Deutschland Tour Geschkes Abschied in einem besonderen Team
Bald ist sie vorbei, die große Karriere von Simon Geschke. Doch bevor es soweit ist, tritt er noch ein letztes Mal bei der Deutschland Tour an – in einem Team, das zwar zusammengewürfelt ist, aber trotzdem Ambitionen hat.
Sie sind sich alles andere als fremd, haben schon etliche Rennen gegeneinander bestritten. Aber in dieser Konstellation sind sie als Team noch nie zusammen gefahren: die Nationalmannschaft um Simon Geschke, Roger Kluge und Co., die als eigenständiges Team neben den ganzen anderen Profi-Equipes wie Red Bull-Bora-hansgrohe oder Ineos Grenadiers bei der Deutschland Tour an den Start geht.
Neben Geschke und Kluge sind noch erfahrene Fahrer wie Max Walscheid, Miguel Heidemann sowie Johannes Adamietz Teil des Teams, Nachwuchstalent Tobias Müller komplettiert das Aufgebot des deutschen Radsportverbands BDR. "Das macht den Mix aus. Wir haben hier Fahrer aus der WorldTour, aber auch aus dem Amateurbereich", so Walscheid gegenüber der Sportschau.
Deutschland-Tour: Start ist eine Herzensangelegenheit
Eigentlich fährt Walscheid für das australische WorldTour-Team Jayco AIula, dieses verzichtete jedoch auf eine Teilnahme an der Deutschland Tour. Und da er nicht der einzige deutsche Fahrer mit diesem Schicksal ist, geht der BDR einfach mit einer nationalen Auswahl an den Start. 2021 sowie 2022 war dies schon einmal der Fall.
Als Notlösung empfindet Walscheid das allerdings nicht. "Für die Nationalmannschaft zu fahren, ist schon eine emotionalere Angelegenheit. Ein bisschen leidenschaftlicher. Wir sind nicht im Auftrag eines Arbeitgebers, der uns bezahlt, hier, sondern freiwillig", meint der 31-jährige Sprinter. Unorganisierter seien die Abläufe – vor allem im Vergleich mit einem Profi-Team – aber schon. "Das Team ist zusammengewürfelt, aber dennoch können wir mit unseren Fahrern sehr professionell arbeiten."
Geschkes letzte Deutschland Tour
Vor allem für Simon Geschke stellt der Start in der Nationalmannschaft etwas Besonderes dar, ist es doch seine letzte Deutschland Tour, an der er als Aktiver teilnimmt. Zum Ende der Saison wird der 38-Jährige seine Karriere beenden. Umso motivierter sei er gewesen, als die Anfrage vom BDR kam. "Die Deutschland Tour ist immer etwas Spezielles, weil es einfach das einzige Rennen seiner Art in Deutschland ist. Ich werde es schon vermissen", gibt Geschke zu.
Simon Geschke
Für die Zeit nach dem Karriereende sei noch nicht viel geplant – die Freizeit genießen, abtrainieren sowie ausgedehnt Zeit mit der Familie verbringen. Immerhin wird Geschke bald Vater.
Und so langsam dämmert es dem Bergspezialisten, dass die Schinderei bald ein Ende hat. "Wenn man zur Ruhe kommt, wird einem schon bewusst, dass die nächsten Wochen anders werden." Am liebsten würde Geschke im Radsport bleiben, die Position eines sportlichen Direktors schließe er aufgrund des großen Reiseaufwands aber erst einmal aus.
Als Jüngster von den Großen lernen
Zur Ruhe zu kommen, dürfte sich in den nächsten Tagen sowieso schwierig gestalten. Insgesamt vier Etappen über knapp 745 Kilometer stehen auf dem Programm. Den drei Kilometer langen Prolog brachten die Fahrer bereits in Schweinfurt hinter sich. Tobias Müller, mit 20 Jahren der Jüngste in der Nationalmannschaft, landete bei seiner Tour-Premiere auf dem 59. Platz – noch vor Geschke.
"Ich bin dankbar, dass ich in so einem starken Team mit WorldTour-Profis fahren darf. Da werde ich jeden Moment aufsaugen und so viel mitnehmen, wie es geht", so der Fahrer des deutschen Continental-Teams Rad-Net Oßwald.
Beim Essen frage Müller schon einmal nach, wie es so läuft in der Profiwelt. "Bei der ganzen Erfahrung, die da am Tisch sitzt, wäre es ja schade, wenn diese verloren geht", bemerkt der Sprinter grinsend. Für ihn gehe es darum, zu lernen und sich den Profi-Teams zu präsentieren. "Ich sehe mich da ein bisschen auch als Schüler."
Vordere Platzierungen erwünscht
Und Geschke ist wie alle anderen Fahrer der deutschen Auswahl gerne bereit, seine Erfahrungen weiterzugeben. Etwas reißen will das Team bei Deutschlands größter Rundfahrt aber auch. "Wir wollen ein attraktives Rennen zeigen. Die Etappen sind zwar sehr anspruchsvoll, aber vielleicht schaffen wir es, ein oder zweimal vorne hineinzufahren", hofft Walscheid, der im vergangenen Jahr WM-Dritter in der Mixed-Staffel auf der Straße wurde und sich das Zimmer bei der Deutschland Tour mit Geschke teilt.
Das könnte er selbst sein. Aber auch Roger Kluge, der erst vor wenigen Tagen von den olympischen Bahnrad-Wettbewerben aus Paris zurückkehrte, sowie Miguel Heidemann könnten als Sprinter vordere Platzierungen rausholen. In den Bergen setzt das Team indes auf Geschke oder Johannes Adamietz.
Mehr Genuss als die Tour de France
Insbesondere die Königsetappe von Schwäbisch-Gmünd nach Villingen-Schwenningen könnte etwas für den Kletterer Geschke sein. Hohe Erwartungen an sich selbst hat er aber nicht. Dafür waren der Giro d‘Italia im Mai sowie die Tour de France im Juli zu kräftezehrend. "Für mich dient das Rennen mehr zum Aufbau. Ständig in Topform zu sein, ist körperlich einfach nicht möglich. Trotzdem hoffe ich, dass es besser läuft als gedacht", gibt Geschke zu bedenken.
Genießen können wird der Wahl-Freiburger, der 2022 neun Tage lang das Bergtrikot bei der Tour de France trug, die Deutschland Tour dennoch. "Das geht schon. Sie ist nicht so schwer wie die Tour de France, wo man zwischendurch so leidet, dass es nicht immer Spaß macht." Und es ist ja auch das letzte Mal.