Raphael Haaser in Saalbach

Alpine Ski-WM Saalbach legt vor - Crans Montana strauchelt schon

Stand: 18.02.2025 18:32 Uhr

Während sich die Veranstalter der Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm in Lob suhlen, steht in Crans Montana schon ein Krisengespräch an. Die Schweizer treten in große Fußstapfen.

Saalbach-Hinterglemm hat den Staffelstab an Crans Montana übergeben. Mit einer klugen Organisation, mit skiverrückten Fans, einer sonnenüberfluteten Kulisse, aber auch dank unvorhersehbaren Geschichten, Dramen und Zufällen hinterlassen die Saalbacher große Fußstapfen. Um diese überhaupt füllen zu können, müssen die Veranstalter von Crans Montana erst mal große Steine aus dem Weg schaffen: Einsprüche von Anrainern gegen den Neubau des Zielstadions gefährden die Durchführung der Titelkämpfe.

"Momentan gibt es keinen Plan B für uns. Wir brauchen den Platz. Ich hoffe, dass in den nächsten Wochen und Monaten eine Lösung mit den Nachbarn gefunden wird. Was ich gehört habe, sind die Gespräche momentan relativ positiv", sagte Didier Défago, CEO der kommenden WM im Wallis, zur Keystone-SDA.

Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann möchte die sechs Personen, die sich gegen den Neubau aussprachen, persönlich treffen. Mit dabei soll dann auch FIS-Präsident Johan Eliasch sein. Während die heiße Organisationsphase für Crans Montana gerade erst startet, heimst Saalbach Lob und Begeisterung ein.

Geglückte Team-Kombination, zwischenmenschliche Dramen

Die FIS tüftelt ja gerne mal an neuen Formaten herum – nicht immer ist der Weltskiverband damit erfolgreich. Die neue Team-Kombination aber konnte in Saalbach-Hinterglemm überzeugen. Schon die Tage vor den beiden Rennen sorgte die Disziplin für Aufregung: Peu à peu kam ans Tageslicht, wer mit wem fahren würde: Mikaela Shiffrin servierte Lindsey Vonn ab und ging mit Breezy Johnson eine später goldgekrönte Ski-Liaison ein. Dass Vonn nicht mit ihrer Wunsch-Partnerin Shiffrin starten würde, erfuhr sie spät und über Instagram. Nicht die feine Art, wie sie sagte und äußerte ihren Ärger darüber.

Nach dem erfolgreichen Test in Saalbach ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Team-Kombi auch in Crans Montana stattfindet – nicht planbar sind jedoch die spannenden Rahmenbedingungen und die zwischenmenschlichen Reibeireien.

Die Abfahrtsstrecke - ein Kunstwerk

Im Weltcup-Zirkus gibt es viele schöne Strecken: Dazu gehören die Olimpia delle Tofane inmitten der Dolomiten, die Streif in Kitzbühel, die Lauberhorn-Abfahrt mit Bergblick auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Die Piste in Saalbach-Hinterglemm aber zeigte den Skirennsport von seiner ästhetischsten Seite. Wie eine weiße Leinwand thronte die Strecke über dem Wintersportort im Glemmgau. Mit sanften Übergängen, ski-cross-ähnlichen Kurven, der ebenmäßigen Piste, einer breiten Hausberkanten-ähnlichen Traverse, bot sich den Zuschauern unterhalb des Zwölferkogels eine Bilderbuch-Piste.

Horrorstürze blieben aus

Die Sicherheitsdebatte sorgte im Vorfeld der WM für viel Aufregung, für unzählige Schlagzeilen und harte Kritik. Schwere Stürze wie die des Franzosen Cyprien Sarrazin waren Wasser auf die Mühlen dieser Diskussionen. Die Ski-Bubble dürfte aufgeatmet haben, als der letzte Läufer am Sonntag im Ziel war. Horror-Stürze blieben bei den Speedrennen aus. Und die Super-Gs und Abfahrten in Saalbach zeigten: Speed-Rennen können auch spektakulär, dramatisch und attraktiv sein, ohne dass der Helikopter mehrmals abheben muss.

Saalbach versuchte es grün

Der Skirenn-Zirkus steht wie wenige andere Sportarten in der Nachhaltigkeits-Kritik. Die Veranstalter der Ski-WM 2025 haben aber auch die Bemühungen aufgezeigt, die von Wintersport-Orten, von der Skisport-Community ausgeht: Kurze Wege, ein großes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln mit schnellen Verbindungen, neue Busterminals, viele Fans reisten mit dem Zug an und ab – Saalbach-Hinterglemm war auch in ökologischer Hinsicht richtungsweisend.

Sportdramen, Persönlichkeiten, Erfolge

Saalbach überzeugte mit klugen Ideen, mit einer grandios präparierten Piste, mit skiverrückten Fans. Die Ski-WM 2025 profitierte aber auch von Geschichten und Zufälligkeiten abseits des Planbaren: Auch ohne die erhoffte Medaille beflügelte Lindsey Vonn die Ski-WM mit ihrem Sensations-Comeback. Mit einem regelrechten Run auf ihre Pressekonferenz, mit dem Team-Kombinations-Konflikt, mit ehrlichen und direkten Interviews verlieh sie dem Frauen-Ski-Zirkus eine Note und eine Persönlichkeit, die in den vergangenen Jahren fehlte.

Doch auch Lucas Pinheiro Braathen mischte die WM mit seinem Samba-Tanzschritten auf, mit Brasilien-Flaggen im rot-weiß-roten Zuschauermeer. Und der ein oder andere Österreicher ließ die Tausenden von Skifans eskalieren: Raphael Haaser fuhr zum Sensationssieg im Riesenslalom, Stephanie Venier holte sich überraschend Super-G-Gold. Es waren Momente, die den Saalbacher Hexenkessel zum Beben, die Tribünen zum Wackeln brachten.

Schweizer Machtdemonstration

Mit den Erfolgen der der Schweizer Skiteams konnte Österreich aber nicht mithalten. Die helvetische Machtdemonstration, die sich in der bisherigen Saison schon vielfach abzeichnete, kam in Saalbach nämlich zum Höhepunkt: Dreifacherfolg (eigentlich Sechsfacherfolg) in der Team-Kombi, rot-getünchte Siegesfeiern, kahlgeschorene Köpfe, Alexis Monney, der entfesselt über die Bande sprang, um seine Team-Kombi-Silberne mit seinen anderen fünf Kollegen zu feiern.

Die Schweizer opferten zur Feier ihrer Siege ihre Haarpracht, die Fans zogen den Hut, die Skiwelt verneigte sich – und Team Österreich wird alles dafür tun, die Hausparty der Schweizer 2027 zu crashen.