FIS-Kongress in Reykjavik Nächste Runde im Machtkampf um den Skisport
Beim FIS-Kongress in Reykjavik stehen wichtige Wahlen und konfrontative Anträge an. Eine Versöhnung zwischen Ski-Weltverband und Opposition rückt in weite Ferne.
Der Ablaufplan verrät viel über die zerfahrene Lage in der Internationalen Ski- und Snowboardföderation FIS. Für die Vollversammlung in der isländischen Hauptstadt am Mittwoch, 5. Juni, hat eine Gruppe europäischer Verbände um Österreich und Deutschland zahlreiche Anträge eingereicht, die sich gegen die Machtfülle von FIS-Präsident Johan Eliasch richten. Und hinter so gut wie jedem Antrag steht der Hinweis: "Nicht unterstützt durch das FIS Council."
In diesem wichtigen, 20-köpfigen FIS Council hat Eliasch offenbar mittlerweile die Mehrheit hinter sich gebracht. Es ist einer von mehreren Etappensiegen für ihn auf dem Weg zum großen Ziel: eine Zentralvermarktung der FIS-Weltcups inklusive Rechte-Eigentümerschaft. Seit Amtsantritt 2021 geht Eliasch dabei auf Konfrontationskurs.
Bestehende Verträge infrage gestellt
Früh kritisierte das Sportmarketing-Unternehmen Infront gegenüber dem WDR-Magazin Sport inside, dass Eliasch bestehende Verträge infrage stelle. Die Firma der chinesischen Wanda Group vermarktet im Auftrag der Rechteinhaber, den nationalen Verbänden, einen Großteil der FIS-Weltcups, viele der entsprechenden Verträge darüber laufen noch mehrere Jahre.
Eliasch aber sieht die FIS als Inhaber dieser Rechte und gründete eine FIS-eigene Firma, die sich künftig um die Vermarktung der Weltcups kümmern soll. Doch im Juli 2023 die Kehrtwende, die FIS verkündete überraschend eine "historische Vereinbarung": Infront soll ab der Saison 2026/27 die Zentralvermarktung für die FIS für acht Jahre übernehmen.
Council gibt "grünes Licht" für Zentralvermarktung
So wechselte Infront, einen möglichen Totalverlust im Skisport vor Augen, die Seiten, sagte gegenüber der Sportschau aber, der Vertrag werde nur gültig, wenn sich die FIS und die Mitgliederverbände einigen.
Auf dem Papier ist Eliasch auch in dieser Frage einen großen Schritt weitergekommen, denn am 26. April verkündete die FIS, das Council habe "grünes Licht für die Zentralisierung" gegeben. Dies bereite den Weg, den Vertrag mit Infront zu unterschreiben.
Große Verbände fühlen sich übergangen
Im 20-köpfigen Council war Eliasch zuvor mit Vorstößen in Richtung Rechteübernahme gescheitert, nun hat er offenbar neue Mitstreiter gewonnen. Die großen Verbände etwa aus Österreich, Norwegen, Deutschland und der Schweiz fühlten sich überrumpelt und wehren sich weiter vehement.
Stefan Schwarzbach, Vorstandsmitglied im Deutschen Skiverband DSV, kündigte mögliche juristische Schritte an. "Es ist zu hinterfragen, ob hier seitens der FIS die rechtlich notwendigen Vorgaben für eine Entscheidung gewahrt wurden. Das prüfen wir jetzt in enger Abstimmung mit anderen Nationen."
FIS Council wird neu gewählt
Auf dem anstehenden Kongress werden nun die Machtverhältnisse in der FIS neu sortiert. Die 18 Mitglieder, die neben dem Präsidenten und dem Generalsekretär im Council sitzen, stehen zur Wahl. Dieses Votum war schon beim Kongress 2022 ein Politikum, als der US-Amerikaner Dexter Paine, ein Eliasch-Vertrauter, abgewählt wurde und DSV-Präsident Franz Steinle nur knapp den Sprung ins Gremium schaffte.
Besonders lang ist in Reykjavik die Liste der Anträge auf Statuten-Änderungen. Die Verbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben satte 30 Vorschläge unterbreitet, manche davon gemeinsam mit Dänemark, Finnland und Norwegen. Sehr viele drehen sich um Good Governance und um zusätzliche Kontrollmechanismen, auch sollen künftig Wahlen grundsätzlich geheim stattfinden.
Eliaschs Macht im Kongress
Es ist kaum zu erwarten, dass ein Vorschlag ohne Eliaschs Billigung durchkommt. Denn schon lange vor dem Council hatte der Milliardär und Inhaber des Sportartikelherstellers Head den Kongress mehrheitlich auf seiner Seite. Dort haben kleinere Nationen, bei denen Eliaschs Wachstumsversprechen verfangen, mehr Stimmgewalt als im Council.
Auch in seiner angedachten Kongress-Rede, zu finden im vorab veröffentlichten Kongress-Buch, stellt Eliasch Geld in Aussicht. Die Vereinbarung mit Infront beinhalte eine "Zahlung von 30 Millionen, die wir zu gleichen Teilen an alle Vollmitglieder verteilen werden".
Kommt die Ski-Super-League?
So wirken die oppositionellen großen Skinationen zunehmend isoliert. Sie dürften sich umso mehr fragen, ob sie sich in der FIS noch gut aufgehoben fühlen oder nicht doch auf Wettbewerbe in Eigenregie setzen wollen.
Solche Gedankenspiele erhalten Rückendeckung durch das Urteil des Europäischen Gerichtshof aus dem Dezember. Demnach widerspricht es europäischem Recht, dass neue Fußball-Wettbewerbe wie zum Beispiel die angedachte Super League grundsätzlich durch die internationalen Verbände FIFA und UEFA genehmigt werden müssen. Das wird man auch bei der FIS zur Kenntnis genommen haben.