Geplante Satzungsänderung DOSB-Spitze will Bezahlung für ehrenamtliches Präsidium
Bei der Mitgliederversammlung am 2. Dezember plant der DOSB eine Satzungsänderung. Die soll es ermöglichen, dem DOSB-Präsidium Aufwandsentschädigungen zu zahlen. Das sorgt im Vorfeld für Diskussionen.
Trainer und Platzwarte, Vereinsvorstände, Abteilungsleiter und Kassenprüfer, der organisierte Sport in Deutschland basiert auf dem Ehrenamt. Und auch auf oberster Ebene, an der DOSB-Spitze um den Präsidenten Thomas Weikert, sind Ehrenamtler unentgeltlich am Werk. Das könnte sich bald ändern: Bei der anstehenden Mitgliederversammlung des DOSB am 2. Dezember sieht der Tagesordnungspunkt 16 der Beschlussvorlage eine Satzungsänderung vor, die es ermöglichen soll, dass künftig "angemessene pauschale Aufwandsentschädigungen für Mitglieder des Präsidiums gezahlt werden."
Was bedeutet "angemessen"?
Mit anderen Worten: Die Mitglieder des Präsidiums wollen für ihre ehrenamtliche Tätigkeit künftig bezahlt werden. Begründet wird der Beschlussantrag für die Mitgliederversammlung damit, dass Präsidiumsmitglieder "im angemessenen Rahmen für entgangene berufliche Erträge entschädigt werden" können. DOSB-Präsident Weikert etwa ist Anwalt, Vizepräsidentin Kerstin Holze Ärztin.
Der Vorstoß der DOSB-Spitze sorgt schon im Vorfeld für Diskussionen. Er halte nicht viel von dem Antrag, erklärte Martin Engelhardt, der Präsident der Deutschen Triathlon Union, dem Deutschlandfunk. Vor allem stelle sich die Frage, was in diesem Zusammenhang "angemessen" bedeute. "Es gibt sehr unterschiedliche Gerüchte. Die einen sagen, es geht um 2.500 Euro im Monat pro Person, der andere sagt zwischen 5.000 und 6.000 Euro, der andere sagt 8.000 Euro. Das halte ich für ehrlich gesagt nicht angemessen", so Engelhardt weiter.
Grundsatz der Gemeinnützigkeit
Wie hoch die geplante Aufwandsentschädigung ausfallen soll, ist noch nicht klar. Es gebe naturgemäß viele Gerüchte, erklärte DOSB-Vizepräsidentin Holze im Deutschlandfunk, aber das DOSB-Präsidium entscheide weder über die Höhe noch über einen Rahmen. Beides soll dann eine Ad-hoc-Kommission, bestehend aus "fachkundigen Personen, die von den Mitgliedsorganisationen vorgeschlagen werden", festlegen.
Wie der "angemessene Rahmen" am Ende aussehen könnte, hänge von verschiedenen Faktoren ab, sagt Franz-Martin Schäfer, Leiter der juristischen Beratung bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE). "Salopp gesagt: Wir sind nicht bei 'Wünsch Dir was', sondern es muss sich aus dem Grundsatz der Gemeinnützigkeit herleiten lassen. Gemeinnützigkeit ist ein sehr hohes Gut", so Schäfer. Das bedeute, dass keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden dürfe.
Grundsätzlich erlaubt der Gesetzgeber eine steuerfreie Ehrenamtspauschale von 840 Euro im Jahr. Höhere Entschädigungen sind möglich, dann aber steuer- und sozialversicherungspflichtig. Es ist davon auszugehen, dass die Pauschalen des DOSB-Präsidiums die 840-Euro-Grenze knacken werden. "Beim DOSB sind ja Leute mit Rang und Namen. Also insofern sind da schon größere Summen im Spiel", sagt Professor Frank Daumann von der Uni Jena, der sich mit Qualitätsmanagement in Sportorganisationen beschäftigt.
