Kaum Pause beim Handball Der Preis des Olympia-Sommers
Nur zwanzig Tage nach dem Olympiafinale stehen die Handballer beim Supercup wieder auf der Platte. Für die deutschen Nationalspielerinnen wie Antje Döll sind es 25 Tage seit dem Viertelfinal-Aus in Paris. Wenig Zeit zur Regeneration und Saisonvorbereitung.
Bennet Wiegert saß nach dem Spiel mit ernster Miene in der Pressekonferenz und schüttelte den Kopf, die Arme vor sich verschränkt. "Das ist nicht gut", sagte der Magdeburger Trainer. Sein SCM hatte gerade den Supercup gegen die Füchse Berlin verloren, aber davon sprach er in diesem Moment nicht: Nur zwanzig Tage liegen zwischen dem Olympiafinale in Paris und dem Supercup, dem Saisonauftakt der Handball-Bundesliga.
Kaum Zeit zur Regeneration, kaum Zeit zur Saisonvorbereitung mit dem Verein. "Ich weiß, in welchen Termin-Zwängen die HBL ist, aber es kann auch niemand erwarten, dass ich das gut finden soll", so Wiegert.
Körperliche und mentale Herausforderung
Auch beim Sieger des Abends, den Füchsen Berlin, hätte man sich mehr Zeit gewünscht. "Nach jedem Turnier ist es schwer zurückzukommen, aber jetzt nach Olympia noch mal mehr", sagte Mathias Gidsel, Olympiasieger mit Dänemark nach dem Spiel, "die Energie und der Rhythmus sind nicht hundertprozentig da. Es wird eine lange Saison werden für alle Olympia-Teilnehmer. Ich freue mich jetzt schon, wenn wir nächsten Sommer Urlaub haben."
Auch sein Trainer Jaron Siewert merkt das seinem Starspieler an: "Das ist ein emotionaler Höhepunkt, den man dann auch erstmal verarbeiten muss. Und das geht nicht in zwei Wochen. Das braucht mehr Zeit." Drei Spieler aus dem Berliner Kader haben an den Olympischen Spielen teilgenommen, zwei kamen mit Gold zurück. Beim SCM waren es sogar neun Paris-Fahrer. Nicht alle davon kehrten gesund wieder zurück. Rechtsaußen Tim Hornke und Rückraumspieler Felix Claar fallen verletzungsbedingt längerfristig aus. Weitere Spieler, wie Daniel Pettersson, sind angeschlagen.
Enttäuschung verarbeiten
"Die Jungs haben zu kämpfen", stimmt Wiegert Siewert zu, "vielleicht mental mehr als körperlich." Damit umzugehen, dafür brauche es Fingerspitzengefühl bei den Bundesliga-Trainern. "Wir reden nicht nur von Goldmedaillengewinnern", betont der SCM-Coach. "Ich habe Leute im Kader, die sind mit Ambitionen nach Paris gefahren und wurden enttäuscht. Dem muss man Platz geben." Nicht alle hätten die Chance, in vier Jahren erneut an Olympia teilzunehmen.
Auch von den Handballerinnen hörte man im Rahmen des Supercup ähnliches. Vor dem Spiel der Männer kämpften die Frauen im Saisonauftakt-Event um den Titel. Den deutschen Nationalspielerinnen steckte da Paris auch noch in den Knochen - und den Köpfen.
"Olympia war schon toll, aber ich hätte es mir - aufgrund der sportlichen Leistung - noch toller gewünscht", so Antje Döll, "das hat es schon schwer gemacht, mental wieder in die neue Saison zu starten." 25 Tage lagen zwischen dem Viertelfinal-Aus mit dem DHB-Team in Paris und dem Supercup, bei dem sich Dölls HB Ludwigsburg gegen den TuS Metzingen durchsetzte.
Nicht eingespielt
Trotz Supercup-Titel zum Saisonauftakt: für Döll nur ein holpriger Start. "Wir hatten nicht viele Trainingseinheiten zusammen, man sieht, dass es noch nicht ganz stimmig ist", so die 35-Jährige. Neun Neuzugänge musste Ludwigsburg Trainer Jakob Vestergaard in kürzester Zeit integrieren.
"Er hat so viel ins Trainingslager gepackt wie möglich und direkt versucht, alle Informationen zu geben. Das ist natürlich sehr viel für die Mädels." Viel Input, und das nach dem körperlich und mental zehrenden Olympia-Sommer. "Ich hoffe, dass uns das nicht das Genick bricht und wir schnell zueinander finden", so Döll.