
Vier Heimpleiten Europapokalstarter zahlen hohen Preis
Vier verpatzte Generalproben in der Europapokal-Woche: In bemerkenswerter Eintracht haben der FC Bayern, Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund und eben Frankfurt ihre Heimspiele am 25. Spieltag verloren. Die Trainer haben sich verzockt - und die Teams es dann verbockt. Mit teils fatalen Folgen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis sich die Verlierer am Sonntag vor der Nordwestkurve aufstellten. Dort, wo die Fußballer von Eintracht Frankfurt in der Regel nach Heimspielen gefeiert werden, hatte blankes Entsetzen geherrscht. Als das Team sich nach der Heimniederlage gegen Union Berlin (1:2) endlich sammelte, schlug Hugo Ekitiké vor den Fans demonstrativ die Hände vors Gesicht.
Das vierte Mal war der Topstürmer zum Elfmeter für die Eintracht angetreten, das dritte Mal scheiterte der 22-Jährige - diesmal in der Nachspielzeit am Ex-Frankfurter Frederik Rönnow. Es war die passende Pointe an einem "gebrauchten Tag", wie Trainer Dino Toppmöller klagte.
Der Systemausfall in Frankfurt
Die Eintracht war gegen die Eisernen eingeknickt wie ein morsches Stück Holz. Wo waren Widerstandsfähigkeit und Wehrhaftigkeit hin? Eigenschaften, mit denen der hessische Bundesligist doch gerade drei Tage zuvor im Europa-League-Achtelfinale im Hexenkessel bei Ajax Amsterdam (2:1) so überzeugend gepunktet hatte.
Toppmöller rätselte hinterher über den Spannungsabfall, der für die 58.000 Augenzeugen im Waldstadion mit Händen zu greifen war. "Wir haben fußballerisch und läuferisch nicht das auf den Platz gebracht wie vor der Pause. Wir haben dann Wechsel vollzogen und frische Energie gebracht. Leider hat das nicht funktioniert", gab der Coach zu, dessen Wechsel sich zum Bumerang auswuchsen.
Ein Beispiel: Mario Götze, seit Wochen Leistungsträger und Ruhepol dieser jungen Elf, saß anfangs auf der Bank – als der Rio-Weltmeister kam, war die Kontrolle bereits entglitten. Sportvorstand Markus Krösche richtete vor dem Rückspiel in der Europa League gegen Amsterdam (Donnerstag 18.45 Uhr) einen deutlichen Weckruf an den mit vielen Perspektivspielern gespickten Kader: "Wenn die zweite Halbzeit der Standard ist, müssen wir uns in allen Bereichen steigern. Es sind Fehler, die wir klar aufzeigen werden und dann abstellen müssen."
Der Kräfteverschleiß und die Lässigkeit bildeten eine verhängnisvolle Mixtur. "Wir wissen alle, dass wir uns die Niederlage allein uns selbst zuzuschreiben haben, weil wir in der zweiten Halbzeit einfach nichts mehr gemacht haben", zürnte Keeper und Kapitän Kevin Trapp. Viele einfache Ballverluste prägten den Auftritt einer Mannschaft, die den Spagat zwischen internationalem Höhepunkt und nationalem Alltag am Wochenende nicht schaffte - und damit gar nicht alleine war.
Der Tiefpunkt in Leverkusen
Gewiss kein Zufall, dass die verbliebenen vier Europapokal-Starter Deutschlands allesamt patzten. Der FC Bayern (2:3 gegen den VfL Bochum), Bayer Leverkusen (0:2 gegen Werder Bremen) und Borussia Dortmund (0:1 gegen den FC Augsburg) hatten bereits am Samstag unerwartet verloren. Auch diese Teams wirkten nicht hundertprozentig fokussiert. Es ging an einem Spieltag, an dem es in der Bundesliga wie eine Spielrunde davor keinen einzigen Heimsieg gab, teilweise mehr als nur die Generalprobe für den internationalen Wettbewerb verloren.