Die Faktoren, die bei der Berechnung einer Aufwandsentschädigung eine Rolle spielen, seien die Größe des Verbandes, wie umfangreich der Zeitaufwand der einzelnen Präsidiumsmitglieder sei, wie viel Einarbeitungszeit notwendig sei, um Themen fachgerecht nach außen zu repräsentieren und ob ein hauptamtlicher Apparat gewisse Aufgabe übernimmt, erklärt DSEE-Jurist Schäfer.
Beim DOSB gibt es einen hauptamtlichen Vorstand, der derzeit aus fünf Personen besteht und für das operative Geschäft zuständig ist. Das zehnköpfige DOSB-Präsidium beaufsichtigt die Arbeit des Vorstandes und ist für die strategische Ausrichtung des Dachverbandes und des deutschen Sports zuständig. "Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die Präsidiumsarbeit ein Stück weit ändert", sagt Schäfer, "dass eine gewisse Anspruchshaltung des Vereins und der Mitglieder gegenüber den Personen, die eine Vergütung bekommen, die Folge sein kann. Also mehr Verbindlichkeit eingefordert wird."
Das Geld fehlt an anderen Stellen
Wie sinnvoll die Zahlung von Ehrenämtern grundsätzlich ist, darüber wird kontrovers diskutiert. "Wichtig ist, dass man sich bewusst ist, welche Chancen und Risiken es birgt", sagt Schäfer. Gegen die Vergütung spricht aus Schäfers Sicht vor allem ein Hauptargument: "Wenn ich Zahlungen an meine bisher ehrenamtlich tätigen Präsidiumsmitglieder leiste, steht dieses Geld, was ich da ausgebe, nicht mehr gemeinnützigen Zwecken zur Verfügung."
Franz-Martin Schäfer von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt
Bei den von Engelhardt kolportierten Summen pro Monat und einem zehn Personen starken Präsidium stünden demnach jährliche Ausgaben zwischen 120.000 und 960.000 Euro für die geplante Aufwandsentschädigung im Raum. Gleichzeitig klagt der DOSB seit Jahren darüber, dem Sport in Deutschland fehle Geld. Eine wesentliche Grundlage in der Finanzierung des DOSB sind die Mitgliedsbeiträge. Diese sollen zum 1. Januar 2025 erhöht werden, so sieht es ein weiterer Tagesordnungspunkt für die anstehende Mitgliederversammlung vor. Demnach soll in Zukunft jeder Fachverband anstatt neun Cent pro Mitglied vierzehn Cent an den DOSB zahlen.
DOSB argumentiert mit Zugangserleichterungen
Der DOSB argumentiert, dass durch die Aufwandsentschädigung mehr Menschen das Tor geöffnet wird, sich ehrenamtlich zu engagieren. Auf Sportschau-Anfrage teilt der Dachverband mit, dass "Menschen unabhängig ihres Alters oder ihres beruflichen und finanziellen Backgrounds die Chance haben sollten, sich für ein so verantwortungsvolles und ressourcenintensives Ehrenamt im DOSB zu engagieren."
Doch ob eine Vergütung sich tatsächlich auf die Zusammensetzung des DOSB-Präsidiums auswirkt und dadurch die vom DOSB gewünschte "Expertise unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure" abgebildet werden kann, wird sich frühestens in zwei Jahren zeigen können. Denn der Beschlussantrag kommt zur Hälfte der Legislaturperiode des DOSB-Präsidiums. Zur Wahl angetreten sind Weikert und Co. unter der Prämisse der unentgeltlichen Ehrenamtlichkeit.
So bleiben vor der Mitgliederversammlung des DOSB am 2. Dezember viele Dinge ungeklärt. Die Frage ist nun, ob die Satzungsänderung dort einfach abgenickt wird oder nicht doch noch Diskussionsbedarf besteht. Darüber, ob sich das Präsidium seine Tätigkeit künftig bezahlen lässt.