Listicle Zehn Wintersport-Legenden aus Berlin und Brandenburg
Schnee und Berge tauchen in Werbebroschüren für Berlin und Brandenburg wohl eher selten auf. Und trotz dieses Standort-Nachteils hat die Region eine gehörige Wintersport-Tradition. Und Legenden, deren Herkunft vermutlich nicht jeder kennt.
Katarina Witt, 59
Ein halbes Jahr lang musste die fünfjährige Katarina Witt bei ihren Eltern betteln, ehe sie endlich Eiskunstlauf-Unterricht nehmen durfte. Die Sehnsucht war entstanden, weil ihre Kindergarten-Gruppe beim Mittagsspaziergang immer an der Eislaufhalle von Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) vorbeigekommen war. Der Rest ist Sport-Geschichte und mit zwei olympischen Gold-Medaillen gerade mal angekratzt. Witt war ein Weltstar, selbst als die DDR, für die sie startete, diese Welt am liebsten aussperren wollte. Und sie blieb es bis heute. Was trotzdem wohl eher unbekannt ist: Witt wurde geboren in Berlin-Staaken. Wenn dit nüscht is.
Minerva Hase, 25
Ganz so erfolgreich wie Katharina Witt ist Minerva Hase nicht. Aber wer ist das schon? Dafür lebt und trainiert die gebürtige Berlinerin, die sich seit der Saison 2016/17 ausschließlich auf den Paarlauf konzentriert, weiterhin in der Hauptstadt. Und zählt mit ihrem Partner Nikita Volodin längst zur absoluten Weltspitze. Hase ist übrigens mit Alba-Spieler Jonas Mattisseck liiert. Beide besuchten die Sportschule Hohenschönhausen, lernten sich dort einem Geschichtskurs kennen und lieben. Hach.
Claudia Pechstein, 52
Mit allein fünf olympischen Goldmedaillen zählt die Eisschnellläuferin zu den erfolgreichsten Sportlerinnen aller Zeiten. Zudem ist sie die einzige Frau überhaupt, die an acht Olympischen Spielen teilnahm. Dass Pechstein nicht nur in Berlin geboren wurde, sondern immer noch in Berlin lebt und wirkt, dürfte vor allem im Bezirk Treptow-Köpenick bekannt sein.
Dort kandidierte Pechstein 2021 für ein Bundestags-Direktmandat, unterlag allerdings dem Linken-Politiker Gregor Gysi. Dafür ist eine schwarz-rot-goldene Perücke, die Pechsteins Markenzeichen beim Olympiasieg 2002 war, in den Fundus des Bonner Hauses der Geschichte übergegangen. Gysis 2016 getätigte Spende an das Schuhmuseum Weißenfels - Slipper, die er jahrelang im Bundestag trug - kann da nur bedingt mithalten.
Mariama Jamanka, 34
Als Teenagerin begann die gebürtige Berlinerin, die ihr Abitur in Reinickendorf machte, mit Leichtathletik. Auch im Reiten, Cheerleading und Ballett versuchte sich Jamanka. Nur Schnee und Eis waren nie etwas für sie, wie sie einmal zu Protokoll gab: "Ich bin eine kleine Frostbeule und mag es auch gar nicht, wenn es so kalt ist." Nur gut, dass sie sich davon nicht aufhielten ließ. Über den Hilfsjob als Anschieberin wurde sie schließlich Bob-Pilotin. 2018 folgte die Krönung: Olympiasieg im Zweierbob.
Gustav Jaenecke, 1908-1985
Der erste Mann in dieser von Frauen dominierten Liste ließ es nicht bei einer Sportart beruhen. Der Berliner Jaenecke war ein respektabler Tennisspieler, kam an der Seite von Gottfried von Cramm zu einigen Einsätzen im deutschen Davis-Cup-Team. Richtig für Furore sorgte der spätere Bundesverdienstkreuzträger allerdings als Eishockeyspieler. Der "Eiserne Gustav", der auch als "Salonlöwe" galt, führte die deutsche Nationalmannschaft 1932 zu Olympia-Bronze, fand später Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports und galt als einer der besten Eishockey-Spieler der Welt. "Er war seiner Zeit im Eishockey weit voraus", charakterisierte ihn der spätere Bundestrainer Xaver Unsinn einmal.
Sven Felski, 50
Noch ein Berliner Urgestein, das auf dem Eis Karriere machte und zumindest nebenbei gern Tennis spielte. Der immer mal wieder als "Bürgermeister von Hohenschönhausen" bezeichnete Felski mag nicht auf dem Niveau von Jaenecke gewesen sein, dafür füllte er die Geschichtsbücher auf seine Weise. Niemand hat mehr Spiele (1.000) für die Eisbären, immerhin Rekordsieger der Deutschen Eishockey Liga, absolviert als er. Niemand hat mehr Strafminuten kassiert (1.812). In der Kategorie macht ihm sogar ligaweit niemand was vor.
André Hoffmann, 63
Nichts weiter als eine "Sensation" war sein Eisschnelllauf-Olympiasieg über die 1.500 Meter von Calgary. In Weltrekordzeit. Denn Hoffmann hatte in zuvor 13 Wettkampfjahren nicht eine internationale Medaille errungen. Der am 11. August 1963 und damit zwei Tage vor dem Mauerbau geborene Hoffmann startete seine Karriere beim wohlklingenden Verein "BSG Einheit Berliner Bär", begann vor dem Mauerfall ein Jura-Studium an der Humboldt-Universität und wechselte nach der Wende ins Trainerfach. Aktuell ist er Bundestrainer der Junioren.
Tatjana Hüfner, 41
Die erste Frau und Rennrodlerin, der es gelang, fünf Gesamt-Weltcup-Siege in Folge zu erringen. Die Olympiasiegerin von 2010 studierte nebenbei auch noch Praktische Psychologie. Keine Wunder, dass sie vom Faulenzen nicht viel hält: "Ich kann mir nicht vorstellen, zwei Wochen am Strand zu liegen. Ich gehe dann gern klettern", sagte sie einmal. Hüfner hat bereits den Montblanc (2008), das Matterhorn (2009) und den Mönch (2010) sowie die Watzmann-Ostwand bestiegen. Ihre Geburtsstadt Neuruppin liegt übrigens 44 Meter über dem Meeresspiegel.
Kevin Kuske, 46
Noch einer für den Eiskanal. Und das bei 1,96 Meter Körpergröße. Doch als Anschieber im Zweier- und Viererbob und für verschiedene Piloten war der ehemalige Sprinter so gut wie kaum jemand. Mit vier Gold- und zwei Silbermedaillen ist er der erfolgreichste Bobsportler bei Olympischen Winterspielen. Wie einzigartig er ist, zeigt sich schon daran, dass sich für seinen Namen tatsächlich nicht ein einziges, sinnvolles Anagramm finden lässt.
Alvine Holz, 20
Anagramm: Zahl Oliven. Geboren in Berlin-Pankow, startet Holz, die erst mit 14 Jahren zum Skisprung kam, für den WSV 1923 Bad Freienwalde. 2024 wurde sie vom deutschen Ski-Verband zur Juniorensportlerin des Jahres gekürt. Bei der Junioren-WM im Skisprung 2024 holte sie sowohl im Team als auch im Mixed-Team die Bronze-Medaille. Persönliche Bestweite: 132 Meter. Gesprungen bei den deutschen Meisterschaften 2023, die sie damit auch für sich entscheiden konnte.
Sendung: rbb24, 17.01.2025, 22 Uhr