BMX-Rampen am Place de la Concorde vor historischer Kulisse
Reportage

Olympia 2024 in Paris Place de la Concorde - die Jugend und das Herz der Spiele

Stand: 31.07.2024 09:23 Uhr

Die jugendlichen und urbanen olympischen Sportarten Skateboard, Breaking, BMX und 3x3-Basketball finden auf der altehrwürdigen Place de la Concorde ihre Aufführung. Ein Ortsbesuch samt kleinem Wunder.

Und dann gab es an der altehrwürdigen Place de la Concorde sogar noch ein kleines Wunder. Die deutschen 3x3-Basketballerinnen traten da in der Hitze des Dienstagnachmittags (30.7.2024) zu ihrem ersten olympischen Spiel überhaupt an. Olympia-Eröffnungsspiel bei 35 Grad Celsius gegen den turmhohen Favoriten USA, Olympiasieger von 2021 in Tokio.

Die Arena auf dem Platz war prall gefüllt mit feiernden und schwitzenden Fans, von draußen schauten auch noch Hunderte Menschen mit deutschen Fahnen in den Händen und auf den Wangen beim Spektakel zu, es steckte eine besondere Magie in diesem Moment. Der Stadionsprecher schrie zwei Minuten vor dem Ende auf Englisch: "Kommt, deutsche Anhänger, feuert eure Mannschaft noch einmal an."

Das hätte er in diesem Moment wirklich nicht tun müssen - "eine mega Kulisse", hatte die Basketballerin Svenja Brunckhorst schon vorher erlebt. 17:13 gewann sie mit den DBB-Frauen völlig überraschend trotz 0:5-Rückstands zu Beginn. Vor strahlenden Kinderaugen, aber auch jubelnden Mamas, Papas, Omas und Opas. Und in dieser Sensation schwang diese eine Frage mit: Wo kommt nur diese Magie her?

Ganz im Sinne von Pierre de Coubertin

Der Baron Pierre de Coubertin, der 1894 das Internationale Olympische Komitee (IOC) gründete und die Olympischen Spiele wiederbelebte, hatte seine Vorstellung von diesen sportlichen Wettkämpfen. Als "Treffen der Jugend der Welt" sollten sie dem sportlichen Vergleich und der Völkerverständigung dienen.

Nach vier Wettkampftagen lässt sich feststellen: Nirgends trifft diese Losung bei diesen Sommerspielen so sehr zu wie auf dem altehrwürdigen Platz der Eintracht, auf dem einst Frankreichs König Ludwig XVI. und seine Gattin Marie-Antoinette enthauptet wurden.

"Die größte Show der Welt", brüllt der Stadionsprecher

Tiefe Bässe empfangen einen an den Arenen, neben 3x3-Basketball finden auch noch Skateboard, BMX sowie die Breaking-Wettbewerbe hier statt, alles jugendlich und urban. So soll es hier zugehen, so das Versprechen. "Die größte Show der Welt", nannte der Stadionsprecher die BMX-Qualifikation.

Und ein wenig sprach er dabei auch für "La Concorde", wie die Veranstalter die Sportstätten-Combo tauften. Schon um 12 Uhr legt hier der erste DJ auf - ein Kollege beendet die Mixtapes dann erst um 23 Uhr. Wenn wo ein Stück Freiheit zu bemerken ist, wenn wo Party gefeiert wird bei diesen Spielen der Sicherheit, dann hier. Wo das Durchschnittsalter jünger und der Eintritt erschwinglich ist.

Zuschauer können auch von außen reinlugen

Mit 24 Euro hat man sich ein Ticket für den Platz gesichert, 25.000 Menschen dürfen maximal drauf. Mit einem intelligenten System: Verlässt ein Zuschauer den Platz, wird ein neues Ticket in Echtzeit freigeschaltet. Will man zu Entscheidungen in die Arenen, muss man sich noch ein zusätzliches Ticket kaufen.

Es komme daher schon vor, dass Zuschauer deshalb ins Stadion wollen, aber nicht reingelassen werden, erzählt ein Ordner. Aber - er deutet auf die Freifläche vorm Basketball-Court: Alle Zuschauer auf dem Platz können auch von außen reinlugen in die Stadien und Parks, richtige Trauben bilden sich dann an den Absperrungen. Bei Trainingssessions dürfen sie auch kostenfrei in die Arenen - Olympia soll hier für die breite Bevölkerung erlebbar sein.

