Sofia Goggia freut sich über ihren Weltcup-Sieg in St. Moritz

Ski alpin Sofia Goggia - das "filmreife Mädchen aus Bergamo"

Stand: 17.12.2022 17:03 Uhr

Sofia Goggia hat schon einiges in ihrer Karriere erlebt und ausgehalten. Mit ihrem Weltcup-Sieg trotz Handbruchs schreibt sie ein weiteres geschichtsreifes Kapitel.

Wenn eine Person erzählt, ihr Leben sei "filmreif", dann scheint das manchmal übertrieben. Im Falle der italienischen Skirennfahrerin Sofia Goggia aber stimmt das. Mit ihrem Weltcup-Sieg in der Abfahrt am Samstag (17.12.2022) nur 24 Stunden nach einem erlittenen Handbruch fügte sie selbst ein weiteres geschichtsträchtiges Stück zu ihrer Lebensgeschichte hinzu.

Handbruch noch am Nachmittag operiert

Was man für die drehbuchreife Story wissen muss: Goggia stieß mit ihrer Hand am Freitag beim ersten Abfahrtsrennen im schweizerischen St. Moritz mit einem Tor zusammen und brach sich die linke Hand. Dennoch vollendete sie den Kurs ohne Sturz und wurde sogar Zweite. Im Ziel gab es keine Freude, sie rief nur: "Ich habe mir die Hand gebrochen!"

Als wäre das nicht schon Geschichte genug, folgten 24 Stunden, die wohl kaum jemand für möglich gehalten hätte: Noch am Nachmittag flog sie per Helikopter zur OP nach Mailand und kehrte abends wieder ins Hotel in der Schweiz zurück. Am nächsten Tag stand sie wieder am Start bei der nächsten Abfahrt.

Verletzung stoppt Goggia nicht

Doch nicht nur das: Trotz angeklebtem Stock und Bewegungseinschränkung zauberte sie die Bestzeit in den Schnee und gewann das Rennen vor der Slowenin Ilka Stuhec und DSV-Läuferin Kira Weidle.

Es ist eine wintersportliche Märchengeschichte, die auch bei der drittplatzierten Weidle nur Staunen zurückließ: "Das ist unglaublich. Wahrscheinlich kann nur sie das so machen." Goggia selbst blutete an der Hand und war dennoch überglücklich mit sich und der Welt.

Aus dem Nichts in die Weltspitze

Es ist der nächste Karriere-Akt, mit dem sie an ihrem Denkmal feilt. Begonnen hatte alles übrigens ebenfalls mit einer grandiosen Leistung: Ohne jemals zuvor einen Super-G-Weltcup bestritten zu haben, fuhr die damals 20-Jährige bei der alpinen Ski-WM 2013 völlig aus dem Nichts auf Rang vier.

Nur ein halbes Jahr später schien sie mit Platz sieben endgültig in der Elite angekommen zu sein - nur um eine Woche später den ersten großen Rückschlag verkaften zu müssen. Sie riss sich das Kreuzband, Saisonende nach dem zweiten Weltcup-Wochenende.

Geadelt von Lindsey Vonn

Drei Jahre sollten danach vergehen, ehe sie erstmals auf dem Podium stand. Es ging aus dem Tief wieder bergauf. Der vorläufige historische Höhepunkt: Olympia 2018 in Pyeongchang. Sie schrieb italienische Sportgeschichte als erste Abfahrts-Olympiasiegerin überhaupt.

Sofia Goggia (l.) und Lindsey Vonn bei den Olympischen Spielen 2018

Sofia Goggia (l.) und Lindsey Vonn bei den Olympischen Spielen 2018

Lindsey Vonn, alles überragende Sportlerin der alpinen Frauen zu jener Zeit, sagte über sie: "Sie ist wie ich, immer 110 Prozent. Eine Schwester im Geiste." Goggia selbst blieb bescheiden, der Erfolg 2018 sei "unglaublich für ein kleines Mädchen aus Bergamo" gewesen.

Goggia dominiert aktuell die Abfahrt

Seitdem hat sie zweimal den Abfahrtsweltcup gewonnen. Nur einmal dagegen hatte sie erneut ein Tief zu verzeichnen: Das Verpassen der Heim-WM 2021 in Cortina d'Ampezzo aufgrund eines Sturzes. Sonst stehen in der Vita: Silber bei Olympia 2022 und zudem eine bisher sehr erfolgreiche aktuelle Saison. Bei allen vier Abfahrten stand sie auf dem Podest, drei davon gewann sie sogar.

Bescheiden ist das "kleine Mädchen" übigens geblieben. Nach ihrem Sieg mit der gehandicapten Hand rückte sie vorbildlich ihr Team in den Fokus: "Danke an alle, die es möglich gemacht haben. Danke an die Ärzte, die mich operiert haben. Ich war das glücklichste Mädchen der Welt, weil ich hier starten konnte." Ein wahrhaft filmreifes Zitat.