Zweite Fußball-Bundesliga Herthas zusammengebastelte Defensive erwartet Stresstest in Darmstadt
Vor dem Auswärtsspiel beim Bundesliga-Absteiger SV Darmstadt plagen Hertha BSC riesige Verletzungssorgen. Besonders das Fehlen aller Innenverteidiger dürfte am Samstag (13 Uhr) schwer wiegen. Trainer Cristian Fiél muss basteln.
Fakten zum Spiel
- Hertha BSC hat diese Saison noch kein Auswärtsspiel verloren (drei Siege, zwei Remis)
- Der SV Darmstadt hat in den letzten sechs Ligaspielen dreimal fünf Tore geschossen
- Hertha muss in Südhessen auf gleich acht verletzte oder gesperrte Spieler verzichten
- In der Tabelle trennen Hertha (Platz acht) und Darmstadt (Platz zwölf) vier Punkte
So läuft es sportlich bei Darmstadt 98
So gut, wie lange nicht mehr – sehr lange. "Die letzte Saison war in vielerlei Hinsicht eine Katastrophe", erinnert sich Colin Mahnke, Stadionmoderator der Darmstädter. Nur 17 Punkte und ein Torverhältnis von 30:86 standen zum Saisonende auf der Tabelle. Auf den Aufstieg folgte der direkte Wiederabstieg. Es war ein Ende mit Schrecken, aber kein Ende des Schreckens. Denn von ihren ersten fünf Spielen in der 2. Bundesliga gewannen die Lilien anschließend kein einziges. Mit nur zwei Punkten und drei eigenen Toren stand Darmstadt nach dem fünften Spieltag auf Platz 16.
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Knapp zwei Monate später sieht die Welt vor dem Spiel gegen Hertha BSC schon wieder ganz anders aus. Zum einen, weil seit knapp zwei Monaten Florian Kohfeldt statt Torsten Lieberknecht als Trainer an der Seitenlinie steht. Zum anderen, weil dieser beeindruckend viel sportliche Besserung mit sich gebracht hat. Drei Siege, elf Punkte und 20 geschossene Tore – lautet die starke Bilanz aus den sechs Ligaspielen unter Kohfeldt. "Es ist wieder eine Leichtigkeit zu spüren", sagt Mahnke, "wir können wieder gewinnen, Tore schießen und auch tollen Fußball zeigen."
Zuletzt bewies Darmstadt dies beim 5:1-Kantersieg in Fürth – auch dem 1. FC Köln und Schalke 04 schenkten die Hessen zuletzt fünf Tore ein. Bei aller Leichtigkeit bleiben dennoch kleine Sorgen: "So richtig traut man dem Braten noch nicht", sagt Mahnke.
Auf diese Spieler muss Hertha achten
Vorangegangen ist bei Darmstadt in den vergangenen Wochen allen voran einer: Isac Lidberg. Mit acht Toren ist der Schwede Darmstadts bester Torschütze. "Er ist ein richtiger Allrounder", sagt Mahnke und erklärt: "Er zeigt einen krassen Einsatz und macht viele fleißige Läufe nach hinten. Vorne kann er sich sowohl physisch als auch technisch durchsetzen – er geht ins Eins-gegen-Eins, aber taucht auch mal auf dem Flügel auf."
Aber auch andere Darmstädter steigerten sich im neuen, von Kohfeldt auf eine Viererkette umgestellte System. Lidbergs französischer Sturmpartner Killian Corredor beispielsweise, oder die Mittelfeldmänner Philipp Förster und Fabian Nürnberger. Sie alle setzten Kohfeldts Spielidee von dominantem, druckvollem Offensivfußball zuletzt sehr gut um.
