Von Links: Benedict Hollerbach und  Ivan Prtajin

Relegation zur 2. Bundesliga Kein Wunder - Bielefeld scheitert an Wiesbaden und Hollerbach

Stand: 07.06.2023 00:14 Uhr

Das Wunder von Bielefeld ist ausgeblieben - die Arminia setzt ihren freien Fall fort und spielt kommende Saison drittklassig. Dagegen feiert der SV Wehen Wiesbaden auch dank Benedict Hollerbach hochverdient den Aufstieg in die 2. Bundesliga: Der Stürmer traf am Dienstagabend (06.06.2023) doppelt zum 2:1-Erfolg auf der Alm.

Insgesamt steigt Bielefeld vor allem wegen der katastrophalen Defensive ab. In der regulären Saison hatte es 62 Gegentore gehagelt, in der Relegation kamen weitere sechs hinzu. Wehen Wiesbaden hatte das passende Pendant dazu: Hollerbach mit 17 Saisontoren inklusive Relegation und sein Nebenmann Ivan Prtajin mit 16 stellen das beste Sturmduo in den drei deutschen Top-Ligen.

Arminias Trainer Koschinat: "Heulen ist okay, arbeiten wäre besser"

Der SVWW feierte den dritten Aufstieg in die 2. Liga nach 2007 und 2019. Doppelpacker Hollerbach jubelte: "Wir haben uns belohnt für eine richtig gute Saison. Jetzt dürfen wir auch mal zwei Stunden feiern." Sein Coach Markus Kauczinski sagte: "Ich freue mich brutal für die Mannschaft. Wir haben gute und gefährliche Jungs, die auch aus dem Nichts Tore machen können, deshalb haben wir uns auch nicht als Außenseiter gefühlt. Der große Trumpf war der Zusammenhalt."

Bielefeld-Legende Fabian Klos sagte nach dem Abstieg zur Sportschau: "Ein Abschied fühlt sich immer beschissen an, aber dieser war besonders unnötig. Das Hinspiel war Katastrophe, aber heute hatten wir tatsächlich die Chance, nochmal richtig was anzuzünden. Wir müssen eigentlich das 2:0 und 3:0 nachlegen, aber am Ende war es dann typisch, was hier passiert ist."

Offensivspieler Robin Hack gab zu: "Schlimmer geht es gar nicht, als zweimal nacheinander abzusteigen. Da hat einiges gefehlt diese Saison." Trainer Uwe Koschinat kritisierte: "Heulen nach dem Spiel ist okay, aber besser wäre, in der Saison hart zu arbeiten. Man muss am Ende einfach sagen, es hat sportlich nicht gereicht. Das tut schon sehr weh."

Arminia-Fans pfeifen schon vor dem Anpfiff

Für die Arminia hatte die Tortur in diesem Rückspiel schon eine Dreiviertelstunde vor dem Anpfiff begonnen. Als die Mannschaft zum Warmmachen aus den Katakomben kam, setzte es sofort ein gellendes Pfeifkonzert aus der eigenen Kurve, es gab wütende Sprechchöre wie: "Wir sind Arminen und ihr nicht!" Dazu wurde auch noch ein Riesen-Transparent ausgerollt: "Elf Spieler, die elf Söldner sind", hieß es da, was zumindest in Bezug auf den seit zwölf Jahren für die Bielefelder stürmenden Klos natürlich blanker Hohn war.

Klos stand dann auch in der Startelf, obwohl er nach dem in jeder Hinsicht verheerenden Hinspielauftritt mit einem 0:4 und schweren Ausschreitungen der Bielefelder Anhängerschaft seine Teamkollegen hart kritisiert hatte: "Diese Mannschaft ist keine Mannschaft." Neben Klos hatte Coach Koschinat vier weitere Neue gebracht, aber auch ehrlich zugegeben: "Es geht nicht darum, mit hehren Zielen ins Spiel zu gehen, dafür sitzen die Ereignisse von Freitag zu tief. Wir wollen anders auftreten und gewinnen."

