Handball-Champions-League Hansens Karriereende bleibt vorerst unvergoldet
Es war Mikkel Hansens letzte Chance. Alles hat der dänische Superstar in seiner Karriere gewonnen, außer den Champions-League-Titel. In einem dramatischen Finale gegen den FC Barcelona platzt der Traum von der perfekten Titelsammlung.
Es sind Zentimeter, die Mikkel Hansens Karriereende hätten vergolden können. Es steht 30:31 gegen den FC Barcelona im Finale der Champions League. Der dänische Superstar steht an der Neun-Meter-Linie. Die reguläre Spielzeit ist abgelaufen, der direkte Freiwurf könnte seinen Klub Aalborg Handball in die Verlängerung retten. Acht Tore hat der Rückraumspieler in diesem Finale bereits erzielt.
Hansen holt aus, wirft - und trifft die Latte. Wenige Zentimeter und der Ball wäre im Tor gelandet. Das Spiel ist vorbei, der Titel verloren. Mit hängenden Schultern geht er über das Spielfeld, sein Blick ist leer. Währenddessen fallen sich die Spieler des FC Barcelona am Sonntag (09.06.2024) in der Kölnarena jubelnd in die Arme.
"Ich bin natürlich sehr enttäuscht", sagt er nach dem Spiel, "aber ich bin auch stolz. Stolz darauf, was für einen Weg ich gegangen bin. Stolz, auf die vielen fantastischen Momente, die ich im Handball erleben durfte." Das Finale war der letzte Auftritt des Superstars im Vereinshandball. Mit 36 Jahren ist Schluss.
Goldjunge Hansen
Mikkel Hansen hat alles gewonnen, was man gewinnen kann: Er ist Olympiasieger (2016), Europameister (2012), dreifacher Weltmeister (2019, 2021, 2023) mit der Nationalmannschaft. Bei allen drei Großereignissen war er Rekordtorschütze. Bei sieben Turniere wurde er als wertvollster Spieler ausgezeichnet.
Mikkel Hansen beim WM-Sieg 2019. Insgesamt wurde drei Mal Weltmeister, einmal Europmeister und einmal Olympiasieger.
Mit dem Verein ist Hansen vierfacher dänischer Meister, neunfacher französischer Meister, fünffacher französischer Pokalsieger und zweifacher spanischer Pokalsieger. 2011, 2015 und 2018 wurde er zum Welthandballer gekürt. Nur in der "Königsklasse" hat es eben nie zum großen Wurf gereicht.
Kein Glück in Köln
Seit 2010 wird die Finalrunde in der Champions League in Köln ausgespielt. Schon bei der ersten Auflage des Final Fours war Mikkel Hansen dabei. Damals im Trikot des FC Barcelona. "Enttäuschungen, viele Enttäuschungen", das sind Mikkel Hansens Erinnerung an Köln. Acht Mal war er beim Final Four dabei, nicht ein einziges Mal konnte er gewinnen.
Bei der Premiere unterlag er mit Barcelona in einem dramatischen Finale gegen Kiel, mit AG Kopenhagen landete er 2012 auf Platz drei. Mit Paris-Saint-Germain nahm er fünfmal am Finalwochenende teil, scheiterte viermal im Halbfinale, einmal im Finale. "Es würde mir alles bedeuten, den fehlenden Titel noch zu gewinnen", hatte er vor seinem letzten Final Four gesagt. Mit der diesjährigen Finalniederlage ist der Traum von der perfekten Titelsammlung endgültig geplatzt.
"Aufhören bevor es peinlich wird"
Trotzdem. "Ich bin glücklich, dass ich es genießen durfte, so lange Handball zu spielen. Ich bin aber auch stolz darauf, dass ich die Entscheidung getroffen habe, aufzuhören - und das zu einem noch relativ hohen Niveau und nicht weiterzuspielen, bis es ein bisschen peinlich wird", sagte Hansen mit einem Lächeln.
Lange Haare und Stirnband: Das Markenzeichen des dänischen Handballstars.
Hinter dem Rückraumspieler liegt nicht nur eine beeindruckende Karriere, sondern auch schwierige Zeiten. Im Frühjahr 2022 wurde bei Hansen nach einer Knie-Operation ein Blutgerinnsel diagnostiziert, er fiel monatelang wegen einer Lungenembolie aus. Im Februar 2023 ließ er sich wegen mentaler Probleme sechs Monate krankschreiben. Die Rückkehr nach der Krankheit, der Medienrummel um seinen Wechsel von Paris nach Aalborg und die Weltmeisterschaft im Januar hatten ihren Tribut gefordert.
Letzter Auftritt in Paris
Nun stehen Mikkel Hansen ruhigere Zeiten bevor. "Ich freue mich auf mein neues Leben und mehr Zeit mit den Kindern und der Familie", so der Vater von zwei Söhnen, die ihn nach dem Spiel fest umklammerten und ihm während den Interviews für das dänische Fernsehen nicht von der Seite wichen.
Sofort beginnt das neue Leben für Mikkel Hansen jedoch nicht. Im Sommer wird er mit der dänischen Nationalmannschaft noch an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen. "Das war bereits in meinem Kopf, als ich Barca feiern gesehen habe", so Hansen. Vielleicht bekommt er dort mit einem zweiten Olympiasieg einen goldenen Karriereabschluss.