Vorstellung als Union-Trainer Steffen Baumgart - "Ich will nicht in Nostalgie verweilen"
Steffen Baumgart übernimmt als neuer Trainer bei Union Berlin. Vor dem ersten Training mit dem Team hat er über seine Ziele gesprochen, seine Beziehung zum Klub und die ersten Schritte.
Steffen Baumgart ist der neue Chef an der Seitenlinie von Union Berlin. Ein alter Bekannter: Der 52-Jährige spielte während seiner aktiven Karriere zwei Jahre für den Verein und lebt außerdem in Köpenick. Bei seiner Vorstellung sprach er über ...
... seine Verbindung zu Union Berlin
"Mir muss keiner den Verein und die Mitarbeiter vorstellen. Die meisten kenne ich. Ein bisschen Aufregung ist natürlich mit dabei, aber viele Gesichter kenne ich schon sehr lange. Ich freue mich, hier zu sein."
... den Anruf von Horst Heldt, Geschäftsführer Profifußball Männer des 1. FC Union
"Union Berlin stand nicht auf meiner Liste. Ich habe auch ein, zwei andere Gespräche geführt. Da wäre es Anfang Januar weitergegangen. Ich war überrascht, als der Anruf kam aber manche Dinge gehen eben zügig und sind nicht geplant."
... seine Gedanken zum Kader
"Ich finde das schwierig, denn dann geht’s immer gleich darum: Wer muss gehen? Ich finde den Kader sehr gut aufgestellt. Wir sollten mit dem beginnen, was wir haben. Ich will auch mit den Spielern reden. Und dann werden wir sehen. Was erwarten wir? Wir haben einen sehr gut aufgestellten Kader. Ein Kader, der alles hat, um intensiven Fußball zu spielen. Wir hoffen, dass wir schnell in die Spur finden."
... das Risiko, das seine Nähe zu Union mit sich bringt
"Das was Vergangenheit ist, ist das eine. Ich habe hier zwei Jahre gespielt. Ab dann war ich dem Verein in allem immer sehr nahe. Ich habe in Köpenick gewohnt. Aber was bedeutet Risiko? Es kann lange gehen und es kann sehr kurz gehen. Wir sind ja nicht hier, weil wir ein Risiko sehen, sondern wir sehen eine Chance in der ganzen Situation. Ich bin hier, um es wieder zum Laufen zu bringen und habe Vorfreude. Viele positive Gedanken kamen auch erst mit der Entschiedung. Vorher war ich eher skeptisch. Und ich habe die Entscheidung gemeinsam mit meiner Fammilie getroffen. Da ist keiner traurig, dass ich jetzt hier bin."
... die Entscheidung für Union und gegen andere Vereine
"Schauen wir uns mal die Entwicklung an, seit ich nicht mehr hier bin. Der Verein ist gut aufgestellt. Die Ziele und was hier entstehen soll, sprechen dafür, dass es ein gestandener Verein in der Bundesliga ist. Kein Underdog. Es ist der erste Verein, der mich angesprochen hat, der in der Champions League war. Wenn sie dann von so einem Verein angesprochen werden, fällt es schwer, nein zu sagen. Unabhängig von meiner Verbindung zu Köpenick."
... seine Ziele mit der Mannschaft
"Ein Bundesliga-Trainer bei einer Bundesliga-Mannschaft soll Ziele definieren, die anders aussehen, als Spiele gewinnen? Ich will Spiele gewinnen. Ich will guten Fußball spielen. Torchancen erarbeiten, weniger Tore hinten reinkriegen. Hier in dem Stadion, das ich kenne, wo ich privat hingehe. Das Ziel ist es, das Ding hier anzuzünden."
... seine Art von Fußball
"Ich bin bekannt dafür, dass es um Tore schießen geht. Ich hatte nicht immer die beste Defensive, aber gute Offensiven. Dafür stehe ich. Dafür, den Weg nach vorne zu finden. Damit man die Hütte anzündet, weil Tore fallen."
... eine Job-Absage aus der Vergangenenheit, weil er aus dem Osten kommt
"Es fällt uns allen schwer, aber dieses Ost-West wird es immer geben. Es wäre auch schön, wenn wir darüber nachdenken, dass wir eins sind und nicht Ost und West. Für mich ist das nicht mehr ausschlaggebend. Das war eine einmalige Entscheidung. Die, die damals so entschieden haben, wären heute froh gewesen, wenn sie mich geholt hätten."
