Abklatschen beim SV Wehen Wiesbaden nach dem Sieg gegen Bielefeld, im Hintergrund ist schwarzer Rauch zu sehen

Relegation zur 2. Bundesliga Wehen Wiesbadens Triumph und Bielefelds Wut

Stand: 03.06.2023 14:52 Uhr

Drittligist SV Wehen Wiesbaden hat im Relegations-Hinspiel zur 2. Fußball-Bundesliga die Bielefelder Arminia geschockt. Die Hessen gewannen am Freitag (02.06.2023) mit 4:0 (1:0). Allerdings wurde die Partie wegen Fanausschreitungen zeitweise unterbrochen.

Bielefeld steht nach der deutlichen Niederlage kurz vor dem Absturz in die 3. Liga und muss zusätzlich mit einer harten Strafe rechnen. Kapitän Fabian Klos war nach dem Spiel am Boden zerstört, sprach seiner Mannschaft "den Charakter" ab und stellte in Aussicht, nach dem wahrscheinlichen Abstieg weiterzuspielen.

Wegen der Ausschreitungen muss Arminia mit einer Strafe rechnen, vielleicht schon beim Rückspiel am kommenden Dienstag. SVWW-Trainer Markus Kauczinski sprach sich aber gegen ein Geisterspiel aus. "Ich habe kein Interesse an einem leeren Stadion. Ich will kein Geisterspiel." Allerdings forderte er die Verantwortlichen der Arminia dazu auf, gemeinsam mit den Fans für eine sichere Durchführung der Partie zu sorgen. 

Erster Treffer nach sieben Minuten

Ivan Prtajin hatte den Drittligisten bereits in der siebten Minute in Führung gebrachte. Der nächste Treffer fiel dann erst eine Dreiviertelstunde später, als Johannes Wurtz für Wehen Wiesbaden erhöhte (50. Minute). Benedict Hollerbach erzielte sehenswert das 3:0 für den vermeintlichen Underdog (60.). Den Schlusspunkt setzte John Iredale (82.). Danach musste die Partie für 20 Minuten unterbrochen werden.

"Unser Matchplan ist voll aufgegangen. besser kann man es nicht machen", lobte SVWW-Trainer Kauczinski, "wir haben etwas gebraucht, aber dann haben wir es sehr gut gemacht." "Wir waren frisch, waren gallig, waren von Beginn an da", sagte Hollerbach nach dem Spiel bei "Sky". "Es ist der Charakter der Mannschaft, in der Kabine hatten alle ein Lächeln auf dem Gesicht", beschrieb der Torschütze die Stimmung in der Kabine von Wehen Wiesbaden vor der Partie.

Bielefeld mit Personalsorgen

Arminen-Coach Uwe Koschinat verzichtete in seiner Startelf überraschenderweise auf Kapitän Klos. Jomaine Consbruch fehlte gelbgesperrt, Lukas Klünter, Masaya Okugawa und Guilherme Ramos mussten verletzungsbedingt passen. Derart geschwächt kam der DSC nicht sonderlich gut in die Partie in Hessen.

Zwar hatte Marc Rzatkowski die erste vage Schusschance für die Gäste (3.), aber den ersten Stich machte der SVWW. Brooklyn Ezeh flankte von links auf den zweiten Pfosten. Dort setzte sich Prtajin von Andres Andrade ab und köpfte aus sieben Metern gegen die Laufrichtung von Arminia-Keeper Martin Fraisl links oben ein.

Arminia bekommt keinen Zugriff

Auch in der zweiten Hälfte passierte das Entscheidende früh: Nach einem Freistoß parierte Fraisl zwar noch gut gegen Ezehs Schuss, den Abpraller verwertete Wurtz aus fünf Metern eiskalt. Als Hollerbach nach einem sehenswerten Solo aus der eigenen Hälfte auf 3:0 erhöhte, war die Bielefelder Niederlage so gut wie besiegelt.

Die Hausherren ließen nicht locker, auch nicht, als erzürnte Bielefelder Anhänger im Gästeblock auf der Tribüne drohten, den Platz zu stürmen. Der inzwischen eingewechselte Kapitän Fabian Klos versuchte, die Fans zu beruhigen. Aber als John Iredale per Alleingang erhöhte, gerieten einige Menschen aus der Arminiakurve komplett aus der Fassung. Raketen und Böller zwangen den Unparteiischen Benjamin Brand, die Partie zu unterbrechen.

