Thomas Weikert Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, spricht bei der DOSB-Mitgliederversammlung.

"Wir kneifen nicht" DOSB will Olympia - und Geld aus Berlin

Stand: 02.12.2023 14:22 Uhr

Der DOSB kann in Sachen Olympia-Bewerbung den nächsten Schritt gehen. Auch Innenministerin Nancy Faeser gab ein Bekenntnis zu einer deutschen Olympia-Bewerbung ab. Die Finanzierung bleibt jedoch weiterhin unklar. Beim Thema Russland gehen die Meinungen ebenfalls auseinander.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) kann den nächsten Schritt zu einer möglichen Olympia-Bewerbung mit deutlichem Rückenwind in Angriff nehmen. Die Delegierten der 20. DOSB-Mitgliederversammlung am Samstag erteilten dem Dachverband grünes Licht für das Erstellen eines Feinkonzepts, das in der zweiten Jahreshälfte 2024 der Öffentlichkeit präsentiert werden soll.

DOSB-Präsident Thomas Weikert sprach in seiner Rede von einem "Auftrag, den unser Land gut gebrauchen kann". Der 62-Jährige ergänzte: "Wenn wir Deutsche es nicht machen, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die anderen es machen. Wir gehen Olympia oder Paralympics in Deutschland an. Ob Sommer oder Winter: Wir kneifen nicht."

Bundesinnenministerin Faeser für Olympia-Bewerbung

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat ein Bekenntnis zu einer deutschen Olympia-Bewerbung gegeben. "Olympische Spiele geben uns die Chance, uns als weltoffenes, modernes Deutschland zu präsentieren und das Wir-Gefühl zu stärken", sagte die SPD-Politikerin am Samstag auf der Mitgliederversammlung des DOSB.

Innenministerin Faeser bekennt sich zu Olympia-Bewerbung

Sportschau

Es sei keine leichte Aufgabe in dieser Zeit angesichts von Kriegen und Wirtschaftskrise. "Warum jetzt auch Olympia? Ich sage dazu ja", betonte Faeser. "Wir wollen eine starke und glaubwürdige Bewerbung und werden den DOSB dabei unterstützen." Der Bund wolle den eingeschlagenen Weg weitergehen und gemeinsam einer deutschen Bewerbung Gestalt geben, "um Olympische und Paralympische Spiele für den Sport in Deutschland zu nutzen", sagte die 53-Jährige.

Finanzierung der Olympia-Bewerbung weiterhin unklar

Die Erwartung, dass sich die für den Sport zuständige Ministerin auch zur weiteren Finanzierung des Olympia-Großprojektes mit Ziel einer Bewerbung für die Sommerspiele 2036 oder 2040 äußerst, blieben unerfüllt. Der Prozess für eine Bewerbung hatte zuletzt einen Dämpfer erhalten, weil der Bund vorerst wegen der Haushaltssperre keine finanziellen Zusagen machen kann.

Thomas Weikert hält Rede bei der DOSB-Mitgliederversammlung

Thomas Weikert

Das kritisierte auch DOSB-Präsident Weikert, der im Rahmen seiner Rede die Bundesregierung in die Pflicht nahm und mit Bezugnahme auf den Koalitionsvertrag "ein klares Bekenntnis" durch verbindliche finanzielle Zusagen forderte: "Worte allein reichen auf Dauer nicht. Es müssen auch Taten folgen, denn nur wenn der Sport und auch die Bundespolitik frühzeitig das gemeinsame und glaubhafte Signal aussenden, ja wir wollen Olympische und Paralympische Spiele nach Deutschland holen, haben wir eine Chance, die Bevölkerung zu überzeugen."

Enttäuschung über Faesers DOSB-Rede

Gegenüber der Sportschau konterte Faeser. "Wir haben uns zu der Fortführung des Diaglogprozesses bekannt, das umfasst auch die finanzielle Verantwortung. Wir werden also den weiteren Prozess zur Olympia-Bewerbung sehr positiv mitbebegleiten", sagte die Bundesinnenministerin nach ihrer Rede. Davon nicht beeindruckt zeigte sich Stefan Klett, Präsident des Landessportbunds Nordrhein-Westfalen. Er kritisierte die Rede von Nancy Faeser scharf.

