Nach Arbeitssieg im WM-Halbfinale England genießt gegen Kolumbien "Vorgeschmack" auf Australien
Die Engländerinnen haben sich ihren 2:1-Sieg gegen Kolumbien im Viertelfinale der Frauen-WM am Samstag (12.08.2023) mit starken Nerven verdient. Die Fans der Kolumbianerinnen machten aus dem Spiel die Generalprobe für das Halbfinale der "Lionesses" gegen Co-Gastgeber Australien.
"Das wird ein großes Spiel", blickte Sarina Wiegman auf das Duell am Mittwoch (16.08.2023, 12 Uhr MESZ, live im Ersten und auf sportschau.de) voraus und dachte, damit die Frage beantwortet zu haben. Die Reporterin setzte aber noch einmal nach: "Ist Ihnen wirklich klar, wie groß die Rivalität zwischen den beiden Ländern ist?"
Wiegman, gebürtige Niederländerin und noch nicht mal zwei Jahre für die Engländerinnen verantwortlich, musste breit grinsen. "Wir sind hier sehr herzlich aufgenommen worden. Und ich mag die Leute wirklich sehr. Aber wenn sie so nachfragen, sollte ich mich vielleicht doch noch mal genau bei meinen Spielerinnen und dem Staff erkundigen", sagte die 53-Jährige.
Kolumbiens Schlachtruf verhallt in Sydney
Wiegman hatte gut lachen. Ihr Plan für das Spiel gegen Kolumbien war aufgegangen. "Togetherness" und Resilienz hätten ihre Spielerinnen gezeigt. Durch den Rückstand kurz vor der Pause hatten sich die Löwinnen genauso wenig aus der Ruhe bringen lassen wie von den einmal mehr sehr lauten kolumbianischen Fans.
Ihr "Vamos, vamos Colombia - esta noche, vamos a ganar" ("Vorwärts Kolumbien, in dieser Nacht werden wir gewinnen") hat das Team aus Südamerika durchs Turnier getragen, ertönte am Samstagabend in Sydney aber zum letzten Mal.
"Wir hatten uns darauf eingestellt, dass wir nicht so wie sonst kommunizieren können. Es kam auf die Körpersprache an", erklärte Antreiberin Georgia Stanway. Coach Wiegman stellte erfreut fest, dass jede Spielerin genau gewusst habe, was sie zu tun hat.
Und auch Verteidigerin Jessica Carter betonte die gute Vorbereitung, die besonders wichtig gewesen sei, weil "alles auf einem neuen Level ist. Und dass wir das heute geschafft haben, zeigt, was für ein professionelles Team wir sind."
England siegt knapp, aber siegt
Und die Engländerinnen unterstrichen einmal mehr die alte Weisheit, nach der ein gutes Turnierpferd immer nur so hoch springt, wie es muss. Nach den knappen Erfolgen gegen Haiti und Dänemark in der Vorrunde und gegen Nigeria im Achtelfinale reichte das eine Tor Unterschied gegen Kolumbien allen Beteiligten. "Unsere Leistungen waren nicht perfekt, aber immer so gut, dass wir gewonnen haben", sagte Trainerin Wiegman. "Und man darf die Gegner nicht unterschätzen. Das waren alles harte Spiele."
Ein wirkliches Drängen auf den dritten Treffer gab es nicht. Dafür hielt das Team um Kapitänin Bright - die Wiegman extra als zentrales Glied der Abwehrkette aufgestellt hatte, um die Kopfballhoheit zu haben - gegen aufopferungsvoll kämpfende Kolumbianerinnen in der Schlussphase sehr gut dagegen.
Englands Gelbe Karten werden gestrichen
Und das, ohne bittere Konsequenzen davonzutragen. Mit Stanway, Lauren Hemp und Lucy Bronze waren gleich drei Spielerinnen gelb-vorbelastet in das Viertelfinale gegangen. Doch zu "Togetherness" und Resilienz gesellte sich noch eine gewisse Cleverness. Alle Drei blieben ohne weitere Verwarnung.
Ich freue mich auf das Spiel gegen Australien, auch wenn das Publikum uns das nächste Auswärtsspiel bereiten wird.
Und so macht den Engländerinnen in gewisser Weise sogar Verlieren Spaß. Eine Sperre hätte fürs Halbfinale gegen Australien gegolten, jetzt wurden die drei einzelnen Gelben Karten aber gestrichen. Bis auf die wegen ihrer Roten Karte aus dem Nigeria-Spiel noch einmal gesperrte Lauren James sind alle Spielerinnen einsatzbereit. "Sie waren aggressiv und doch immer kontrolliert. Ich habe sie im nächsten Spiel zur Verfügung", freute sich Wiegman, die auch bei der nach dem Schlusspfiff noch behandelten Rachel Daly Entwarnung gab.
England bereit für das nächste "Auswärtsspiel"
Australien kann also kommen. Und wie die Engländerinnen nach eigenen Aussagen bisher aus jedem WM-Spiel etwas gelernt und mitgenommen haben, dürfte auch diesmal ein großer Erkenntnisgewinn stehen.
"Die kolumbianischen Fans waren der Vorgeschmack auf das, was uns jetzt erwartet", sagte Stanway. Und Wiegman fügte hinzu: "Ich freue mich, dass wir noch eine Woche länger hier sein werden. Und ich freue mich auf das Spiel gegen Australien, auch wenn das Publikum uns das nächste Auswärtsspiel bereiten wird."
Bis Mittwoch hat die englische Nationaltrainerin nun einige Tage Zeit, um ihr Team auf Gegner Australien vorzubereiten. Und selbst ein bisschen Nachhilfe zu nehmen in Sachen Rivalität zwischen den beiden Ländern, die im Commonwealth eine lange gemeinsame Geschichte, sich aber auch schon in vielen Sportwettkämpfen gegenüber gestanden haben.