Polizei im Fußballstadion

Fußball | Risikospiele Reaktionen auf BVerfG-Urteil zu Kosten von Polizeieinsätzen bei Risikospielen

Stand: 14.01.2025 18:58 Uhr

Das Urteil des Bundesfassungsgericht zu Kosten von Polizeieinsätzen bei Risikospielen wird hitzig diskutiert. SWR Sport hat mit dem Fanbündnis "Unsere Kurve" gesprochen. Auch Klubs und Politik melden sich zu Wort.

Der zehn Jahre dauernde Streit um die Polizeikosten bei Hochrisikospielen ist beendet. Die Bundesländer dürfen die Gebühren dem Profifußball in Rechnung stellen. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) wies am Dienstag die Beschwerde der Deutschen Fußball Liga (DFL) zurück.

Das Fanbündnis "Unsere Kurve" nahm das Urteil in einer ersten Reaktion "fassungslos zur Kenntnis". Im Gespräch mit SWR Sport präzisierte Sprecher Mario Goldmann, warum die organisierten Anhänger das Urteil ablehnen. Goldmann ist "enttäuscht, dass staatliche Aufgaben jetzt plötzlich mit einer privaten Rechnung versehen werden." Außerdem fehle eine Instanz, "die sich das Ganze von außen anschaut. Die Polizei macht die Kategorisierung für ein Hochrisikospiel und stellt dann die Rechnung", so Goldmann.

Mario Goldmann von "Unsere Kurve" zum Urteil des BVerfG

Aus seiner Sicht ist das Urteil speziell für kleinere Vereine aus der 3. Liga oder Regionalliga problematisch. "Da wird es sicherlich nötig sein Lösung zu finden, damit man diese Vereine nicht in finanzielle Nöte bringt", erklärte Goldmann. Für die Zukunft schlägt Goldmann vor, dass auch Fanvertreter in bestehende, erfolgreiche Kommunikationsformate wie beispielsweise Stadionallianzen integriert werden. So sei es für alle Beteiligten einfacher, die verschiedenen Sichtweisen besser zu verstehen.

VfB-Boss Wehrle setzt auf "zielführende Umsetzung"

Auch Alexander Wehrle vom VfB Stuttgart betonte auf SWR-Anfrage das Konzept der Stadionallianzen. Neben den finanziellen Aspekt müsse aus seiner Sicht vor allem die Minimierung von Gewalt im Fokus stehen. "In Baden-Württemberg setzen wir seit Jahren erfolgreich auf das Modell der Stadionallianzen, das eine enge Zusammenarbeit aller Netzwerkpartner fördert. Dabei stellen wir das übergeordnete Ziel in den Mittelpunkt: sichere Fußballspiele mit möglichst geringen Polizeieinsatzstunden. Gleichzeitig investieren die Profivereine in hohem Maße in die Sicherheit der Stadien und Spiele sowie in Präventionsarbeit. Dieses Engagement trägt entscheidend dazu bei, dass das Stadionerlebnis in Deutschland zu den sichersten in Europa zählt", so der Vorstandsvorsitzende.

In Bezug auf das Urteil zeigte sich Wehrle "zuversichtlich, dass die DFL, die Clubs und die Politik gemeinsam eine zielführende Umsetzung dieser Entscheidung auf den Weg bringen werden".

FCK sieht viel Klärungsbedarf

Auch der 1. FC Kaiserslautern äußerte sich ähnlich und sieht nun die Politik in der Verantwortung. "Wir haben das Urteil zur Kenntnis genommen - und jetzt ist erstmal die Politik am Zug", sagt Stefan Roßkopf, Leiter Unternehmenskommunikation beim FCK. "Trotzdem sehen wir auf die Vereine auch Fragen zukommen", so Roßkopf weiter. Wer legt fest wann ein Spiel ein Hochrisikospiel ist? Ist man als Verein in der Einsatzplanung der Polizei beteiligt? Außerdem müsse man sich die Frage stellen "ob noch Chancengleichheit gegeben ist, wenn unterschiedliche Regeln in den unterschiedlichen Bundesländern herrschen", so der 48-Jährige.

Heidenheim und Mannheim reagieren kritisch

Der 1. FC Heidenheim und der SV Waldhof Mannheim sehen das Urteil kritisch. "Wir sehen diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, zum Fall in Bremen, kritisch, dass Kosten für zusätzlichen Polizeiaufwand bei Hochrisikospielen an die Liga weiter berechnet werden sollen und verweisen dabei auf die entsprechende Stellungnahme der DFL", so Petra Saretz aus dem Vorstand des FCH auf SWR-Anfrage.

Die Mannheimer wollen grundsätzlich die Umsetzung des Landes abwarten. "Vorher ist es sehr schwierig, eine Aussage über die Auswirkungen zu treffen. Dennoch könnte das Urteil unangenehme Folgen mit sich bringen, wie beispielsweise eine Anpassung der Ticketpreise, durch die erhöhten Kosten rund um ein Hochrisikospiel", so Geschäftsführerin Jennifer Schäfer.

Der SWR hat sich in Kaiserslautern umgehört, wie die Menschen das Urteil aufnehmen. "Es liegt auch irgendwo in der Verantwortung der Klubs, dass die Fans sich nicht schlagen. Ich finde, das ist schon eher eine gute Nachricht", sagte eine Frau. Ein anderer fragt, worin der Unterschied dazu bestehe, wenn sich Menschen irgendwo prügeln: "Da muss die Polizei dann ausrücken. Das bezahlt doch auch der Staat."

Strobl zurückhaltend, Ebling will "Gebührenordnung auf den Weg bringen"

Unterschiedliche Reaktionen gab es aus der Politik im Südwesten. In Baden-Württemberg scheint eine Regelung wie in Bremen vorerst nicht auf der Tagesordnung zu stehen. Innenminister Thomas Strobl kündigte an, das Urteil bald auszuwerten. Er fügte aber hinzu, dass die Bezahlung der Polizeikräfte weder die Ursache der Gewalt noch den Einsatz von Pyrotechnik im Stadion mindere. "Mir ging es nie darum, erst mal Kasse zu machen", sagte Strobl. Es gebe dadurch auch nicht mehr Polizistinnen und Polizisten, die bei solchen Hochrisikospielen eingesetzt werden könnten.

Michael Ebling, rheinland-pfälzischer Innenminister, begrüßte das Urteil und die sich daraus ergebende Klarheit. "Rheinland-Pfalz ist auch gewillt, eine solche Gebührenordnung auf den Weg zu bringen", sagte er dem SWR. Das mache aber nur Sinn, wenn es eine Verständigung auf eine deutschlandweit einheitliche Lösung gebe. Besprochen werden soll das Thema auf der nächsten Innenministerkonferenz.

Sendung am Di., 14.1.2025 18:40 Uhr, SWR1 Baden-Württemberg