann kurz vor Ultimo noch den zweiten Gegentreffer durch Tosun hinnehmen.
Der Frust saß anschließend verständlicherweise tief bei den Tschechen. Nach dem Abpfiff kam es zu einer Rudelbildung, in deren Folge Tomas Chory die Rote Karte sah.