Bleiben sie in ihren Ämtern? VfB-Präsident Claus Vogt (rechts) und Vizepräsident Rainer Adrion

Fragen und Antworten Das Ende für Präsident Vogt? Das Wichtigste zur Mitgliederversammlung des VfB

Stand: 27.07.2024 11:25 Uhr

Mit Spannung wird am Sonntag die diesjährige Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart erwartet. Unter anderem steht eine mögliche Abwahl des Präsidenten Claus Vogt auf der Tagesordnung. Die wichtigsten Entscheidungen im Überblick.

Worum geht es am Sonntag bei der VfB-Mitgliederversammlung?

Bei der VfB-Mitgliederversammlung stehen am Sonntag (ab 11 Uhr) einige mit Spannung erwartete Entscheidungen auf dem Programm. Der VfB ist mit 107.000 Mitgliedern (Stand 26. Juni 2024) der größte Verein in Baden-Württemberg. Die Mitgliederversammlung ist das höchste demokratische Organ des Vereins und somit auch das höchste Organ der Mitbestimmung für die Mitglieder des VfB Stuttgart. In diesem Jahr findet die Veranstaltung in der Porsche Arena statt, die Tagesordnung umfasst 15 Punkte. Da die Mitgliederversammlung in Präsenz und nicht in hybrider Form abgehalten wird, kann nur vor Ort und nicht digital abgestimmt werden.

Welche wichtigen Entscheidungen können am Sonntag fallen?

Im Fokus steht vor allem die mögliche Abwahl des Präsidenten Claus Vogt (54) sowie des Vizepräsidenten Rainer Adrion (70). Für eine Abwahl der beiden Präsidiumsmitglieder braucht es eine Mehrheit von 75 Prozent der Stimmen in der Mitgliederversammlung. Mit der Bekanntgabe des Ergebnisses wären Vogt und Adrion sofort abgewählt. Bereits im vergangenen Jahr stand eine mögliche Abwahl von Präsident Vogt auf der Tagesordnung. Damals stimmten lediglich 28,36 Prozent der anwesenden Mitglieder für ein vorzeitiges Ende von Vogts Amtszeit. Der VfB-Präsident ist bis Sommer 2025 gewählt. Nach Führungschaos und Machtkampf in den Gremien des Traditionsklubs inklusive Wechsel an der Aufsichtsratsspitze ist eine Abwahl Vogts dieses Jahr wahrscheinlicher; ob es für die große Mehrheit von 75 Prozent reicht, scheint aber offen. In jedem Fall wird am Sonntag ein Nachfolger für Christian Riethmüller gewählt. Das Aufsichtsrats- und Präsidiumsmitglied legte Anfang April seine Ämter nieder. Hierfür hat der Vereinsbeirat mit Andreas Grupp und Dr. Bertram Sugg zwei Kandidaten für die offene Stelle im Vereinspräsidium nominiert.

Was steckt hinter den Abwahlanträgen gegen Claus Vogt und Rainer Adrion?

Die beiden Abwahlanträge gegen Präsident Vogt (54) und den Vizepräsident Adrion (70) stehen am Sonntag unter den Tagesordnungspunkten 13 bzw. 12 auf dem Programm. Eingereicht wurden sie von den Mitgliedern Bjarne Friedrichsohn (Commando Cannstatt) sowie Johannes Bach, Niklas Öxle und Anne-Katrin Sauer (alle Schwabensturm). In beiden Anträgen wird fehlendes Vertrauen, die Zerstrittenheit im Präsidium und fehlende Transparenz, etwa im Prozess zum Einstieg des Investors Porsche, kritisiert. Ein weiterer Vorwurf: ein Vertrauensbruch im Zusammenhang mit dem sogenannten Ausgliederungsversprechen.