Am krassesten sind die Folgen für Meister Leverkusen. Die Werkself hat durch den wochenlangen Ausfall von Florian Wirtz, der erst zum Saisonendspurt wieder mitwirken kann, einen doppelten Rückschlag erlitten. Der 9. März könnte für den Tiefpunkt der Saison 2024/2025 stehen, denn ohne den Edeltechniker Wirtz fehlt der Unterschiedsspieler unter dem Bayer-Kreuz.
"Heute hatte nichts funktioniert", klagte Trainer Xabi Alonso nach dem Nackenschlag gegen verbesserte Bremer. "Sobald ich zuhause bin, werde ich diesen Tag und dieses Spiel vergessen", bekundete der enttäuschte Spanier, der fürs Rückspiel in der Champions League gegen den FC Bayern (Dienstag 21 Uhr) keinen Mutmacher entdecken konnte.
Der Irrtum in München
Auch die Münchner haben kein Selbstvertrauen gesammelt. Mit einer auf zehn (!) Positionen veränderten B-Elf nahmen die Bayern durch die Niederlage gegen Bochum (2:3) sogar Einfluss auf den Abstiegskampf.
Trainer Vincent Kompany hatte alle Stammkräfte für den zweiten Teil des deutschen Königsklassenduells geschont. Der Belgier ahnte, dass seine Maßnahme nach der leichtfertig verspielten 2:0-Führung zu Diskussionen führen würde. Das müsse er "akzeptieren".
Die Debatte in Dortmund
Ganz andere Debatten werden unterdessen bei Borussia Dortmund geführt. Gegen Augsburg (0:1) wiederholten sich unter Trainer Niko Kovac altbekannte Verhaltensmuster. "Die ganze Mannschaft ist gefordert, am Mittwoch in Lille, danach gegen Leipzig, Mainz und Freiburg endlich Kampfgeist und unbändigen Siegeswillen zu zeigen, und zwar nicht nur eine Halbzeit lang wie im Hinspiel gegen Lille, sondern bis der Schiedsrichter abpfeift", sagte Geschäftsführer Lars Ricken am Montag der "Bild".

Karim Adeyemi enttäuscht nach der Niederlage gegen Augsburg
Am Mittwoch (18.45 Uhr) gastiert der BVB zum Achtelfinal-Rückspiel der Champions League bei OSC Lille. Dem neuen Trainer seien die Hände gebunden. Kovac könne "diese Unbeständigkeit, die leider auch unter Edin Terzic und Nuri Sahin schon da war, nicht innerhalb von ein paar Wochen verschwinden lassen." Vielleicht nicht zu verhindern, dass der eine oder andere mit dem Kopf schon bei der Königsklasse war, die schon vergangene Saison als schwarz-gelber Rettungsanker diente.
Die Ausrede ist mitunter zu einfach
In der Summe zahlte das Bundesliga-Quartett einen hohen Preis für die herausfordernden K.o.-Duelle im Achtelfinale, zumal anders als in der vergrößerten Gruppenphase jeder Fehler folgenschwer sein kann. Auf Sportschau-Nachfrage sagte Krösche am Sonntag: "Das ist mir als Ausrede zu einfach. Dafür wird ja auch rotiert. Man muss einfach weiter in seiner Struktur bleiben."
Doch indirekt widersprach Trainer Toppmöller wenig später in der Pressekonferenz dem Manager, als dieser sehr anschaulich darlegte, wie ihm bei der engen Taktung kurzfristig zwei Abwehrstützen wegbrachen: "Es ging mit einer Hiobsbotschaft los. Robin Koch konnte noch nicht spielen. Wir wollten trotzdem aus einer Dreierkette verteidigen, doch dann ist Arthur Theate kurz vor Anpfiff ausgefallen. Wir mussten also fünf Minuten vor Anpfiff das System umstellen." Und am Ende stand der Systemausfall, der lähmendes Entsetzen in Deutschlands heimlicher Fußball-Hauptstadt auslöste.