Deutschland Tour Kritik - Zu wenige Continental Teams?
Mit Bike Aid und Lotto Kern-Haus PSD Bank sind nur zwei deutsche Continental Teams bei der Deutschland Tour am Start. Daran gibt es Kritik. Das Rampenlicht wissen sie dennoch zu nutzen.
Der Tag begann hektisch für das deutsche Bike-Aid-Team, denn fast wäre es zu spät zum Einschreiben gekommen. Und das kann teuer werden, bis zu 500 Schweizer Franken Strafe berechnet der Weltradsportverband UCI pro verspätetem Fahrer – für ein drittklassiges Continental Team eine Menge Geld.
Der restliche Tag konnte sich für Bike Aid dagegen sehen lassen. Lange hielt Dawit Yemane in der Spitzengruppe mit, am Ende sicherte sich der Fahrer aus Eritrea sogar das Bergtrikot. Den Tagessieg holte sich dagegen wieder Lidl-Trek, dieses Mal in Person von Mads Pedersen, der sich damit auch in der Gesamtwertung auf den ersten Platz setzte.
Für fünf Tage im Rampenlicht
Bike Aid ist eines von zwei nationalen Continental Teams, die zur Deutschland Tour eingeladen wurden und somit die Möglichkeit bekommen, sich in diesen fünf Tagen zumindest einmal kurz das Rampenlicht mit den großen Teams zu teilen. Für Vinzent Dorn ist es nach 2023 bereits die zweite Teilnahme an Deutschlands größtem Etappenrennen, mit dem 22. Gesamtplatz feierte er damals einen Achtungserfolg.
Im Vergleich zum vergangenen Jahr kann Dorn die Deutschland Tour entspannter angehen, erzählt er: "Die Abläufe sind alle nicht mehr neu. Außerdem kenne ich jetzt auch mehr Leute im Peloton, mit denen man sich mal unterhalten kann und von denen ich jetzt auch weiß, wie die ticken." Gleichzeitig setze man sich dadurch aber vielleicht auch mehr unter Druck.
Das Ziel lautet Spitzengruppe
Joshua Huppertz fährt für das andere deutsche Continental Team im Feld, nämlich für Lotto Kern-Haus PSD Bank. Der 29-Jährige ist quasi schon ein alter Hase bei der Deutschland Tour, fünfmal nahm er schon teil. Doch in diesem Jahr feierte Huppertz seine bisher beste Platzierung, auf der ersten Etappe wurde er Zehnter und hielt sich auf der Zielgeraden am Hinterrad von Top-Sprinter Jonathan Milan. Sein Teamkollege Nick Bangert führte zudem lange die Ausreißergruppe an.
"Gegen diese Fahrer unter die besten zehn zu kommen, hat für uns als kleines Team eine besonders große Bedeutung", so Huppertz gegenüber der Sportschau. "Wenn wir es jetzt noch ein paar Mal in die Spitzengruppe schaffen, haben wir unser Soll mehr als erfüllt." Dass die Teilnahme seines Teams an der Deutschland Tour etwas ganz Besonderes ist, merkt man auch an anderen Dingen: es sind mehr Mitarbeiter und Autos dabei. Und auch die Sponsoren lassen sich einen Besuch an der Strecke nicht nehmen.
Kritik an Auswahl der Teams
Dass von den 20 Teams im Gegensatz zu den vergangenen Jahren nur zwei deutsche Continental Teams am Start sind, sorgt allerdings für Kritik. Besonders für die kleinen Teams sei die Deutschland Tour überlebenswichtig, so Huppertz. Bike Aids Teammanager Matthias Schnapka, der auch bei der Sportschau als Experte tätig ist, wird da deutlicher. "Die Deutschland Tour ist das größte Rennen hierzulande, wir haben neun Continental Teams und die gehören meiner Meinung nach alle hierher, denn wir sind die Basis des deutschen Radsports."
Auch Florian Monreal bedauert die Abwesenheit seiner Kollegen, zeigt jedoch Verständnis für die Entscheidung. "Natürlich wäre es wichtig, wenn wir alle am Start stehen würden, aber die Veranstalter wollen das Rennen so hochwertig wie möglich besetzen", so der Teamleiter von Lotto Kern-Haus PSD Bank. Das beste Beispiel sei das Team Lidl-Trek, welches mit der Bestbesetzung zur Deutschland Tour anreiste – auch weil es sich den Hauptsponsor mit dem Rennen teilt. "Die sind wie Real Madrid aufgestellt und die Crème de la Crème für das diesjährige Etappenprofil", sagt Monreal. Darauf würden halt das Fernsehen und die Sponsoren achten.
Verständnis für Kritik
Wie bei jedem anderen Rennen auch wurden zuerst die WorldTeams, also die erste Liga im Profi-Radsport, eingeladen, erklärt Matthias Pietsch, Geschäftsführer der Deutschland Tour. Anschließend fragte man bei den zweitklassigen ProTeams an, die man sich gut bei der Deutschland Tour vorstellen konnte.
Im Endeffekt blieben nur drei Plätze für die deutschen Continental Teams übrig. Einer davon wurde schließlich an das Nationalteam um Simon Geschke verteilt. Die Kritik könne Pietsch verstehen, allerdings sagt er auch: "Natürlich sind die anderen Teams enttäuscht. Aber wir bieten jungen Fahrern jedes Jahr die Möglichkeit, sich mit den großen Namen messen zu können. Dieses Jahr war eben nur Platz für zwei Teams."
Lust auf mehr ist geweckt
Joshua Huppertz und Vinzent Dorn sind übrigens zusammen ins Ziel gekommen, Rang 55 sowie 56 sprangen am Ende heraus. Huppertz ist dank seines Top-Ten-Ergebnisses nun besonders motiviert. "Hätte mir jemand vorher gesagt, dass ich bei der Deutschland Tour unter den besten zehn lande, hätte ich das sofort genommen. Aber wo ich jetzt gesehen habe, dass ich mitfahren kann, will ich mehr", kündigt der Aachener an.
Das will auch Dorn. Er freut sich besonders auf die morgige Etappe, erwartet er doch Familie und Freunde an der Strecke. "Ich bin einen Teil der Strecke schon oft gefahren. Außerdem endet sie mit Villingen-Schwenningen nahe meiner Heimat Freiburg. Da wird die Stimmung für mich am schönsten sein", so Dorn, der auf den letzten beiden Renntagen auf ein gutes Ergebnis schielt. Und außerdem gibt es ja auch ein Bergtrikot, welches es zu verteidigen gilt.