US-Amerikanerin Lindsey Vonn (l.) und der Halb-Brasilianer Lucas Braathen

Comebacks im Ski alpin Samba und Rock 'n' Roll: Braathen und Vonn begeistern

Stand: 11.01.2025 17:57 Uhr

Der eine bringt den Samba nach Adelboden, die andere rockt St. Anton. Die Rückkehrer Lucas Pinheiro Braathen und Lindsey Vonn begeistern - auch abseits der Piste.

Sie schreiben zwei unterschiedliche Geschichten und trotzdem haben die Comebacks von Lucas Pinheiro Braathen und Lindsey Vonn so einige Parallelen. Braathen war gerade mal ein Jahr im Ski-Sabbatical - trennte sich vom norwegischen Skiverband, baute sich sein eigenes Privatskiteam auf und startet nun unter brasilianischer Flagge.

Die einstige Dominatorin Lindsey Vonn hingegen war 2019 nach 82 Weltcup-Siegen zurückgetreten - und wollte es nach fünf Jahren Pause noch einmal wissen. Mit 40 Jahren, einer Knie-Teilprothese und trotz vieler kritischer Stimmen. (Die ehemalige Skirennläuferin Michaela Dorfmeister legte ihr sogar einen Psychologen nahe.)

Top-Platzierungen für Vonn und Braathen

Eines haben der Neu-Brasilianer und die US-Amerikanerin aber gemeinsam: Beide fahren zu Top-Platzierungen. Pinheiro Braathen war beim Weltcup-Auftakt in Sölden auf Rang vier gefahren, hatte in Beaver Creek beim Riesenslalom das erste Weltcup-Podest für Brasilien geholt (2.) und schrammte am Samstag beim Slalom in Adelboden mit nur zwei Hundertstelsekunden am Sieg vorbei. Braathen sagte dem ORF: "Das ist ein perfekter Moment für mich. Es ist zu schön, um wahr zu sein. Ich lebe für diese Momente, habe mich heute wie Superman gefühlt." Der 24-Jährige bringt den Samba wieder auf die Piste.

Auch Lindsey Vonn überrascht mit einer sensationellen Fahrt nach der anderen. Erst soll sie als Vorläuferin in Beaver Creek direkt in die Top 15 gefahren sein (ihre Zeit wurde nie offiziell bestätigt), dann glitt sie bei ihrem regulären Weltcup-Comeback beim Super-G in St. Moritz auf Rang 14. Dass sie auch in der Abfahrt zur Weltspitze zählt, zeigte sie am Samstag mit dem sechsten Platz in St. Anton. Die alte Lindsey ist zurück: Bei jeder Möglichkeit ging sie in die Hocke, fuhr ruhige weite Kurven, zeigte, dass sie noch das Zeug und die "Eier" für die Speedrennen hat, um es in Vonns Worten auszudrücken. "Das ist ein großer Tag für mich, der Wahnsinn! In dieser Stimmung hier ist alles so emotional", so Vonn nach dem Rennen im ZDF.

Vonn und Braathen: Auch auf Rotem Teppich und Laufsteg unterwegs

Neben den sportlichen Höchstleistungen fällt noch eine andere Parallele auf: Pinheiro Braathen und Vonn sind schillernde Persönlichkeiten, sie genießen Bekanntheit auch über die Skirennsport-Blase hinaus. Neben den eisigen Pisten der Welt sind sie auch auf Roten Teppichen, auf Laufstegen, hinter DJ-Pults und bei Hollywood-Veranstaltungen zu Hause. Sie lächeln von Magazin-Covern, werden von High-End-Modemarken ausgestattet und von einem Getränkehersteller mit Sitz in Fuschl am See.

Comebacks wie diese - vor allem jenes von Vonn - gelingen möglicherweise auch nur dank solcher Mega-Sponsoren. Vonn und Braathen bekamen Top-Trainer zur Seite gestellt: Der Neu-Brasilianer trainiert mit dem ehemaligen Coach von Marcel Hirscher, Michael "Mike" Pircher, Vonn schnappte sich Chris Knight, der einst die Neuseeländerin Alice Robinson an die Weltspitze brachte. Ihrem gemeinsamen Sponsor sagt man nach, dass er seinen Schützlingen selbst Helikopterflüge von Trainingsort zu Trainingsort ermöglicht - ein Riesenvorteil in der stressigen und dichtgetakteten Rennsaison.

Comeback von Hirscher war ein Flop

Doch nicht alle Comeback-Geschichten entpuppten sich diese Saison als Erfolgsstory: Der achtfache Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher war fünf Jahre nach seinem Rücktritt mit einer Wildcard und für die Niederlande zurückgekommen. Beim Weltcup-Auftakt in Sölden entzückte er die österreichischen Fans noch mit einem 23. Platz. Der 35-Jährige war auf Anhieb wieder in die Punkte gefahren, im zweiten Durchgang hatte er sogar die drittschnellste Zeit. Wochenlang gab es kaum ein anderes Thema in der Skiwelt als Hirscher und sein Comeback.

Die Euphorie flachte dann aber ab, als Hirscher beim Slalom in Levi "eine der schlechtesten Slalom-Fahrten meines Lebens" zeigte - wie er es selbst nannte -, und den Entscheidungslauf klar verpasste. Auch beim Slalom in Gurgl rüttelte es den einstigen Dominator wild die Piste hinunter - schon nach der zweiten Zwischenzeit schied er dann aus. Nach einem Trainingssturz Anfang Dezember war das Projekt Comeback dann früh vorbei: Hirscher riss sich das Kreuzband.

Ob Top oder Flop - die Comebacks haben diese Saison für Diskussionen, für einen besonderen Ski-Weltcup-Hype und für mehr Berichterstattung gesorgt. Und noch eines haben die Rückkehrer wohl geschafft: Weil sie spätere Startnummern haben, bleiben die Rennen länger richtig spannend.