Klos in der Startelf, Klos mit der Führung

Der Wille war da, der Weg tatsächlich zunächst auch. Bielefeld begann druckvoll, Klos setzte schon nach zwei Minuten mit einem Foul an der Seitenlinie ein Zeichen für seine Mitspieler. Kurz danach reckte er die Faust in die Höhe. Ein langer Abschlag von Keeper Martin Fraisl rutschte durch bis zu Stürmer Bryan Lasme, der perfekt für Klos querlegte. Der zog aus 18 Metern volley ab und erwischte Wehens Torhüter Florian Stritzel eiskalt: Unter seinem Körper flutschte der harte, aber haltbare Ball zum 1:0 durch.

Die Fankurve honorierte das Bemühen mit zunächst noch verhaltener Anfeuerung, die aber nach einer Mittelfeld-Grätsche von Sebastian Vasiliadis deutlich lauter wurde. Und Bielefeld versuchte nachzulegen. Defensiv zwar durchaus anfällig, ergaben sich im Spiel nach vorne aber weitere Chancen: Nach Lasmes Solo klärte Gino Fechner nur mit viel Mühe (15. Minute), Sekunden später verpasste Oliver Hüsing völlig freistehend per Kopf das 2:0.

Bielefelds Hüsing trifft nur die Latte, Wehens Hollerbach gleicht aus

Wehen setzte zwar immer wieder vielversprechende Konter, wackelte aber defensiv enorm. In der 25. Minute half das Glück bei einem weiteren Hüsing-Kopfball, der an die Latte klatschte. Sekunden später fischte Stritzel den Abschluss von Jomaine Consbruch so gerade noch aus dem rechten Eck.

Das 2:0 wäre hochverdient gewesen, doch der Chancenwucher rächte sich in der 35. Minute. Bei einem langen Befreiungsschlag von Stritzel verschätzte sich Arminia-Verteidiger Andres Andrade komplett und sprang unter dem Ball durch. Prtajin schickte seinen Sturmkollegen Benedict Hollerbach steil, der frei vor Fraisl die Ruhe behielt und mit dem 1:1 für Ruhe auf den Rängen sorgte.

Rückstand zur Pause, Koschinat bringt 16-Jährigen

Die Bielefelder bemühten sich weiter, schleppten aber auch ihre Probleme im Abschluss und im defensiven Umschaltspiel durch: Nachdem Stritzel einen Klos-Schuss stark pariert hatte, köpfte Consbruch den Abpraller am leeren Tor vorbei (43.). Wiesbaden konterte eiskalt, in der Nachspielzeit der ersten Hälfte setzte sich Hollerbach am linken Strafraumeck viel zu simpel gegen zwei Arminen durch, seinen Schuss fälschte Hüsing unhaltbar für Fraisl ab - mit dem 2:1 waren in Bielefeld jegliche Hoffnungen auf das Wunder erloschen.

Arminia Bielefeld im freien Fall

Sportschau

Koschinat reagierte in der Pause und brachte neben Silvan Sidler den erst 16-jährigen Henrik Koch - es ging also im zweiten Durchgang bereits mehr um die Zukunft als um die Gegenwart. Auf dem Platz war anschließend die Parole, die Sache vernünftig über die Bühne zu bringen, weiter dagegenzuhalten, nicht unterzugehen.

Klos-Abschied - vermutlich noch nicht für immer

Das gelang auch ordentlich, mit einem emotionalen Höhepunkt in der 81. Minute: Klos wurde ausgewechselt und von den Fans lautstark gefeiert. Er hatte ja schon nach dem Hinspiel-Desaster angekündigt, so nicht aufzuhören, sondern zur Not auch in der 3. Liga nochmal die Knochen hinhalten zu wollen - mehr gute Nachrichten gab es in dieser Relegation für Bielefeld definitiv nicht.