Paralympics 2024 in Paris Deutsches Rollstuhl-Rugby-Team - Gekommen, um die Großen zu ärgern
Erstmals seit 2008 hat sich wieder ein deutsches Rollstuhl-Rugby-Team für die Paralympics qualifiziert. Als Außenseiter wollen die Deutschen für Überraschungen sorgen.
Für Moritz Brückner ist es "emotional einfach das Größte und Krasseste, was man erreichen kann." Für Josco Wilke ist bereits "ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen." Und Marco Herbst sagt: "Es wird ganz groß werden, für uns alle ein Riesenerlebnis."
Brückner, Wilke und Haupt gehören dem deutschen Rollstuhl-Rugby-Team an. Erstmals nach 16 Jahren sind die Deutschen wieder bei den Paralympics dabei.
Erstes Spiel am Donnerstag - "Sind die Underdogs"
Am Donnerstag (29. August 2024, ab 19.30 Uhr) beginnt für das Team von Bundestrainer Christoph Werner in der Champ-de-Mars-Arena das große Abenteuer. Erster Gegner ist der zweimalige Paralympics-Bronzemedaillengewinner Japan. Außerdem müssen die Deutschen gegen die USA und Kanada ran.
Der deutsche Rollstuhlrugby Spieler Marco Herbst (r.)
Die USA sind mit sechs Paralympics-Medaillen bei bisher sechs Rugby-Paralympics die erfolgreichste Nation der Geschichte. Kanada gilt als Mutterland des Rollstuhl-Rugby. "Wir sind die Underdogs in der Gruppe", sagt Wilke. Die Deutschen sind als Weltranglisten-Neunter deutlich hinter den USA (2.), Japan (3.) und Kanada (5.) platziert.
Kapitän Herbst: Mini-Chance auf Bronze
Dennoch freute sich Bundestrainer Werner direkt nach der Auslosung: "Ich bin begeistert. Drei Gegner mit Weltklasseformat, gegen die wir klarer Außenseiter sind." Außenseiter ja, aber nicht ohne Chance. "Wir wollen überraschen und zeigen, was wir können", verspricht Wilke.
Und Kapitän Herbst betont: "Wir haben eine gute Chance, den einen oder anderen der ganz Großen zu ärgern." Mit etwas Glück habe sein Team im Feld der besten acht Teams der Welt die Chance, "zu zeigen, dass wir vielleicht auch um eine Bronzemedaille mitspielen können."
Rollstuhlrugby wird als Mixed gespielt
Als zwölfköpfiges Team sind die Deutschen nach Paris gefahren, unter anderem mit dem 53-jährigen Routinier Christian Riedel, dem 21-jährigen Top-Talent Mascha Mosel, dem 35-jährigen Team-Leader Marco Herbst oder dem bereits sechsfachen EM-Teilnehmer Jens Sauerbier. Neben Mosel gehört mit der 47-jährigen Britta Kripke eine weitere Frau zur deutschen Auswahl. Rollstuhl-Rugby wird als Mixed-Team gespielt.
Kein Körperkontakt, aber viel Action
Ein Zuschauermagnet ist die Sportart seit ihrer Paralympics-Aufnahme im Jahr 2000. Dynamisch und rustikal geht es dabei zur Sache. Immer wieder knallen die Rollstühle gegeneinander. "Körperkontakt ist nicht erlaubt. Wir dürfen uns aber mit den Stühlen rammen", sagt Wilke: "Man hat 40 Sekunden Zeit für ein Tor. Man muss alle 10 Sekunden dribbeln und in 20 Sekunden über der Mittellinie sein. Gespielt wird 4 x 8 Minuten."
Nach der Vorrunde warten Halbfinale oder Platzierungsspiele
Um die große Überraschung zu schaffen und ins Halbfinale einzuziehen, müssen die Deutschen mindestens Zweiter ihrer Vorrundengruppe A werden. Andernfalls geht es direkt in die Platzierungsspiele der Plätze fünf bis sieben.
Auch Vorrundengruppe B ist stark besetzt, neben dem Weltmeister und Weltranglistenersten aus Australien sowie Großbritannien, immerhin Paralympics-Sieger von 2021, spielen dort auch Europameister Frankreich und der EM-Dritte Dänemark.
Kommt der Rasierer wieder zum Einsatz?
Bei der letzten deutschen Paralympics-Teilnahme 2008 war Bundestrainer Christoph Werner noch als Spieler dabei. Im März diesen Jahres, als sich sein Team beim Qualiturnier in Neuseeland das letzte Paralympics-Ticket sicherte, kam bei ihm der Rasierapparat zum Einsatz. Werner bejubelte mit Glatze einen "Traum, der gerade wahrgeworden ist."
Ab Donnerstag soll die nächste Phase des Traums eingeleitet werden. Internationale Medaillen haben bisher nur Werner (2 x EM-Silber) und Riedel (1 x EM-Bronze). Bei einer deutschen Paralympics-Sensation könnte es dem Kopfhaar von Werner erneut an den Kragen gehen.