Die deutsche Langlauf-Staffel jubelt nach dem Gewinn der Silbermedaille

Vor dem Saisonstart in Finnland Langläufer selbstbewusst: "Werden Ausrufezeichen sehen"

Stand: 22.11.2023 17:14 Uhr

Können die deutschen Langläufer im kommenden Winter an die Erfolge der Vorsaison anknüpfen? Bundestrainer Peter Schlickenrieder meint: Das ist das Ziel. Dafür steigerte er im Training die Intensitäten - und arbeitete am Zweikampfverhalten. In Sachen Fluorverbot macht er eine einfache Rechnung auf. Zum Auftakt in Finnland fehlt aber der beste deutsche Mann.

Beflügelt von den Erfolgen der vergangenen Saison mit zwei WM-Medaillen gehen die deutschen Langläufer selbstbewusst in den am Wochenende im finnischen Ruka startenden Weltcup. "Wir stellen den Erfolg auf breitere Beine", verspricht Bundestrainer Peter Schlickenrieder im Sportschau-Interview.

Vor allem vom starken Frauen-Team sei einiges zu erwarten, verspricht der 53-Jährige: "Wir gehen weg von der Alleinherrschaft von Katta und Vicki", sagt Schlickenrieder mit Blick auf die Teamsprint-Olympiasiegerinnen Katharina Hennig und Victoria Carl. "Wir werden auch das eine oder andere Ausrufezeichen einer der jungen Mädels sehen", erhofft sich der Coach Achtungserfolge etwa von der 23-jährigen Lisa Lohmannn oder der 21-jährigen Helen Hoffmann.

Starke Langlauf-Saison 2022/2023

Für die deutschen Langläufer war die vergangene Saison so erfolgreich wie zuvor lange nicht. Die Frauen liefen in der Staffel zu WM-Silber, die Männer zu WM-Bronze. Hennig hatte bei der Tour de Ski den ersten Weltcupsieg einer deutschen Langläuferin seit 2009 geholt, hatte vier weitere Podestplätze geholt und mit Carl knapp eine WM-Teamsprint-Medaille verpasst. Bei den Männern wurde Friedrich Moch beim Tour-de-Ski-Finale Dritter und holte damit den ersten Podestplatz eines deutschen Langläufers seit 2015.

Schlickenrieder: "Wir können mithalten"

Erfolge, die sich bereits ausgezahlt haben, so Schlickenrieder. So seien seine Sportler im Sommer zu renommierten Test-Wettkämpfen eingeladen worden "Wir haben dadurch mehr Aufmerksamkeit bekommen und konnten uns gleichzeitig mit den Besten der Besten messen", sagt der Bundestrainer: "Das Wichtigste ist, dass jeder deutsche aktive Langläufer wieder Selbstbewusstsein bekommt und sieht: Es geht. Wir können mithalten, im Moment nur punktuell, aber es geht."

Ziel für die Saison: "Verbesserungen"

Für die anstehende Saison erhofft sich Schlickenrieder: "Individuelle Verbesserungen". Bei den Frauen soll einer fünften Läuferin der Sprung in die Top 30 des Weltcups gelingen. Mit Hennig, Carl, Laura Gimmler und Pia Fink schafften es in der vergangenen Saison vier Athletinnen in diese so genannte "Rote Startgruppe", die bessere Startplätze und höhere finanzielle Zuwendungen bekommt.

Hennig: "Training war Herausforderung"

Dafür mussten die deutschen Langläuferinnen und Langläufer im Sommer ordentlich schwitzen. "Der Fokus lag auf einer Steigerung der Trainingsumfänge", berichtet Hennig. "Das viele Training war schon eine Herausforderung", freut sich die Sächsin, die im neuen Winter "an die Ergebnisse aus dem letzten Jahr anknüpfen" will. Schlickenrieder erklärt mit Blick auf die WM 2025 und Olympia 2026: "Katta hat die Umfänge und Intensitäten hochgefahren, um vor den Großereignissen wieder reduzieren zu können."