... die kurze Vorbereitungszeit mit der Mannschaft
"Die Mannschaft ist topfit und gut aufgestellt. Jetzt müssen wir Kleinigkeiten anpassen, dass wir Selbstvertrauen haben und den Weg nach vorne finden, um Spiele gewinnen zu wollen. Wir wissen nicht, ob wir gegen Heidenheim [erstes Spiel der Rückrunde, Anm.d.Red.] schon erfolgreich sind, aber wir wissen, wo wir hin wollen. Das werde ich klar mit den Jungs besprechen. Die Spiele, die ich gesehen habe, waren nicht so schlecht, wie sie dargestellt werden."
... Dreier- oder Viererkette
"Mir ist die Viererkette wichtig. Der Kader gibt viel her, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit könnte es die Viererkette sein."
... seine Zeit als Spieler bei Union
"Als ich zu Union gekommen bin, war Christian Arbeit [heute Pressesprecher, damals Stadionsprecher; Anm.d.Red.] noch in einem anderen Job tätig. Als er gehört hat, dass ich komme, hat er gesagt: 'Scheiße, wieder so ein alter Sack.' Ich wurde mit viel Skepsis geholt. In meinem ersten Spiel gegen Mainz bin ich reingekommen und habe an diesem schönen Häuschen das erste Tackling gemacht. Marco Rose [heute Trainer von RB Leipzig; Anm. der Redaktion] war mein Opfer. Danach stand der ganze Block und dann ist die Liebe entstanden, die nie wieder weggegangen ist."
... die mentale Verfassung der Spieler
"Das passiert im Sport, dass man sieben oder acht Spiele nicht gewinnt. Da gibt es längere Serien. Die Jungs kommen jetzt alle aus dem Urlaub und erwarten einen Neustart mit neuem Trainer. Aber es ist eine erfahrene Mannschaft. Da wird keiner rumzittern. Die Psychologie, die in dieser Mannschaft steckt, lerne ich jetzt kennen. Ich bin kein Psychologe, aber ich kann gut mit den Jungs umgehen und sie dazu bringen, leistungsfähig zu sein."
... seine ersten Amtshandlungen
"Ich freue mich auf Trimmi [Christopher Trimmel; Anm. d. Red.]. Das ist das erste Gespräch - mit dem Kapitän. Ich bin jemand, der viel erzählt, der gerne redet, und so wird sich das ganze entwickeln. Ich werde erstmal die Jungs begrüßen und die Marschrichtung für die nächsten Tage vorgeben."
... Lehren aus seinen letzten Stationen
"Man sollte aus der Vergangenheit immer seine Lehren ziehen. Ich habe eine sehr intensive Zeit beim HSV gehabt. Ich sehe das nicht so negativ, wie es dargestellt wird. Ich habe viel vom HSV mitgenommen, ich habe viel aus Köln und Paderborn [Baumgarts Trainerstationen vor dem HSV; Anm.d.Red.] mitgenommen. Das alles fließt in meine Arbeit bei Union ein. Ich bin mir sicher, dass ich mich entwickelt habe. Wer mich kennt, weiß, dass ich eher in Bewegung bin als mich zuhause hinzusetzen und über irgendwas nachdzudenken. Ich habe viel reflektiert, das hat nichts mit dem HSV zu tun. Und ich hoffe, dass ich viel von dem hier mit einbringen kann."
... Spieler Laszlo Benes, der im Sommer vom HSV zu Union wechselte
"Ich freue mich, mit ihm zu arbeiten. Er ist ein sehr guter Fußballer. Ich hätte ihn gerne in Hamburg behalten. Ich habe ihm auch gesagt, dass der Weg hierher nicht der richtige ist. Jetzt würde ich ihm zustimmen, dass es der richtige Weg ist." (lacht)
... die Erwartungen der Fans
"Das ist nicht so einfach in dem Job. Da ist viel Nostalgie dabei, viel Hoffnung. Und ich hoffe natürlich, dass uns das gelingt. Es geht darum, erfolgreich hier zu sein und nicht in Nostalgie zu verweilen."
... die Arbeit seines Vorgängers
"Bo Svensson hat es geschafft, die zweitbeste Defensive der Liga zu haben. Darauf lässt sich nicht nur aufbauen - das ist das Fundament. Trotzdem wäre es schön, wenn wir die ein oder andere Torchance mehr hätten und das ein oder andere Tor mehr machen. Aber es geht nicht darum, welcher Trainer-Ansatz besser ist."
Sendung: rbb24, 02.01.24, 21:45 Uhr