Das bewegt die Fans von Darmstadt 98
Außerdem herrscht in Darmstadt – bei aller Freude über den Umschwung unter Kohfeldt – auch knapp zwei Monate nach dem Trainerwechsel weiter Wehmut. Schließlich genoss Kohfeldts Vorgänger Lieberknecht – aller sportlichen Schwierigkeiten zum Trotz – als Aufstiegstrainer von 2023 bei den Fans große Beliebtheit. "Wir haben einen Riesenerfolg mit ihm gefeiert", erklärt Mahnke, "und er ist ein Typ, den es im Fußball nicht so oft gibt: ehrlich, emotional, authentisch und dem Verein verschrieben."
Zwar hätte sich das Gros der Darmstädter durchaus über die Verpflichtung des oft hochgelobten Kohfeldt gefreut, die Enttäuschung über den Abschied von Lieberknecht blieb dennoch. "Das wäre auch so, wenn Pep Guardiola oder sonst wer sein Nachfolger gewesen wäre", sagt Mahnke.
Das sagen die Trainer
Florian Kohfeldt (Darmstadt 98): Hertha hat eine hohe individuelle Qualität. Speziell Cuisance und Maza haben beide nichts mit der zweiten Liga zu tun. Sie haben viel Tempo auf den Flügeln und mit Niederlechner und Schuler zwei unterschiedliche Stürmertypen. Wir müssen auf jeden Fall verhindern, dass sie ihre individuelle Qualität ins Spiel bringen.
Cristian Fiél (Hertha BSC): Es ist eine herausfordernde Zeit, aber kein Grund, Alarm zu schlagen. Wir haben noch genug Jungs, auch wenn sie vielleicht lange keine Minuten bekommen haben oder auf einer Position, die sie nicht kennen, auflaufen müssen. Da gilt es, etwas zu basteln. Es hängt von uns ab, wie schwierig es wird. Wenn wir den Ball hatten und dominant waren, lief es oft gut.
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So könnte Hertha spielen
"Ich bin ein bisschen enttäuscht", fügte Herthas Trainer am Donnerstag auf der Pressekonferenz noch hinzu, "ich hatte gedacht, jemand stellt die Frage, ob ich selbst spielen könnte." Ob mit oder ohne eigenen Einsatz, Fiél dürfte am Samstag ordentlich ins Schwitzen geraten, wenn es darum geht, gleich acht verletzte bzw. gesperrte Schützlinge zu ersetzen.
Allen voran in der Berliner Defensive klafft eine riesige Lücke: Mit Toni Leistner, Linus Gechter, Marton Dardai und John Brooks fehlt Herthas gesamte Innenverteidigung. Auch im defensiven Mittelfeld herrscht Personalnot. Trainer Fiel muss also zwangsläufig rotieren – und steht dabei vor einer unliebsamen Wahl: Stellt er Aushilfsinnenverteidiger Pascal Klemens dem fehleranfälligen Andreas Bouchalakis an die Seite? Oder verhilft er einem Talent aus Herthas U23 zu dessen Bundesliga- und Startelfdebüt? Sebastian Weiland und Peter Matiebel wären hier die geeignetsten Kandidaten.
Herthas mögliche Startelf: Ernst – Zeefuik, Bouchalakis, Klemens, Kenny – Maza, Sessa, Cuisance – Scherhant, Niederlechner, Thorsteinsson
Die Prognose
Der Tipp des Gegner-Experten: "Auch wenn wir letzte Saison in der Bundesliga gespielt haben, ist Hertha nochmal ein anderes Kaliber. Was da für ein Kader auf uns zukommt, ist schon krass. Aber wir sind offensiv gerade so gut im Rollen, dass wir mit breiter Brust in das Spiel gehen und am Ende mit 3:1 gewinnen."
Der Redaktionstipp: Wenngleich sich Darmstadt Herthas dünne Defensive gut zunutze macht, hält die Auswärtsserie der in der Fremde noch ungeschlagenen Berliner bei einem 2:2-Unentschieden.
Sendung: rbb DER TAG, 07.11.2024, 18 Uhr