"La Concorde" - das Herz der Spiele

Gut, und andere Orte dieser Spiele in der schönen Stadt Paris sind zudem fast schon übertrieben schnieke, dieser Ort ist dagegen etwas staubiger, in die Metro geht's für alle mit dreckigen Schuhen. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Das liegt natürlich an den staubigeren Wegen in den Tuilerien, aber auch daran, dass hier mal ein Eis oder ein Kaffee zu Boden fällt, viel mehr Gewusel und Geschnacke ist. Es kommen hier über den Tag halt auch mehr Menschen zusammen als in den gediegenen Hallen, sprechen und spielen miteinander.

Wenn man sich also fragt, wo das Herz dieser Spiele schlägt, dann muss man am Ende auf "La Concorde" deuten. Klar, da gibt es den Beachvolleyball-Court vorm Eiffelturm, das funkelnde Roland Garros oder das Stade de France als Rugby-Hexenkessel und Leichtathletik-Heimat. Aber die Place de la Concorde, das ist das wahre Herz. Nicht nur weil der Platz geographisch auch im Herzen der Stadt Paris verortet ist, direkt an der Seine, auch die olympische Flamme brennt ums Eck. Es ist einfach - das haben sie sich so ausgedacht in Paris - der Mittelpunkt der Spiele. Anlaufpunkt für alle.

Breaking-Vorführungen auf dem Platz, Kinder werfen Körbe

Mit sieben Hektar Fläche ist er auch der größte Platz der Stadt. An ihm trifft sich Tradition mit Moderne, Alt mit Jung. Zwischen den Stadien bieten die Veranstalter auch untertags Shows und Breaking-Vorführungen an, die unversehens starten, in kein strenges Olympia-Protokoll gezwängt. Da ist die Gruppe um Pippo und Matteo: insgesamt vier Jungs, alle weiße Shirts und schwarze Hosen, die mit einer Lautsprecherbox unterwegs sind. Und dann halt so loslegen mit ihren Breakdance-Einlagen.

Schnell gruppieren sich etwa 200 Zuschauende außenrum. Von 75 Jahren bis ein paar Monaten ist alles mit dabei, fast alle klatschen sie mit, Kinder bekommen große Augen und holen ihre Papas in den Kreis. Nur wenige Meter hinter ihnen kreischen und raunen schon wieder andere wegen der fetten BMX-Stunts - die Räder fliegen nur so durch die Luft.

Auf der anderen Seite wiederum werfen Kids auf Basketball-Körbe an einer Mitmachstation. "A toi de jouer" - your turn to play" ist die Devise, das gilt auch beim Tanzen. Und nebendran feuern die Eltern an oder sie werfen auch mal. Wieder andere nutzen die Tribünen an diesem heißen Tag, um etwas Schatten abzubekommen.

Ein Polizist versucht sich am Skateboard - und scheitert

Bei den Skateboard-Entscheidungen wiederum jubeln Teenager über Olympia-Medaillen direkt vor den offenen Mündern Gleichaltriger. Was einen Polizisten auf dem Concorde-Platz dazu brachte, sich auch am Sportgerät zu versuchen - unter Gelächter, aber auch Applaus scheiterte er.

Nach ein paar Minuten Breakdance ziehen Pippo und Matteo einige Meter weiter und beginnen ihre Show von Neuem. Hier ist eine ganz andere Geschwindigkeit zu spüren, alles dreht sich schneller.

Der Zulauf am Ort dürfte auch dem IOC gefallen

Bei Olympia ist diese Umsetzung der Pariser neu. Ein wenig haben sie sich das Konzept vielleicht vom Münchner Königsplatz bei den European Championships 2022 abgeschaut, auch der mitten in der Stadt. Dort wurden damals Beachvolleyball und Klettern zum Party-Hotspot, die Jugendlichen feierten in der Sonne oberkörperfrei.

Das gute Wetter half damals den Münchnern. Und das gute Wetter hilft auch den Parisern, die diesen Ort natürlich nicht ohne Hintergedanken kreiert haben. Solche Sportstätten wie diese mit jugendlichem Zulauf braucht das IOC. Denn Kinder sieht man an den anderen olympischen Orten in und um Paris nur wenige.

Hier um den Obelisken und an den Fontaines des Mers und bei den Fontaines des Fleuves - also an den Springbrunnen, an denen das Wasser aus einigen goldenen Fischmäulern sprudelt - ist ihr Revier. Hier zocken sie und schauen ihren jungen Idolen zu. Das "Treffen der Jugend der Welt" am Concorde, es ist vermutlich ganz im Sinne des gebürtigen Parisers Baron Pierre de Coubertin.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Olympia 2024 | 31.07.2024 | 07:35 Uhr