Knapp ein Jahr nach dem Karriereende Was macht Ex-Biathletin Denise Herrmann-Wick eigentlich?
Vor knapp einem Jahr hat sich Denise Hermann-Wick mit dem WM-Titel im Sprint von der Biathlon-Bühne verabschiedet. Ein Jahr später ist sie schwanger, baut ein Haus und studiert. Ein Blick hinter die Kulissen und in die Karriere nach der Karriere.
Sie schiebt die graue Plane ein Stück zur Seite, eine Tür fehlt noch im Rahmen: "Vorsicht Stufe", Denise Herrmann Wick macht einen großen Schritt ins Wohnzimmer. Wo später einmal die Couch und die offene Küche stehen werden, ist aktuell nur der Estrich zu sehen. Ein eigenes Haus zu bauen, war einer ihrer Lebensträume.
Zwischen Stahlgerüst und Kabelwulst
Die 35-Jährige schließt die offene, bodentiefe Schiebetür. Der Blick nach draußen zeigt hinter dem Stahlgerüst der Baustelle die Berge rund um Ruhpolding. Der Schnee auf der Hauswiese glitzert in der Sonne, der Chiemgau zeigt sich dieser Tage als Winter-Wunderland.
Im Keller ist Vater Lutz Herrmann gerade damit beschäftigt, Kabel zu verlegen, während Ehemann Thomas Wick mit Mitarbeitern der Küchenfirma im Gespräch ist. "Allein das Haus aufstellen, die ganze Planung vorher, die Installation und Elektronik, das ist wirklich der Wahnsinn, auch dieser ganze Kabelwulst. Ich ziehe meinen Hut vor allen, die da mit anpacken und uns helfen", beschreibt Denise Herrmann-Wick.
Denise Herrmann-Wick auf der Wahl zur Sportlerin des Jahres im Dezember 2023.
Ein Leben ohne Sport? Undenkbar
Seit gut einer Woche ist der Winter zurück in Ruhpolding, gerade rechtzeitig zum Biathlon-Weltcup hat es geschneit. Vormittags zieht es die 35-Jährige auf die Langlaufski.
Ein Leben ohne Sport ist für sie allerdings undenkbar, auch nach der aktiven Karriere: "Viele fragen, wie lang ich abtrainieren muss. Das klingt immer so, als hätte man das Ziel, irgendwann keinen Sport mehr zu machen. Aber ich liebe es, hier mich in den Bergen auf Skiern zu bewegen."
Erstes Kind im Frühjahr
Doch etwas ist anders: Denise Herrmann-Wick ist schwanger, im Frühjahr erwartet sie ihr erstes Kind. Unter der Skijacke ist es mittlerweile auch schon gut zu erkennen: "Ich habe immer auf meinen Körper gehört. Joggen fühlt sich mittlerweile komisch an, das habe ich von der Liste gestrichen. Skilanglauf geht, natürlich vorsichtig, ohne Sturz-Risiko, auf flacher Strecke", lacht sie und erklärt: "Die Durchschnittsgeschwindigkeit ist aber extrem reduziert."
Pünktlich zum Weltcup zieht es sie auch wieder in ihr zweites Zuhause, in die Chiemgau-Arena. Jahrelang hat sie hier trainiert, und sie ist ein Publikumsliebling. Zwischen Selfies machen und Autogrammen schreiben, kämpft sie sich durch die Fanmassen bis an den Schießstand, Smalltalk mit den norwegischen Trainern Siegfried Mazet und Patrick Oberegger: "Es ist schön herzukommen und alle zu sehen. Das ist wie ein Klassentreffen."
"Ich habe Biathlon bis zur letzten Sekunde geliebt"
Die Ex-Biathletin ist aber auch in offizieller Funktion hier, arbeitet für einen Sponsor. Während der Rennen steht sie mit Gästen auf der Tribüne und beantwortet die Fragen zu ihrer Sportart. Beim Schießen schaut sie gespannt auf die Scheiben und ballt die Faust bei Treffern. Zwischen zwei Einlagen der deutschen Athleten erzählt sie: "Ich habe Biathlon bis zur letzten Sekunde geliebt und schaue jetzt gern zu, fiebere mit. Das kribbelt nach wie vor und ich hoffe, das hört nie auf."
Fernstudium und die Karriere nach der Karriere
Denise Herrmann-Wick hat eine Karriere als Speakerin begonnen, hält Vorträge bei großen Firmen und versucht die Welt einer Leistungssportlerin zu erklären. Ihr Leben hat sich um 180 Grad gedreht: "Ich habe keinen Trainingsplan mehr. Manchmal weiß ich gar nicht, wo ich in drei Wochen bin. Eine Struktur habe ich früher geliebt, aber Leistungsport ist irgendwann endlich und ich freue mich auf das neue Kapitel."
Es kommt also einiges auf die Olympiasiegerin zu, denn neben dem Hausbau und der Schwangerschaft hat sie eine weitere Aufgabe angenommen: "Im September habe ich mit einem Fernstudium begonnen, Life-Coaching mit Ernährung, Psychologie und Sportwissenschaften. Jeden Monat habe ich eine Prüfung. Es ist gut, einen festen Termin zu haben und bisschen Druck zu bekommen."
Ein Song, der zu ihrer Hymne wurde
Und dann schallt über die Lautsprecher der Song durch das Stadion, der so etwas wir ihre Hymne geworden ist: "Der Zug hat keine Bremse" von Lorenz Büffel. Das Sportmärchen hat sie 2023 bei der Heim-WM in Oberhof geschrieben, als sie als Top-Favoritin Gold im Sprint gewann. Von diesem Zeitpunkt an wurde der Partyschlager zum Dauerbrenner.
"Ich musste mal eine Zeit einlegen, da habe ich den Song etwas weniger gehört. Aber hier beim Weltcup in Ruhpolding bin ich wieder voll bereit dazu. Da freue ich mich, wenn der Zug wieder losfährt", erzählt Denise Herrmann-Wick und führt im Zielbereich der Arena die Polonaise mit den Maskottchen an, während ihr die Fans von der Tribüne zujubeln.
"Ich wünsche mir, dass die Geburt gut verläuft"
Der Zug fährt also weiter, Denise Herrmann-Wick wird der Biathlon-Welt mit Gastauftritten erhalten bleiben, auch beim nächsten Weltcup in Antholz, bevor die vielleicht schönste Pause in ein paar Monaten wartet: "Ich wünsche mir, dass die Geburt gut verläuft, auch wenn es sehr schmerzhaft wird. Ich hoffe, alle sind dann gesund und dass wir als kleine Familie gut starten können - im neuen Haus, in ein neues Leben."