Hakan Calhanoglu (links) und Henrikh Mkhitaryan

Halbfinale in der Champions League Inter Mailand - die "Alten" und ihr spätes Glück

Stand: 29.04.2025 11:37 Uhr

Inter Mailand hofft auf den großen Coup in der Champions League. Helfen sollen dabei Routiniers wie Henrikh Mkhitaryan - doch Erfahrung schützt vor Rückschlägen nicht. Für Inter lief es zuletzt nicht rund.

Alte Bekannte vergisst man nicht. Auch wenn sie zwischenzeitlich mal aus dem Bewusstsein verschwinden können. Wenn sie plötzlich auftauchen, ist vieles wieder so, wie es einmal war.

Im Fall von Henrikh Mkhitaryan dürfte es einer großen Anzahl von Fußballfans in Deutschland so ergangen sein, als sie den Armenier gegen den FC Bayern im Viertelfinale der Champions League über den Platz haben wirbeln sehen. Und dieser intensiv mit daran gewirkt hat, dass die Bayern frühzeitig gegen Inter Mailand aus dem Wettbewerb ausgeschieden sind.

"Ist das nicht der ehemalige Dortmunder?", dürfte eine der häufigsten Fragen in den Wohnstuben gewesen sein. Ja, das war und ist er. Mittlerweile 36 Jahre alt, das Haar etwas lichter, aber von seiner Lauffreude und seinen außergewöhnlichen fußballerischen Fähigkeiten hat dieser Mkhitaryan noch immer nichts eingebüßt. Zugegeben, er sprintet jetzt nicht mehr wie einst beim BVB, wo er drei Jahre lang spielte, ununterbrochen die Außenbahn rauf und runter, das ist immerhin schon über eine Dekade her. Aber er hat Eindruck hinterlassen.

Fabelhafte BVB-Saison

Damals, in der Saison 2015/16, hatte Mkhitaryan eine fast unglaubliche Bilanz aufzuweisen. In allen Wettbewerben zusammengerechnet gelangen ihm 23 Tore und 32 Assists in 52 Pflichtspielen. "Ihr habt keine Ahnung, wie wahnsinnig gut Miki in diesem Jahr gespielt hat", teilte sein ehemaliger Dortmunder Mitspieler Mats Hummels kürzlich mit.

Anschließend startete Mkhitaryan eine Reise durch Europa (Manchester United, FC Arsenal, AS Rom), bei der er nicht immer zeigte, was sein Können versprochen hatte. Nun scheint er sein spätes Glück in Mailand gefunden zu haben.

Immer in der Startelf

Aber auch Mkhitaryan durchläuft Veränderungen. Er agiert jetzt mehr aus dem etwas defensiveren Mittelfeld heraus, vor allem unterstützt von einem gewissen Hakan Calhanoglu. Auch so ein vertrautes Gesicht aus guten alten Bundesligazeiten. Der mittlerweile 31 Jahre alte Freistoßspezialist ist gebürtiger Mannheimer und hatte hierzulande Spuren beim Hamburger SV oder auch Bayer 04 Leverkusen hinterlassen.

Bei den Mailändern hat sich Calhanoglu zu einer europäischen Spitzenkraft weiterentwickelt. Nationalspieler Nicolo Barella (28) rundet das technisch hoch versierte und äußerst spielstarke Mittelfeld-Triumvirat bei Inter ab.

Mkhitaryan ist stets mitten drin in diesem Team, das gar nicht mehr auf ihn verzichten will - und wohl auch gar nicht kann. Wenn es gesundheitlich geht und ihn keine Sperre hindert, steht er eigentlich immer in der Startelf. Getreu dem Motto von Otto Rehagel verfährt Inter-Coach Simone Inzaghi nach dessen Prinzip: "Es gibt keine alten oder jungen Spieler, sondern nur gute oder schlechte."

Auf steilem Erfolgsweg

Ob Verteidiger, Mittelfeldspieler, Angreifer: Das Lebensalter spielt für den Coach offenbar keine Rolle. Er legt - bei der gegebenen körperlichen Fitness - viel mehr Wert auf Spielverständnis und Teamkompatibilität. Einen "super-intelligenten Spieler" wie etwa Mkhitaryan dürfe er trainieren, bemerkte Inzaghi unlängst. Und diese Herangehensweise zahlt sich aus.

Inzaghi hat Inter auf diese Weise wieder zu einem europäischen Spitzenteam geformt. Die "Nerazzurri" sind nicht zuletzt nach Mkhitaryans Wechsel vor rund zweieinhalb Jahren auf einem steilen Erfolgsweg, sie sind aktuell italienischer Meister, haben davor den Pokalwettbewerb gewonnen und zweimal in Folge den Supercup. Das Erreichen des Halbfinals in der europäischen Königsklasse reiht sich nahtlos in diese bemerkenswerte Bilanz ein.

Nun wollen sie den ganz großen Coup wagen und an die alten Zeiten - der Klub hat den Wettbewerb bisher dreimal gewinnen können - anknüpfen. "In Italien habe ich alles gewonnen. Jetzt ist mein Ziel, auch die Champions League zu gewinnen", sagt etwa Calhanoglu.

Unerwartete Rückschläge

Die "Alten", wie die altehrwürdige Sportzeitung mit der rosa Einfärbung "Gazzetta dello Sport" Inter zuletzt betitelte, scheinen dabei nur schwer aufzuhalten zu sein. Aber: Auch Erfahrung schützt vor Rückschlägen nicht.

Zuletzt gab es in der Serie A zwei 0:1-Pleiten in Folge, womit sich die SSC Neapel nun, vier Spieltage vor Saisonende, mit drei Punkten Vorsprung auf Tabellenposition eins an den Mailändern vorbeigeschoben hat. Zudem ist Inter am großen Stadtrivalen AC Mailand im Pokalwettbewerb - nach einem 0:3 im Halbfinal-Rückspiel - gescheitert. Verloren haben sie bei Inter unter Trainer Inzaghi in dieser Saison selten - und nun gleich dreimal nacheinander. Inzaghi sagte: "Ich mache mir Sorgen."

Wird Thuram rechtzeitig fit?

Eines der derzeitigen (Tor-) Probleme der Mailänder ist das Fehlen von Stürmer und Torjäger Marcus Thuram (31 Spiele in der Serie A, 14 Tore). Der ehemalige Mönchengladbacher hatte sich im Rückspiel gegen den FC Bayern eine Adduktorenverletzung zugezogen und musste pausieren.

Es besteht aber zumindest die Hoffnung, dass der 27-Jährige gegen den FC Barcelona mitwirken kann. Thuram befinde sich schon wieder im Training. Der Klub schaue täglich, was in Sachen Thuram möglich sei, teilte Inter mit.

Letzte Chance?

Thuram wäre ein möglicher Abnehmer für die Pässe von Mkhitaryan, für den es womöglich die letzte Chance ist, die Champions League zu gewinnen. Der zurückhaltende Inter-Antreiber wird dafür nochmal richtig aufdrehen. So hat er es eigentlich immer gemacht. Wundern sollte sich darüber niemand mehr.