Regen, Wind und Schnee-Matsch So bestimmte das Wetter-Chaos das Wintersport-Wochenende
Das feuchtwarme Wetter hat den Wintersport am vergangenen Wochenende kräftig durcheinandergewirbelt. Rodlerin Julia Taubitz trotzte den Widrigkeiten dank eines gewieften Tricks, auch Andreas Wellinger jubelte im Dauerregen von Willingen.
Wasserskispringen in Willingen, schmelzendes Eis in Altenberg und aufgeweichter Sulzschnee in Chamonix - das Wetter machte den Wintersportlern allerorten am vergangenen Wochenende schwer zu schaffen. Doch anstatt zu meckern, nutzten einige deutschen Athleten die Bedingungen zu ihrem Vorteil.
Absichtliche "Fehlerchen": Taubitz-Trick geht auf
Dank zweier aberwitziger Aufholjagden im Eiskanal von Altenberg triumphierten Julia Taubitz und Max Langenhan jeweils im Rodel-Einzel. Taubitz, die im zweiten Lauf von Platz 22 zum Sieg gerast war, hatte sich für ihren Heim-Weltcup einen ganz speziellen Rennplan zurechtgelegt: absichtlich schlecht fahren. "Es war schon der Plan, im ersten Lauf im guten Mittelfeld zu sein", verriet Taubitz offenherzig in der Sportschau.
Hintergrund: Die Bahn in Altenberg litt das gesamte Wochenende unter dem milden Wetter, das Eis baute in beiden Läufen jeweils stark ab. "Ich habe ein paar kleine Fehlerchen eingebaut, die dann im Endeffekt doch ganz praktisch waren und mich in eine bessere Ausgangslage gebracht haben", erklärte die abgezockte Taubitz, schränkte jedoch ein: "Für mich ist es glimpflich ausgegangen, aber es ist insgesamt ärgerlich für uns alle."
Langenhan entschuldigt sich für Sieg
Teamkollege Max Langenhan wollte sich gar nicht erst über seinen bravourösen Sturmlauf (von Platz 21 auf eins) freuen. "Ich hatte einfach Glück", sagte der Gesamtweltcup-Führende, der im ersten Durchgang ganz unabsichtlich mehrmals in die Bande fuhr. "Solche Fehler verdienen eigentlich eine Niederlage. Dass ich dann so einen Lauf treffe und die Bahn dann so nachlässt, das wünscht man keinem anderen Sportler. Das tut mir auch leid."
Im Team-Wettkampf gab es für Langenhan und Co. dann keinen Grund, sich bei der Konkurrenz zu entschuldigen. Deutschland ging als letzte Staffel aus dem Starthaus, die Bahn ließ zu diesem Zeitpunkt bereits keine Top-Zeiten mehr zu. Am Ende betrug der Rückstand auf Überraschungssieger Lettland ganze 2,35 Sekunden. Die USA und Rumänien komplettierten das wohl einmalige Podest. Am kommenden Wochenende steht der nächste Heim-Weltcup in Oberhof an - bei ähnlich suboptimalen Bedingungen.
Wässriger Anlauf und starker Wind in Willingen
Auch das eigentlich als Saison-Highlight anvisierte Springen im hessischen Willingen wurde von unaufhörlichem Regen und böigen Winden unterspült. Auch wenn die Stimmung am Mühlenkopf mit mehr als 20.000 Fans wie gewohnt mitreißend war, waren Wind und Wetter die großen Themen nach den Springen.
Beim ersten Wettkampf schaffte es kein deutscher Springer in die Top 10, Karl Geiger, Philipp Raimund und Felix Hofmann schafften es nicht einmal in den zweiten Durchgang. "Es war turbulent", sagte Wellinger als 15. zu den wechselnden Winden: "Aber das ist keine Ausrede, weil der Sprung einfach schlecht war."
Ebenfalls erschwerend kam der Anlauf hinzu. Die Spur glich einem Rinnsal, die Springer beklagten unisono die geringen Anfahrtsgeschwindigkeiten in Verbindung mit starkem Gegenwind. "Ich bin im Anlauf kurz ins Stocken geraten, ich weiß nicht, ob es an der Spur oder an mir selber lag. So bin ich dann an der Kante vorbeigefahren und hatte zu wenig Energie im Sprung", erklärte Wellinger exemplarisch.
Wind-Punkte der FIS "für uns schwer nachzuvollziehen"
Die Wetter-Kapriolen von Willingen entfachten zudem erneut eine Diskussion um die Wind-Kompensation. Denn laut FIS-Regelwerk gilt starker Aufwind im oberen Abschnitt als vorteilhaft, weshalb es hier deutliche Abzüge für die Athleten gibt. "Ob es jetzt oben oder unten Aufwind hat, macht in der Berechnung wenig Unterschied, in der Weite macht es aber Minimum zehn Meter Unterschied", sagte Wellinger: "Das ist für uns schwer nachzuvollziehen."
Wellinger und Schmid springen aufs Podest
24 Stunden später hatte sich der Ärger des Tournee-Zweiten wieder gelegt und Wellinger fand doch noch einen erfolgreichen Zugang zu den widrigen Bedingungen. Am Sonntag (04.02.2024) sprang er von Platz sieben mit einem Satz auf 149 Meter zum Tagessieg. Durch das Willingen-Wochenende verringerte Wellinger den Rückstand auf Stefan Kraft (1.129 Punkte) in der Gesamtwertung auf 178 Punkte.
Ähnlich wetterfest präsentierte sich auch Katharina Schmid an gleicher Stelle. Die siebenmalige Weltmeisterin sicherte sich nach Platz neun im ersten Durchgang noch das Bronze-Treppchen in Willingen. "Mega geil! Dass ich noch so eine Aufholaktion starten kann, hätte ich nicht gedacht."
Yule schreibt Geschichte - Straßer genervt
Eine noch größere und zudem historische Aufholjagd - begünstigt durch zweistellige Plusgrade und superweichen Schnee - gelang dem Schweizer Daniel Yule im französischen Chamonix. Von Platz 30 fuhr Yule zum Sieg, Linus Straßer kassierte nach seinen Siegen in Kitzbühel und Schladming einen Dämpfer und wurde 14..
"Es hat sich gar nicht so schlecht angefühlt, aber die Piste lässt nicht mehr zu", sagte der 31-Jährige im Anschluss: "Ich komme jetzt seit vier Jahren her - und jedes Jahr ist es dasselbe. Entweder du führst und fährst deine Zeit runter oder du gehst als Erster ins Rennen. Mittendrin wird es schwierig. Aber das ist der Wettkampf."
Auch Kombinierer kämpfen mit "üblen Bedingungen"
Ähnlich sulzig wie in Frankreich war der Schnee auch bei den Nordischen Kombinierern im österreichischen Seefeld. "Es waren wirklich üble Bedingungen, so, so tief. Da muss man sich das Rennen sehr, sehr gut einteilen", sagte Vinzenz Geiger, der sich als Schnellster durch die teils 30 Zentimeter tiefen Furchen kämpfte und bis auf Platz sechs nach vorne lief.
Wie schwierig der Streckenzustand war, illustrierten einige Stürze in der Abfahrt - darunter auch Top-Kombinierer Johannes Lamparter, der im Anschluss nicht mit Kritik sparte: "Ich verstehe es überhaupt nicht, warum man kein Salz hineingibt am Vorabend. Es ist nicht ganz weltcup-würdig. (...) Man hat andere Möglichkeiten, dass man die Piste perfekt präpariert, das war heute nicht der Fall."