Schlickenrieder: "Haben etwas probiert"

"Es ist schon üblich, dass man in so einer Zwischensaison etwas probiert, vielleicht nochmal an die Grenzen zu gehen", sagte Schlickenrieder. Man habe versucht, durch erhöhte Intensitäten die "Kernparameter des Ausdauersports zu verbessern" außerdem habe man speziell am Zweikampfverhalten im Sprint oder am Doppelstockschub gearbeitet.

Einige Top-Ergebnisse beim Muonio-Test

Die letzten internationalen Testwettkämpfe Mitte November im finnischen Muonio geben dem Coach Hoffnung, dass sein Team auf dem richtigen Weg ist. "Die persönlichen Entwicklungen stimmen positiv. Aber wir müssen auch die Füße ruhig halten, dürfen das nicht überbewerten", so Schlickenrieder. Auf Top-3-Plätze in Muonio schafften es neben Hennnig, Carl, Gimmler und Moch auch der 23-jährige Anian Sossau. "Im Weltcup könnte er es damit schon in die Top 30 schaffen", ordnet der Bundestrainer die Ergebnisse ein.

Magen-Darm: Saisonaufftakt ohne Moch und Hoffmann

Zum Weltcupauftakt ins finnische Ruka nimmt Schlickenrieder acht Langläuferinnen und sechs Langläufer mit. Sein bester Mann, Friedrich Moch, wird dabei krankheitsbedingt fehlen. Ebenso wie Nachwuchsläuferin Helen Hoffmann habe sich Moch einen Magen-Darm-Infekt zugezogen. Es gehe beiden zwar schon besser, aber "wir wollen nichts riskieren. Beide reisen am kommenden Montag nach", so Schlickenrieder.

Bögl: "Bub auf die Welt gekommen"

Besonders motiviert dürfte neben Hennig, die im Vorjahr in Ruka zweimal Dritte wurde, auch Lucas Bögl sein. Der 33-jährige Routinier lief im November 2021 in Ruka als Zehnter im Verfolgungsrennen zu seinem besten Einzelergebnis. Außerdem ist Bögl seit Kurzem stolzer Papa: "Meine Saisonvorbereitung ist durch einen glücklichen Umstand torpediert worden: Ich bin aus Muonio kurzfristig abgereist, weil mein Bub auf die Welt gekommen ist. Es geht allen gut, und er bereitet uns viel Freude", so der Oberbayer, dem allerdings "etwa 250 bis 400 Trainingskilometer auf Schnee" fehlen.

Fluorwachsverbot - Wer hat einen Vorteil?

Mit Spannung schaut Schlickenrieder auf das seit diesem Jahr geltende Verbot von fluorhaltigen Wachsen: "Bei Temperaturen um die null Grad könnte die Wachlserei eine entscheidende Rolle spielen." Das deutsche Team habe bei der Entwicklung alternativer Wachse "mit dem Technologiezentrum in Oberhof einen Vorteil. Hier sind wir gut digitalisiert, hier tauschen sich alle Wachsler disziplinenübergreifend aus. Da haben wir sogar einen Vorsprung."

Andererseits, sagt Schlickenrieder mit Blick auf die großen Techniker-Teams aus Norwegen oder Schweden: "Das ist eine einfache mathematische Rechnung. Wenn ich als große Nation dreimal so viele Wachsler habe, die Wachse testen können, ist es logisch, dass man dreimal schneller das beste Wachs für spezielle Bedingungen rausfinden kann."

Das deutsche Skilanglauf-Aufgebot beim Saisonstart

Frauen: Victoria Carl (Zella-Mehlis), Pia Fink (Bremelau), Laura Gimmler (Oberstdorf), Katharina Hennig (Oberwiesenthal), Sofie Krehl (Oberstdorf), Lisa Lohmann (Oberhof), Coletta Rydzek (Oberstdorf), Katherine Sauerbrey (Steinbach-Hallenberg)

Männer: Lucas Bögl (Gaißach), Janosch Brugger (Schluchsee), Albert Kuchler (Lam), Florian Notz (Römerstein), Anian Sossau (Eisenärzt), Jan Stölben (Ernstberg)