Heim-Weltcup in Oberhof Wie ein Ex-Langläufer die deutschen Biathlon-Männer besser macht
Jens Filbrich ist ehemaliger Langläufer und seit dieser Saison Lauftrainer der deutschen Biathleten. Was zunächst für Verwunderung sorgte, scheint zu funktionieren. Mit ihm gehören die deutschen Skijäger wieder zur absoluten Weltspitze.
Vielen wissenschaftlichen Texten liegt eine These zugrunde. Keine Sorge, das hier wird keine wissenschaftliche Abhandlung. Dennoch beginnt dieser Artikel mit einer These. Sie lautet: "Jens Filbrich hat die deutschen Biathlon-Männer besser gemacht." Kleiner Spoiler - es gibt einige Indikatoren, die diese These stützen.
"Hoffentlich ist das kein Traum"
Der Regen prasselt unerbittlich auf das Dach des Pressezentrums im Biathlon-Stadion von Oberhof. Im Warmen und Trockenen hat sich eine Menschentraube gebildet. Kameras und Mikrofone sind auf Jens Filbrich, Co-Trainer der deutschen Biathlon-Männer gerichtet. Neben ihm sitzt der sportliche Leiter Felix Bitterling. Filbrich, den alle beim deutschen Ski-Verband nur liebevoll "Fips" nennen, beantwortet geduldig die Fragen der Journalisten.
"Das erste Trimester war für die Mannschaft wirklich sehr erfreulich", sagt der Thüringer. "Kneifen musste ich mich nach dem Einzel in Östersund mit Platz eins und zwei. Da habe ich gesagt: 'Hoffentlich ist das kein Traum‘." War es nicht. Und damit zum ersten Indikator, der darauf hindeutet, dass Filbrich die deutschen Biathlon-Männer besser gemacht hat: die Ergebnisse.
Mannschaft nimmt die neue Richtung an
Filbrich hat nach dem Rücktritt des langjährigen Bundestrainers Mark Kirchner Ende des vergangenen Winters die Position des Co-Trainers der Männer-Mannschaft übernommen. Nach dem ersten Trimester mit drei Weltcups stehen sechs Einzel-Podestplätze zu Buche - das ist einer mehr als in der gesamten vergangenen Saison.
"Ich bin sehr gut aufgenommen worden", berichtet Filbrich über seine ersten Monate im Team. "Man hat gleich gemerkt, wenn wir gemeinsam die neue Richtung einschlagen, dass da etwas entsteht. Über die Sommermonate hinweg - aber dann eben auch zum Wintereinstieg."
Detailarbeit beim Laufen bringt Biathleten nach vorne
Der 44-Jährige Filbrich kommt aus dem Langlauf - als Aktiver gewann der Thüringer Silber und Bronze bei Olympia, dazu sieben WM-Medaillen. Nach seinem Karriereende 2014 absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Skilanglauftrainer - vor drei Jahren wechselte er innerhalb des DSV vom Langlauf zum Biathlon. Diese Beförderung sorgte zunächst für durchaus Verwunderung.
Es gibt eine zwar abgedroschene aber deshalb nicht minder wahre Floskel im Biathlon: "Biathleten werden im Sommer gemacht." Und dieser vergangene Sommer verlief im deutschen Männer-Team anders - und das hat auch mit Jens Filbrich zu tun. So berichten es zumindest seine Schützlinge. "Gerade technische Dinge hat er mir mitgegeben", sagt Philipp Nawrath, Sprint-Sieger von Östersund, und bezieht sich dabei auf das Laufen.
"Es ging um einen prägnanteren Fußabdruck und darum, sich schneller vom Ski zu lösen. Oder wenn es in die Phase geht, wo ich erschöpft bin, sich dann einfach frequenter und schneller zu bewegen. Solche Dinge bereitet man langfristig im Sommer vor." Filbrich könne sich da aufgrund seiner Vergangenheit als Langläufer sehr gut hineinfühlen, fügt Nawrath an.
Die Deutschen ziehen nach
"Ein Hauptteil seiner Arbeit war tatsächlich Ende März beziehungsweise Anfang April", schaut Philipp Horn zurück. Der 29-Jährige hat wie Filbrich seinen Trainingsmittelpunkt in Oberhof, so sind beide im täglichen Austausch. "Fips hat viel Zeit investiert und unsere Trainingsdaten analysiert und geschaut, wo wir noch Reserven haben." Diese hat er offenbar gefunden. "Dazu passt er menschlich ins Team", ergänzt Horn. "Ich finde es gut, wenn mich jemand mitnimmt. Und gerade an Tagen, wenn das Wetter schlecht ist oder man sich nicht so fühlt. Dann steht er da und sagt: 'Komm, heute geben wir richtig Gas!‘ Das macht er dann mit einer solchen Energie"
Die Art, wie sich seine Kollegen über ihn äußern, ist ein weiterer Indikator für den erheblichen Anteil Filbrichs am Erfolg der deutschen Männer in dieser Saison. Und: Nicht nur im Sommer gab es essenzielle Veränderungen, auch die Betreuung bei den Weltcups hat mit Filbrich neue Facetten erhalten. "Ich glaube, es ist jetzt wirklich zum ersten Mal in der Weltcup-Mannschaft so, dass jemand mit den Athleten die Strecken abläuft und vor dem Wettkampf sagt: 'Also hier musst du ruhig bleiben.‘ Oder: 'Hier ist der Teil, wo du angreifen musst!‘ Einer, der einfach mit den Jungs die Streckenbegehung macht." Und das sei unter anderem die Idee bei der Beförderung Filbrichs zum Co-Trainer der deutschen Biathleten gewesen, erklärt Sportdirektor Bitterling. Es sollte sich jemand vordergründig ums Laufen kümmern - die Idee scheint aufzugehen.
Der Beginn einer langen Reise
Nun müssen die deutschen Biathleten zeigen, dass sie auch langfristig um Podestplätze mitlaufen können. Und damit ist auch die These: "Jens Filbrich hat die deutschen Biathleten besser gemacht" (noch) nicht endgültig zu verifizieren. Weitere Argumente können seine Skijäger beim Heim-Weltcup in Oberhof sammeln - der Ort der großen Enttäuschung bei der Heim-WM im vergangenen Februar. Damals blieben die deutschen Männer ohne Medaille. Egal wie es aber nun in den kommenden Tagen ausgeht: "Ich habe vor ein paar Wochen schon gesagt, dass das der Anfang einer langen Reise ist", sagt Jens Filbrich. "Und die wird auch erfolgreich sein. Wenn man das als Trainer ausstrahlt, dann ziehen die Sportler auch mit." Bislang klappt das hervorragend.