Zuerst keine Polizei im Stadion

Nachdem bereits Feuerwerkskörper nach dem 3:0 auf das Spielfeld abgefeuert worden waren, ordneten die Unparteiischen eine Spielunterbrechung an. Zwei Minuten später ging es weiter. Nach dem vierten Treffer drohte die Situation erneut zu eskalieren. Klos war vor Enttäuschung in Tränen aufgelöst, als erneut Nebelkerzen und Feuerwerkskörper abgefeuert wurden.

"Zwei Meter neben mir hat ein Böller eingeschlagen. Das war extrem gefährlich. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich hatte Angst", sagte Wehen Wiesbadens Stürmer Benedict Hollerbach. 

Unklar blieb das Polizeikonzept. Während der Partie waren die Ordner im Stadion in Wiesbaden damit beschäftigt, die Situation unter Kontrolle zu halten. Vor allem an einem Tor zum Innenraum machten sich einige Fans zu schaffen. Doch die Polizei, die offenbar mit einer Hundertschaft im Bereich des Stadions zugegen war, ließ sich erst nach etwa zehn Minuten der Unterbrechung im Innenraum blicken.

Klos beruhigt die Situation und sammelt Feuerwerksmüll auf

Erst danach schien sich die Situation zu beruhigen, das Schiedsrichterteam beriet sich, wie die Partie fortgeführt werden könnte. Klos redete erneut auf die außer Fassung geratenen Anhänger ein, appellierte an die Zuschauer, die Partie nicht weiter zu stören. Zudem war sich der Führungsspieler nicht zu schade, selbst abgebrannte Feuerwerkskörper vom Rasen zu sammeln.

Zu diesem Zeitpunkt waren noch fünf Minuten plus Nachspielzeit zu absolvieren. Um 22.47 Uhr pfiff Brand die Partie erneut an. Auch nach Spielende wurden Feuerwerkskörper gezündet.

Interview: Klos am Boden zerstört

"Gott sei Dank ist offenbar niemand zu Schaden gekommen", sagte Klos bei "Sky", "aber die Fans reagieren auf das, was das sogenannte Team heute gezeigt hat. Ich bin realistisch, das Ding ist durch. Aber ich kann mich heute nicht vor diese Mannschaft stellen."

In den vergangenen zwei Wochen müsse man der Mannschaft den Charakter absprechen. Und auf seine Zukunft angesprochen sagte Klos: "Ich höre so nicht auf. Ich kann nichts mit Sicherheit sagen, aber wenn die Arminia in der nächsten Saison in der 3. Liga spielt, bin ich dabei."

Arminia reagiert: "Inakzeptable Grenzüberschreitung"

Der Verein selbst hat sich nach den Ausschreitungen für das Verhalten seiner Anhänger entschuldigt. "Wir entschuldigen uns bei unseren Gastgebern im sportlichen Wettbewerb", schrieb die Arminia am Samstag in einer Stellungnahme. Das Verhalten sei eine "inakzeptable Grenzüberschreitung" gewesen.

"Wir distanzieren uns von jeder Form von Gewalt, wir verurteilen das Abschießen von Leuchtraketen aus dem Block und das Zünden bzw. Werfen von Böllern auf den Platz", erklärte der Club. Gemeinsam mit den zuständigen Behörden sollen die Vorfälle nun aufgearbeitet werden.

Rückspiel am Dienstag

Die feine Leistung des SV Wehen Wiesbaden rückte in den Hintergrund, dennoch ließ sich das Team von seinen friedlichen Fans gebührend feiern. Der Aufstieg im Rückspiel am Dienstag scheint nur noch Formsache.

Termine Relegation 2023
Hinspiel Rückspiel
Bundesliga - 2. Bundesliga 01.06. VfB Stuttgart - Hamburger SV 05.06. Hamburger SV - VfB Stuttgart
2. Bundesliga - 3. Liga 02.06. SV Wehen Wiesbaden - DSC Arminia Bielefeld 06.06. DSC Arminia Bielefeld - SV Wehen Wiesbaden