Fußball-Bundesliga Kaltstart für neues Führungsduo der DFL
Die DFL ist nach dem geplatzten Investorendeal zerstritten. Das neue Führungsduo ruft zur Einheit auf, hat aber keine Zeit, dafür zu werben. Stattdessen will es schleunigst die drängendsten Projekte angehen.
Etwa 45 von inzwischen mehr als 84 Millionen Menschen, die in Deutschland leben, interessierten sich für Fußball und damit auch die Bundesliga. Das habe die Marktforschung ergeben, sagte Dr. Steffen Merkel, den inzwischen deutlich mehr Fußballfans als noch vor einem guten Monat kennen dürften. Aber es wird immer noch nur ein Bruchteil der 45 Millionen sein, denn Merkel ist einer von zwei neuen Geschäftsführern der Deutschen Fußball Liga (DFL), die bislang aus der zweiten Reihe agierten.
Der andere ist auch Doktor, er ist auch 37 Jahre alt, und er heißt Marc Lenz. "Wir wurden beide von Christian Seifert ins Haus geholt, wurden von ihm gefördert und gefordert", sagte Lenz. Die erste Wahl war er genauso wenig wie Merkel. Aber es gab einige Absagen für den mächtigen Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke, unter anderem von Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (SC Freiburg), die nach der krachend gescheiterten Donata Hopfen interimsmäßig die Geschäfte geführt hatten.
Marc Lenz (l.) und Steffen Merkel
Rückgang beim Verkauf der nationalen Rechte erwartet
Seifert war auch nur wenigen in der Fußballbranche bekannt, als er 2005 Geschäftsführer der DFL wurde, dem Dachverband der 36 Fußballvereine und anderen Konstrukte aus Bundesliga und 2. Liga. Als Seifert die DFL 2021 verließ, hatte er sie durch die schwierigsten Monate der Pandemie geführt und zuvor zu einem prosperierenden Wirtschaftsunternehmen gemacht. Beim Verkauf der Medienrechte verzeichnete die DFL 2016 eine Steigerung von mehr als 80 Prozent.
Solche Steigerungen sind für die kommende Ausschreibung utopisch. Brancheninsider wie Marcus Höfl, unter anderem Berater von Franz Beckenbauer, erwarten sogar beim Verkauf der nationalen Rechte einen Rückgang von bis zu 15 Prozent. "Es ist nicht das einfachste Marktumfeld für die Ausschreibung", sagte Lenz am Donnerstag (06.07.2023) in der Frankfurter Zentrale der DFL, als er sich zusammen mit Merkel "an Tag vier unserer Amtszeit" einer Runde von Journalistinnen und Journalisten vorstellte.
Von "Tag eins an" sei klar gewesen, dass die neue Führung "keine große Warmlaufphase" haben werde. "Es bedarf schnellen Agierens", sagte Lenz, seit 2019 bei der DFL, zuvor beim Europäischen Fußballverband UEFA und einer großen Unternehmensberatung tätig. Die Ausschreibung der Medienrechte habe Priorität, sie soll vor der Europameisterschaft 2024 abgeschlossen sein. "Die Ergebnisse sind wahnsinnig wichtig für die Klubs", so Merkel, ebenfalls zuvor Unternehmensberater und seit 2014 bei der DFL, "mit Auswirkungen vielleicht bis ins nächste Jahrzehnt."
Nein zu Investoreneinstieg machen Kalkulationen schwieriger
Die Kalkulationen der Klubs sind schwieriger geworden, seitdem am 24. Mai ein Prozess gestoppt wurde, an dem das neue Duo maßgeblich beteiligt war. Die Beteiligung eines Private-Equity-Unternehmens hatte bis zu zwei Milliarden Euro bringen sollen, aber die erforderliche Stimmenmehrheit für eine Fortsetzung des Prozesses wurde verpasst.
Zuvor, während und auch nach der entscheidenen Sitzung ging einiges in die Brüche bei der Zweckgemeinschaft, aus der manche die Champions League gewinnen wollen, andere den Klassenerhalt in der 2. Liga. Sogar von Spaltung war die Rede, aber das ist für die neue Führung keine Option. Sie rief zur Einheit auf, werde aber in den kommenden Wochen keine Tingeltour starten, um bei den einzelnen Klubs dafür zu werben. Dazu fehle auch schlicht die Zeit.
Digitalisierung und Internationalisierung
Lenz und Merkel wollen es angehen, wollen einiges neu gestalten, wollen auch neues Personal holen. Sie wollen wissen, wie genau der Fan der Bundesliga aussehe. Wie alt er ist, wie er guckt, wann er guckt. Sie wollen an die Daten dieser Fans kommen, um gezielter zu werden und letztlich zu verkaufen.
Digitalisierung und Internationalisierung waren die Kernziele für die Planungen mit Investor, und sie bleiben es ohne. Die DFL will - nun aber wirklich - in die Zukunft, ohne wichtige Säulen der Vergangenheit zu kippen.
Alles, so versicherte Lenz, werde unter Beibehaltung der 50+1-Regel passieren, die den Stammvereinen die Macht sichert.
Mehr Geld für die DFL, weniger für die Klubs
Das Geschäftsmodell der DFL solle weiterentwickelt werden. Zentral ist dabei der Aufbau einer digitalen Plattform, über die Inhalte verkauft werden sollen, in letzter Konsequenz die Fußballspiele. Der Kunde würde dann direkt an die DFL zahlen und nicht mehr an Sender und Unternehmen, die zuvor die Rechte vom Dachverband erwarben.
"Das werden wir definitiv angehen", sagte Merkel zur Plattform, für deren Entwicklung hunderte Millionen Euro vom Investor eingesammelt werden sollten. Nun müsse "binnenfinanziert" werden, so Lenz. Die DFL will also mehr Geld aus dem Rechteverkauf einbehalten und weniger an die Klubs ausschütten.
Das dürfte zu Diskussionen führen, durch die Marc Lenz und Steffen Merkel in der breiten Öffentlichkeit bekannter werden könnten.