Umfrage unter Aktiven System der Repression im US-Biathlon-Team?
Die US-Biathletinnen haben einer Untersuchung zufolge Angst, öffentlich ihre Meinung im Fall von sexueller Belästigung zu äußern.
Einem Bericht der US-amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Press (AP) zufolge sollen zahlreiche Biathletinnen aus den USA Furcht vor möglichen Konsequenzen haben, sollten sie öffentlich über misogynes Verhalten innerhalb des Teams berichten.
Das ist das Ergebnis einer unabhängigen Studie, die bei US Biathlon (USBA) durchgeführt wurde, um das Sicherheitsgefühl der Sportler und Sportlerinnen zu erörtern. Vor allem die weiblichen Aktiven hätten demnach Probleme damit, erlebtes Fehlverhalten publik zu machen, weil sie befürchten, dass dies Auswirkungen auf ihre Laufbahn haben könnte.
Umgang im Fall Reid sorgt für Furcht
"Es ist für eine Frau sehr unangenehm, sich in einer solchen Umgebung aufzuhalten", wird eine nicht-namentlich erwähnte Athletin zitiert. Demnach hätten die Frauen Angst, dass ihnen Trainingsmöglichkeiten verweigert oder die finanzielle Unterstützung gestrichen wird. Zudem befürchten einige, nicht für die Staffelteams ausgewählt zu werden.
Die Untersuchung war angeordnet worden, nachdem die AP im Januar 2024 über den Missbrauchsfall von Joanne Reid berichtet hatte. Die inzwischen zurückgetretene zweifache Olympiateilnehmerin soll laut eigenen Angaben zwischen 2016 und 2021 von einem Wachstechniker des Teams sexuell belästigt worden sein. Eine Untersuchung des US Center for SafeSport habe dies bestätigt. Der Techniker wurde daraufhin entlassen.
Joanne Reid war bis 2023 Teil des US-Teams.
Vergeltungsmaßnahme gegen Reid?
Reid selbst verlor noch vor dem öffentlichen Bekanntwerden der Vorfälle ihren Platz im Team, weil der US-Verband die Qualifikationskriterien für den Weltcup änderte, was allerdings nur Auswirkungen auf Reid hatte. Darin sollen wohl einige Aktive eine Art Vergeltungsmaßnahme gesehen haben und befürchten nun Ähnliches, wenn sie erlebten Missbrauch in der Öffentlichkeit thematisieren.
"Die USBA hat deutlich gezeigt, dass ein Sportler, insbesondere eine Sportlerin, seinen Platz im Team im kommenden Jahr riskieren würde, wenn er dieses Thema anspricht", so ein Umfrageteilnehmer. Ein anderer erklärte: "Nichts zu sagen ist die beste Strategie, wenn man weiterhin für die USBA antreten möchte."
Jede zweite Frau befürchtet negative Konsequenzen
Für die nun veröffentlichte Studie wurden Athleten, Eltern, Trainer und Mitarbeiter befragt, zudem wurde eine vertrauliche Umfrage an 57 Biathleten und Biathletinnen geschickt, die seit 2022 an Wettkämpfen teilgenommen haben. Aus den Ergebnissen ließen sich deutliche Rückschlüsse auf die Angst der weiblichen Aktiven ziehen. Während 92 Prozent der Männer angaben, sich bei Bedenken zur Sicherheit der Sportler öffentlich äußern zu wollen, würden dies nur 52 Prozent der Frauen tun.
Zudem befürchten 57 Prozent der Frauen negative Konsequenzen für ihre Karriere, wenn sie ein Fehlverhalten meldeten. Bei den Männern sind dies nur acht Prozent. 43 Prozent der weiblichen Befragten wollen im vergangenen Jahr Verhalten beobachtet haben, das gegen den Kodex von US Biathlon verstößt.
Aktionsplan des US-Verbandes für Reid nicht Konkretes
Der US-Verband will als Reaktion auf den Bericht einen "Aktionsplan" verabschieden, indem verschiedene Grundwerte definiert werden und in dem man den Fortschritt messbar macht. "Wir haben volles Vertrauen in die Führung der USBA, dass sie die notwendigen Verbesserungen umsetzt und eine Kultur aufbaut, die es den Athleten und unserer Gemeinschaft ermöglicht, erfolgreich zu sein", schrieb Bob Hall, Vorstandsvorsitzender der USBA, in einer Mail an die Mitglieder des Verbandes.
Für Reid geht das nicht weit genug. Es würden Maßstäbe und Pläne entwickelt, "ohne etwas Konkretes vorzuweisen, für das sie zur Verantwortung gezogen werden können."