Finale der Australian Open Sinner verlängert Zverevs Grand-Slam-Sehnsucht
Das Warten geht weiter: Alexander Zverev hat bei den Australian Open auch sein drittes Finale bei einem Grand-Slam-Turnier verloren. Jannik Sinner untermauerte beim 6:3, 7:6 (7:4), 6:3 eindrucksvoll, dass er der beste Tennisspieler der Welt ist.
Nach den US Open 2020 und den French Open im vergangenen Jahr hatte es Zverev in Australien mit insgesamt nur zwei verlorenen Sätzen ins Endspiel geschafft. Vor viereinhalb Jahren in New York hatte der 27-Jährige gegen Dominic Thiem schon mit 2:0-Sätzen geführt und noch verloren, im Sommer 2024 reichte ihm gegen Carlos Alcaraz ein 2:1-Vorsprung nicht - diesmal war Zverev weit entfernt von der Chance, seinen ersten Titel bei einem der Top-4-Events im Tennis zu gewinnen.
Zverev: "Sinner mit Abstand der beste Spieler der Welt"
"Es nervt, neben der Trophäe zu stehen und sie nicht anfassen zu dürfen", sagte ein sichtlich niedergeschlagener Zverev bei der anschließenden Siegerehrung: "Jannik hat es mehr als verdient, er ist mit Abstand der beste Spieler der Welt. Ich hatte gehofft, dass ich besser mithalten kann, aber Jannik ist einfach zu gut."
Im 36. Anlauf schaffte es Zverev nicht, seinen lang ersehnten Titel bei einem Grand Slam zu holen, dennoch bedankte er sich bei den Fans und bei seinem Team, gab außerdem ein Versprechen ab. "Wir versuchen alles, aber ich bin einfach noch nicht gut genug. Ich werde aber im nächsten Jahr wiederkommen und es wieder versuchen", sagte Zverev.
Entscheidung im ersten Satz nach Diskussionen mit der Box
Der erste Satz war bestimmt von vielen längeren Ballwechseln - bei denen Sinner meist die Oberhand behielt. Beim Stand von 2:1 sicherte sich der Italiener die ersten beiden Breakchancen, Zverev konterte aber mit starken Aufschlägen und offensivem Spiel. Während des Seitenwechsels bei 3:4 aus Sicht des Deutschen brachte er sich aber durch eine verbale Offensive mit seinem Betreuerstab ein wenig aus dem Spiel.
Sinner sicherte sich die nächsten Chancen auf das erste Break, das Zverev insgesamt dreimal wieder verhindern konnte, weil er unter Druck sein bestes Tennis spielte. Der Weltranglistenerste war aber stabiler als der Zweite der Welt, ein Zverev-Fehler brachte dann die insgesamt sechste Breakchance, die Sinner schließlich nach einem zu schwachen Angriffsball von Zverev zum 5:3 nutzen konnte.
Jannik Sinner zeigte, warum er die Nummer 1 der Welt ist.
Anschließend gewann der 23-Jährige sein Aufschlagspiel mit seinen ersten beiden Assen zu Null und damit auch nach 46 Minuten den ersten Satz - und das verdient. Sinner machte weniger Fehler, schlug mehr Winner und machte insgesamt acht Punkte mehr. Zverev war zu abhängig von der Stärke seines Aufschlags und konnte seinen Gegner nie gefährden.
Oberschenkelprobleme bei Sinner - aber trotzdem der zweite Satzgewinn
Zverev verfiel zu oft in alte Muster, agierte zu oft sehr weit hinter der Grundlinie - auch deshalb geriet der Aufschlag seines Gegners nicht in Gefahr. Der Hamburger blieb aber auch - abgesehen von zwei abgewehrten Breakbällen beim Stand von 1:1 - stabil, ging mit 4:3 in Führung. Nach dem Spielball griff sich Sinner dann plötzlich an den hinteren linken Oberschenkel, hatte offenbar Schmerzen. Ein Vorteil für Zverev, der sein Halbfinale nach dem ersten Satz (7:6) gewonnen hatte, weil Novak Djokovic aufgab?