Im Rahmen der Ausgliederung 2017 hieß es in einem Interview, das in der Ausgliederungsunterlage rund um die außerordentliche Ausgliederungsversammlung veröffentlicht wurde: "Der Präsident des Vereins ist Aufsichtsratsvorsitzender der VfB Stuttgart 1893 AG." Im März wurde Tanja Gönner zur Aufsichtsratschefin der VfB Stuttgart 1893 AG. Insbesondere der neue Anteilseigner Porsche hatte diesen Wechsel an der Spitze offenbar forciert. Für diesen Wechsel unterschrieben alle Aufsichtsräte, inklusive Claus Vogt, die Vereinbarung. Die organisierte Fanszene, einst Vogts Fürsprecher, werfen dem Präsidium vor, die Mitglieder nicht in die Entscheidung einbezogen zu haben. Zudem fordern sie die Rückgabe des Aufsichtsratsvorsitzes an einen gewählten e.V.-Vertreter.

YouTube-Video von SWR Sport Fußball : "Machtkampf beim VfB Stuttgart: Was ist da eigentlich los? DEIN VfB #107 | SWR Sport"

Was passiert, sollte Claus Vogt als Präsident abgewählt werden?

Wird Claus Vogt mit einer Mehrheit von mindestens 75 Prozent der Stimmen abgewählt, wird laut Satzung des e.V. vom Vereinsbeirat ein Interimspräsident bestellt. Dieser würde so lange im Amt bleiben, bis eine Neuwahl stattgefunden hat. Immer wieder fällt beim Stichwort Interimspräsident der Name Erwin Staudt. Der 76-Jährige ist Ehrenpräsident und prägte von 2003 bis 2011 als VfB-Präsident eine erfolgreiche Ära. Auf Nachfrage erklärt Staudt gegenüber SWR Sport: "Wenn der Verein in eine Notsituation kommt, würde ich nicht nein sagen können." Primär aber verweist Staudt auf die Entscheidungsmacht des Vereinsbeirats. Daher rechne er nicht mit einer Anfrage, sondern mit einem möglichen Nachfolger "aus der Mitte des Vereinsbeirats".

Laut Satzung des e.V. ist "unverzüglich" eine Mitgliederversammlung einzuberufen, um einen neuen Präsidenten zu wählen. Das Verfahren ist allerdings aufwendig. Kürzlich erklärte Alexander Scheuch, Jura-Professor und Experte für Verbands- und Sportrecht an der Universität Bonn, gegenüber SWR Sport: "Wenn Vogt abgewählt würde, könnte eine außerordentliche Mitgliederversammlung zur Nachwahl, so wie ich die aktuelle Satzung verstehe, erst mehr als drei Monate später stattfinden". Der nachgewählte Präsident wäre für die verbleibende Amtszeit des Ausgeschiedenen, also für die verbleibende Amtszeit von Claus Vogt, gewählt. Ergo bis Sommer 2025. Wird am Sonntag lediglich Rainer Adrion abgewählt, müsste eine Nachwahl für den Vizepräsidenten erst auf der Mitgliederversammlung 2025 stattfinden. Bis dahin gäbe es ein Zweier-Präsidium aus Vogt (bzw. seinem Nachfolger) und dem Riethmüller-Nachfolger (Grupp oder Sugg).

Was soll ein möglicher Wahlausschuss bewirken?

Als großes Problem in der Vereinssatzung des VfB Stuttgart werden immer wieder die sogenannten "Zirkelbezüge" genannt. Diese beziehen sich auf das (zu) enge Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Gremien. Konkret zwischen Vereinsbeirat und Präsidium. Aktuell schlägt der Vereinsbeirat die Kandidaten für das Präsidium vor. Im Gegenzug nimmt das Präsidium die Vorauswahl bei den Bewerbern für den Vereinsbeirat vor. Nun soll per Satzungsänderung ein unabhängiger Wahlausschuss dafür sorgen, die vereinspolitischen Zirkelbezüge aufzulösen.

Zur Auswahl stehen zwei Varianten. Bei der ersten Variante ist der Wahlausschuss nur für die Auswahl und den Vorschlag der Beiratskandidaten zuständig. Bei Variante zwei zusätzlich auch für jene des Präsidiums. Am Sonntag stimmen die Mitglieder zunächst über beide Varianten ab. Im Anschluss wird über den Satzungsänderungsantrag abgestimmt. Hierbei müssen 75 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder für die Einführung des Wahlausschusses stimmen. Ist dies der Fall, werden aus 44 Bewerbungen neun Mitglieder für den Wahlausschuss gewählt. Zudem gibt es drei Ersatzmitglieder.

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