Fehltritt mit Folgen England-Star Lauren James für zwei Spiele gesperrt
In der Gruppenphase der Frauen-WM sorgte Lauren James mit Topleistungen für Furore. Gegen Nigeria verlor sie die Nerven und ist im Viertelfinale am Samstag (12.08.2023) gegen Kolumbien und einem möglichen Halbfinale auf ihre Kolleginnen angewiesen. Die Engländerin wurde für zwei Spiele gesperrt, teilte die FIFA am Donnerstag (10.08.2023) mit.
Was hatte sie die Fußballwelt doch verzaubert. Lauren James gelang in der Gruppenphase eines der bisher schönsten Tore der Frauen-WM. Gegen Dänemark trat die 21-Jährige an, dribbelte eine Gegnerin aus und schlenzte den Ball mit ihrem rechten Fuß ins lange Eck, schoss England so zum 1:0-Sieg. Im letzten Gruppenspiel Spiel gegen China hatte James dann beim 6:1 gleich mehrere Glanzstunden - an fünf Toren war sie direkt beteiligt, traf zweimal selbst und legte drei Treffer vor.
Mit sechs Torbeteiligungen war die jüngste Akteurin im englischen Kader die erfolgreichste Spielerin im gesamten Turnier. Doch nun wird sie dabei zusehen müssen, wie ihr andere enteilen - die Japanerin Hinata Miyazawa ist schon gleichgezogen, Kadidiatou Diani (Frankreich) hat sie schon überholt. Doch noch schlimmer als die Gefahr, den Titel der besten Scorerin nicht zu gewinnen, ist dann doch die Tatsache, dass ihr eben auch nichts anderes mehr übrigbleibt, als ihren Teamkolleginnen von der Tribüne aus die Daumen zu drücken.
Klare Rote Karte nach Tätlichkeit
Es ist keine Geschichte von Tragik, wie es sie so oft in einem solchen Turnier gibt. Kein Missgeschick, Unglück oder eine Ungerechtigkeit - nein, in diesem Fall muss man von Dummheit sprechen. Will man freundlicher sein und die besondere Atmosphäre einbeziehen, nennt man es eben: einen Moment des Kontrollverlusts.
Im Achtelfinale gegen Nigeria stieg James ihrer Gegnerin Michelle Alozie, nachdem beide zu Boden gegangen waren, beim Aufstehen offenbar absichtlich auf deren Hüfte, sah die Rote Karte. Beim Stand von 0:0 und in der 84. Minute, also als es um alles ging. James hatte sich nicht im Griff, die Nigerianerinnen hatten ihr und der gesamten Mannschaft mit einer überraschend starken Leistung derart zugesetzt, dass James die Nerven verlor. Dabei war von einer Provokation Alozies in dieser Situation nichts zu sehen.
James: "Es tut mir leid"
Gut 24 Stunden nach ihrem Platzverweis meldete sich James bei "X" zu Wort - und entschuldigte sich direkt bei Alozie: "Meine ganze Liebe und mein Respekt für dich. Es tut mir leid, was passiert ist. Auch für unsere englischen Fans und meine Teamkolleginnen. Es ist die größte Ehre, mit und für euch zu spielen. Ich verspreche, dass ich aus meinen Erfahrungen lernen werde", schrieb die 15-fache Nationalspielerin.
Alozie reagiert mit Humor
Auch die gefoulte Alozie reagierte auf "X" - mit Humor. Sie postete ein Foto, das sie auf dem Rasen liegend mit dem Fuß von James im Rücken zeigt und schrieb dazu: "life". In einem weiteren Post erklärte sie, dass sie James das Foul nicht übel nehme: "Dieses Spiel ist ein Spiel voller Leidenschaft, unüberwindlicher Emotionen und Momenten. Aller Respekt vor Lauren James", schrieb sie.
Wiegman: "Einfach die Nerven verloren"
Englands Trainerin Sarina Wiegman ordnete das Foul nach dem Spiel so ein: "Das war ein Sekundenbruchteil und spät im Spiel, wenn die Spielerinnen auch etwas müde werden. Sie ist eine unerfahrene Spielerin auf dieser großen Bühne und hat sich wirklich gut geschlagen. Ich glaube, sie hat in einem Sekundenbruchteil einfach die Nerven verloren", sagte sie.
Und auch der englische Verband nahm James in Schutz. Sie sei "voller Reue" und ihre Aktion sei "ganz und gar nicht typisch für sie", schrieben die "Lionesses" bei "X". Man werde James unterstützen und respektiere das Disziplinarverfahren des Weltverbandes FIFA in "vollem Umfang".
Erst im Finale könnte James wieder spielen
Abseits des Feldes musste James die letzten Minuten der regulären Spielzeit, die Verlängerung und das Elfmeterschießen mit ansehen - durfte dann aber wieder dabei sein, als die Engländerinnen nach dem letzten Schuss von Chloe Kelly den Einzug ins Viertelfinale feierten.
Dort ist aber wieder zuschauen angesagt. Ebenfalls in einem möglichen Halbfinale. James wurde für zwei Spiele gesperrt. Und damit hat sie noch Glück, es wäre auch möglich gewesen, sie wegen der Aktion für den Rest des Turniers auszuschließen.
Der "netteste Mensch" erhält eine "Lektion"
Vielleicht half James auch das Plädoyer ihrer Trainerin im Anschluss an den Sieg über Nigeria. "Natürlich wollte sie niemanden verletzten. Sie ist der netteste Mensch, den ich kenne", sagte Wiegman. James habe sich auch entschuldigt und fühle sich wegen der Aktion "sehr schlecht". "Solche Dinge passieren und man kann es jetzt leider nicht mehr ändern. Es ist eine große Lektion, die sie lernen muss", sagte die 53-Jährige.
Dass sie deswegen in K.o.-Spielen bei ihrer ersten Weltmeisterschaft nicht dabei sein darf, dürfte James dabei Strafe genug sein. Es könnte ein Moment sein, den sie ihre ganze Karriere bereut. Denn jetzt liegt es nicht mehr an ihr, ob es England ins Finale schafft. Bei den "Lionesses" fällt damit nach der verletzten Keira Walsh eine weitere enorm wichtige Spielerin aus.
Ein weiterer Star macht aber Hoffnung auf ein Happy End. "Wir haben alles, was uns in den Weg geschmissen wurde, gemeistert und sind weitergegangen. Ich sehe keine Mannschaft, die so viel Unglück hatte - und wenn, glaube ich nicht, dass es eine andere Mannschaft so gut bewältigt hätte", sagte Ex-Weltfußballerin Lucy Bronze.