Stefan Klett kritisiert die DOSB-Rede von Nancy Faeser

Sportschau

"Ein absolut enttäuschender Auftritt. Die Bundesinnenministerin hat es verpasst, den Bundeskanzler und die Regierung eindeutig an die Spitze der Olympia-Bewerbung zu stellen. Stattdessen wird nur davon geredet, dass man irgendwie den DOSB unterstützt," so Klett gegenüber der Sportschau. Seiner Meinung nach würde sich die Bundesregierung mit Blick auf die Absichtserklärung nicht an ihre eigenen Worte halten.

"Es werden viele Worte getätigt, denen aber anschließend keine Taten folgen. Das erleben wir an vielen Stellen, wo es um den gemeinnützig organisierten Sport geht. In Sonntagsreden wird man ermuntert und gelobt, aber wenn es hart um hart geht, ist die Unterstützung nicht da."

Weikert verteidigt Autonomie des Sports

Anderer Meinung sind die Vertreter des Sports und der Politik auch beim Umgang mit russischen und belarusischen Athleten und Athletinnen. DOSB-Präsident Weikert vertraut auf die Autonomie sowie die völkerverbindende Eigenschaft des Sports. Man müsse akzeptieren, dass diese Sportler als individuelle neutrale Athleten an den Start gehen dürften, wie der DOSB in einem Positionspapier von Anfang November 2023 erklärt hatte.

DOSB-Präsident Thomas Weikert

DOSB-Präsident Thomas Weikert

"Wenn sich Deutschland als einziges Land dagegen sperren würde, dass Russen und Belarussen unter neutraler Flagge antreten, gäbe es keine internationalen Sportereignisse in unserem Land", so Weikert bei seiner Rede. Die Politik solle sich nicht über die Belange des Sports hinwegsetzen.

Faeser mit klarer Haltung gegenüber Russland

Nancy Faeser würde dagegen Sportlern aus Russland und Belarus wegen des Krieges in der Ukraine die Einreise verweigern. "Für mich stehen die ukrainischen Athleten und Athletinnen im Vordergrund und es muss immer gewährleistet sein, dass sie den vollen Schutz genießen", so die Bundesinnenministerin gegenüber der Sportschau.

Man sollte zwar nicht die russischen und belarusischen Sportler benachteiligen, die nichts für den Krieg könnten. "Aber ich erwarte von ihnen zumindest ein klares Bekenntnis gegen den Krieg." Als Bundesregierung hätten sie eine klare Haltung und von der würden sie auch nicht abweichen.

Kontroverser Antrag zurückgezogen

Ein weiteres kontroverses Thema verschwand am Freitagabend noch von der Tagesordnung: Das ehrenamtliche DOSB-Präsidium um Weikert zog einen Antrag auf "angemessene pauschale Aufwandsentschädigungen für Mitglieder des Präsidiums" kurz vor der Mitgliederversammlung zurück. Der Antrag war im Vorfeld kontrovers diskutiert worden.

Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, verabschiedet Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach ihrer Rede bei der DOSB-Mitgliederversammlung.

Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, verabschiedet Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach ihrer Rede bei der DOSB-Mitgliederversammlung.

Weikert, im Hauptberuf Rechtsanwalt, war nach Angaben des DOSB in diesem Jahr an mehr als 150 Tagen für den Dachverband tätig und stand seiner Kanzlei in Limburg in dieser Zeit nicht zur Verfügung. "Wir ziehen den Antrag zurück, aber die Debatte muss weitergehen", sagte Weikert. An diesem Samstag waren dem DOSB-Präsidium jedoch die Geschlossenheit des organisierten Sports und das Signal nach Berlin wichtigere Anliegen.

Reform der Spitzensportförderung beschlossen

Dagegen wurde die Reform der Spitzensportförderung und -steuerung auf den Weg gebracht. Das dafür entwickelte Konzept mit einer unabhängigen Sportagentur und einem Sportfördergesetz wurde verabschiedet und soll nun in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Bereits im kommenden Jahr beginnt die Umsetzung der Reform, mit der etwas gegen die seit Jahren sinkende Medaillen-Ausbeute bei Olympischen Spielen getan werden soll.