Zumindest sorgte dieser Moment dafür, dass Sinner etwas aus dem Tritt kam. Zverev hielt sein Service und bei 4:5 aus Sicht des Italieners stand es auch plötzlich 0:30 nach zwei Fehlern. Diesmal konnte sich Sinner aber auf seinen Aufschlag verlassen und zum 5:5 ausgleichen.
Einige Minuten danach war Zverev bei 6:5 und 30:30 ganz nah an seiner ersten Breakchance, Sinner konnte den mit Abstand spektakulärsten Ballwechsel des Spiels aber noch gewinnen und rettete sich dann in den Tie Break. Dort hatten beide eine 3:0-Bilanz während der Australian Open - und diese perfekte Ausbeute konnte Sinner ausbauen. Beim Stand von 4:4 holte der Vorjahressieger das entscheidende Mini-Break mit einem Netzoller, vollendete mit einem Vorhandwinner zum 7:4.
Sinner seit Ende 2024 nicht zu schlagen
20 Partien hatte Sinner saisonübergreifend in Folge gewonnen, in dieser Zeit nur drei Sätze verloren. Neben den Australian Open gewann er 2024 auch das zweite Grand-Slam-Turnier auf Hartplatz bei den US Open, im gesamten Jahr unterlag er nur dreimal auf seinem Lieblingsbelag. Und nun fehlte Sinner, bei dem schon vor dem Finale klar war, dass er die Nummer eins bleibt, nur noch ein Satz zum dritten Triumph in seinem dritten Grand-Slam-Finale.
Der Südtiroler hatte seine Probleme im Oberschenkel offenbar überwunden, hatte auf der anderen Seite aber mittlerweile einen Gegner, der deutlich besser spielte. Zverev konnte sich wenig vorwerfen lassen, er war aktiv, spielte aggressiv und mutig, schlug Winner, aber machte natürlich auch Fehler. Sinner zeigte allerdings, warum er unangefochten die Nummer eins der Welt ist, und dass Zverev nur der Titel "Best of the rest" bleibt.
Zverev kann Sinners Aufschlag nicht knacken
Sinner blieb bei eigenem Service unbezwingbar, er ließ im gesamten Matchverlauf keinen Breakball zu. Dagegen konnte Zverev beim Stand von 2:3 die nächsten Gelegenheiten für seinen Gegner nicht mehr verhindern - und diesmal konnte er sich nicht mehr befreien. Sinner nutzte seine insgesamt zehnte Breakchance und nahm Zverev zum zweiten Mal den Aufschlag ab, sorgte so angesichts des Matchverlaufs für eine Vorentscheidung.
Sinner hatte danach erstmals Probleme und musste zweimal über Einstand gehen, aber meisterte diese Prüfungen mit Aufschlagwinnern. Zverev musste nun gegen den Matchverlust servieren - und das gegen einen Gegner, der alles clever auszunutzen wusste, was Zverev ihm bot, und vor allem taktisch deutlich besser war. Der hielt seinen Aufschlag, doch dann machte Sinner den Sack zu. Nach insgesamt 2:42 Stunden war klar, dass Zverev weiter auf seinen ersten Triumph bei einem Grand-Slam-Turnier warten muss.
Sinner: "Alle glauben, dass Zverev bald ersten Grand Slam gewinnen wird"
Sinner zeigte auch danach menschliche Größe und richtete Zverev auf. "Es ist wieder ein harter Tag für dich, Sascha. Du bist ein unglaublicher Spieler, behalte den Glauben an dich. Mach weiter, wir alle glauben, dass du schon bald deinen ersten Grand Slam gewinnen wirst", sagte der Australien-Champion: "Für mich war es ein unglaubliches Turnier und ich hoffe, dass es so weitergeht."