3x3-Basketball in Paris Svenja Brunckhorst - erst Olympia, dann Basketball-Managerin
Svenja Brunckhorst hat das 3x3- und das Hallen-Basketball-Team je erstmals zu Olympia geführt, dort will sie ihre Karriere nun beenden. Starten darf sie nach einem Verbandswunsch aber nur in einer Disziplin, in der sie jetzt unter anderem die großen USA besiegte.
Manchmal kann ein kleiner Stups für eine Wucht sorgen, mit der eine Mannschaft ein verloren geglaubtes Spiel dreht. Es steckt vielleicht ein wenig Psychologie darin, aber Svenja Brunckhorst erinnerte sich am Dienstagabend daran. Die Führungsspielerin befand sich mit ihren 3x3-Basketballerinnen gerade mitten in ihrem ersten Spiel bei Olympischen Sommerspielen.
Premiere bei Olympia - und das auch noch gegen die Tokio-2021-Olympiasieger aus den USA, nicht alle haben schon vor solch einem Publikum gespielt. Klar, dass da Nervosität aufkommt. Drei Minuten warteten die Deutschen nun schon auf ihren ersten Korb, es stand 0:5, "keiner in der Arena hat gedacht, dass wir mit einem Sieg nach Hause gehen", erinnert sich Brunckhorst. Da nahm sie eine Auszeit, um den Lauf der Gegnerinnen zu stoppen.
3x3-Sensation: DBB-Auswahl schlägt USA
Sie versammelte ihre Teamkolleginnen um sich: "Sie hat einfach gesagt, dass wir atmen sollen", erinnert sich Elisa Mevius. Brunckhorst präzisierte: "Ich habe gesagt, dass wir alle mal durchatmen müssen und dass wir uns auf unsere Stärken konzentrieren müssen. Das kann passieren, das ist beim 3x3 so, dass der Start nicht funktioniert. [...] Ich habe allen in die Augen geschaut. Die erste Nervosität ist da ein bisschen abgefallen."
Der Kniff funktionierte, am Ende schlug das DBB-Team die USA 17:13 - erstes Olympia-Spiel, erster Sieg. "Unglaublich. Besser geht es gar nicht für uns. Dann auch noch gegen den Haupt-Titelfavoriten", sagte Brunckhorst. "Wo USA im Basketball draufsteht, ist immer Show geboten. Wir haben gesagt, wir sind der Underdog, wir haben nichts zu verlieren und wir gehen einfach raus. Und wie so oft vermiesen wir den Mannschaften die Show."
Über Jahre am Stützpunkt für diese Momente trainiert
Die 32-jährige Brunckhorst ist neben der gleichaltrigen Sonja Greinacher die Erfahrenste in der jungen Olympia-Sportart. Dazu kommen noch Marie Reichert, 23, und Mevius, 20, im Paris-Team. Über Jahre haben die Bundeswehr-Athletinnen Brunckhorst und Greinacher am Leistungsstützpunkt Hannover für diese Momente trainiert, sie haben sich die abschlussintensive Sportart mit Turnieren auf der ganzen Welt angeeignet.
So hat der DBB eine ganz schlagkräftige Mannschaft bilden können, die nach der Niederlage gegen Australien am Mittwoch tags darauf mit weiteren Siegen gegen Kanada und Aserbaidschan erneut aufhorchen ließen. Im Kampf um den Einzug in die K.o.-Runde haben die Deutschen beste Karten.
Spielgestalterin Brunckhorst streut die feinen Pässe vor den Korb ein
"Einiges" habe sich das Team nun vorgenommen, sagt Brunckhorst, die auf dem Feld viel dirigiert, sich Zwei-Punkte-Würfe von außerhalb ("Dreier" im Hallenbasketball) nimmt, aber die meiste Zeit eben diese feinen Pässe direkt vor den Korb einstreut, die andere nur noch per Korbleger verwerten müssen. Sie ist die Spielgestalterin, ihre Übersicht hilft den jungen Kolleginnen. Schaut man etwas genauer hin, merkt man: Sie freut sich über ihre Assists mehr als über die Körbe. Und - siehe Auszeit - sie hat ein Gespür dafür, was ihr Team braucht, kommuniziert sehr viel.
Auch neben dem Platz äußert sie sich als Anführerin des Teams - und unmissverständlich. "Es ist nicht nur 'Dabei sein ist alles alles'. Definitiv nicht. Wir sind hierhergekommen und wussten, dass vielleicht nicht viele auf uns setzen. Aber wir wissen um unsere Stärken."
Brunckhorst musste sich zwischen 3x3 und Basketball entscheiden
Brunckhorst will es der Welt und Basketball-Deutschland noch einmal zeigen - aus zweierlei Gründen. Noch vor zwei Wochen sprach sie verärgert dem Verband gegenüber. "Unser Plan war bis vor Kurzem, an beiden Wettbewerben teilzunehmen", sagte die 32-Jährige dem "Tagesspiegel" über sich und Greinacher vor Paris - also Basketball und 3x3-Basketball, die Straßenvariante auf einen Korb.
Brunckhorst war schließlich Kapitänin der Basketball-Nationalmannschaft bei der Qualifikation in Brasilien - sie hat zwei Mannschaften zu Olympia geführt. "Doch dann hat der DBB dem Ganzen einen Riegel vorgeschoben."
Brunckhorst in Paris: "Das Thema ist abgeschlossen"
Beide Sportlerinnen hatten sich mit beiden Teams für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert. Am Ende entschieden sie sich nun für 3x3, wo sie noch wichtigere Rollen einnehmen, eine schwere Entscheidung, betonten sie. Die Basketball-Kolleginnen feuern die beiden nun aus dem Olympischen Dorf an - "das Thema ist abgeschlossen", sagt Brunckhorst.
Klarer Fokus - jetzt ist Olympia, jetzt zählt nur noch der Sport. Und in dem eben die Ergebnisse: "Ich bin jetzt froh hier zu sein. Ich gucke natürlich der Mannschaft zu. Sie haben einen historischen Sieg (gegen Belgien) geschafft, wir haben einen historischen Sieg geschafft. Besser geht's gar nicht."
Olympia, dann Managerin: Brunckhorst will Frauen-Basketball voranbringen
Und der zweite Grund? Hängt mit ihrer Entscheidung zusammen, auch da überrascht sie etwas: "Das ist mein letztes Turnier. Meine aktive Karriere ist danach vorbei." Das ist nicht üblich für Sportlerinnen in ihrem Alter und als aktuell prägende Spielerin. Brunckhorst hat sich aber auch in ihrer neuen Rolle ganz der weiteren Förderung des deutschen Frauen-Basketballs verschrieben. Sie arbeitet "von der anderen Seite" aus, beim deutschen Meister Alba Berlin als Managerin für Frauen- und Mädchenbasketball.
"Wir brauchen genau diesen Startschuss (mit zwei Olympia-Teams), diese mediale Aufmerksamkeit, um zu zeigen, dass wir Basketballer in Deutschland echt gute Mädels hier haben und dass so viel Talent hinterherkommt", sagt Brunckhorst. Schon mehr in der Managerinnen- als der Spielerinnen-Rolle. "Und wir haben in zwei Jahren die Fünf-gegen-Fünf Weltmeisterschaft in Berlin. Das ist für mich ein perfekter Startschuss, nach Berlin zu gehen und da was aufzubauen."
Davor will sie die Aussage bei Olympia erst einmal aber noch untermauern und zeigen, dass nicht nur im Männer-Basketball "einiges" möglich ist, sondern auch bei den Frauen. Und bei denen sogar auf zwei verschiedenen Basketball-Courts.