Super-Mama Fraser-Pryce oder Überflieger Duplantis Stars und Hingucker der Leichtathletik-WM in Budapest
Überflieger Mondo Duplantis, Super-Mama Shelly-Ann Fraser-Pryce oder auch Ungarns Gold-Hoffnung und Bayern-München-Fan Bence Halász: Das sind die Stars und Hingucker der Leichtathletik-WM und ihre Geschichten.
Armand "Mondo" Duplantis - Goldene Flugshow garantiert
Die Frage, wer mit dem WM-Titel nach Hause reist, stellt sich eigentlich nicht. Armand Duplantis fliegt auch in diesem Jahr mit einer derartigen Leichtigkeit in schwindelerregende Höhen, dass alles außer Gold für den schwedischen Ausnahmeathleten eine echte Sensation wäre.
Das Ziel für Budapest lautet daher natürlich auch: Weltrekord. Bei seinem ersten WM-Titel im Vorjahr in Eugene hatte er seine eigene Bestmarke auf 6,21 m verbessert. Ein Jahr später steht diese bereits bei 6,22 m. Er selbst, wer sonst, hatte sie im Februar weiter nach oben geschraubt. Im Finale am zweiten Samstag (26.08.2023, 19.25 Uhr, live bei sportschau.de) ist die Flugshow garantiert.
Super-Mama Shelly-Ann Fraser-Pryce - "Pocket Rocket" jagt Usain Bolt
Stell dir vor, du läufst für den Kind bei einem Elternwettkampf in der Schule mit und neben dir steht auf einmal "Pocket Rocket". Jamaikas Sprint-Legende Shelly-Ann Fraser-Pryce ließ es sich Ende Juni nicht nehmen, für ihren Sohn Zyon an die Startlinie zu treten. "Jeder Punkt zählt!", schrieb die dreimalige Olympiasiegerin und zehnmalige Weltmeisterin bei Facebook, nachdem sie den anderen Müttern natürlich nicht den Hauch einer Chance gelassen hatte.
Die gerade mal 1,52 m große "Taschenrakete" will in Budapest ihre stattliche Medaillensammlung weiter ausbauen. Auch wenn die Konkurrenz groß ist, nicht zuletzt aus dem eigenen Land mit Shericka Jackson und Elaine Thompson-Herah. Um Usain Bolt in der ewigen WM-Bestenliste zu überholen, fehlt der 36-Jährigen nur noch eine Plakette. Ob ihr das gelingt, und mit welch' schrillen Haarfarben sie von Tag zu Tag in Budapest antritt, sind spannende Fragen. Die schnellste Mama der Welt wird Antworten liefern.
Fred Kerley - "Wenn ich das schaffen kann, können sie das auch"
Von ganz unten, nach ganz oben: Fred Kerley ist eine Erfolgsgeschichte, wie sie die Amerikaner lieben. Der Vater im Gefängnis, die Mutter auf der falschen Bahn, wuchs Kerley bei seiner Tante in Texas auf - mit zwölf anderen Kindern in einem Zimmer. Angetrieben davon, diesen "schwierigen" Verhältnissen zu entfliehen, legte er eine herausragende Leichtathletik-Karriere hin, die ihn 2022 bei der WM in Eugene auf den Sprint-Thron führte.
Die Titelverteidigung ist das Ziel, aber Kerley ist in diesem Jahr mit 9,88 Sekunden bislang nur die Nummer drei. Die Augen und Kameras werden trotzdem auf den 28-Jährigen gerichtet sein, bei dem die Botschaft an die Kids aus schwierigen Verhältnissen immer mitsprintet: "Wenn ich das schaffen kann, können sie das auch."
Noah Lyles - Weltrekord mit Ankündigung?
Sprinter hauen nicht nur schnelle Zeiten raus, sondern gerne auch markige Sprüche. 200-m-Champion Noah Lyles macht da keine Ausnahme. "Ich werde 9,65 Sekunden und 19,10 Sekunden rennen", schrieb der US-Amerikaner auf Instagram. Also die zweitbeste Zeit der Geschichte über 100 m und Weltrekord über 200 m. Trommeln gehört zum Sprint-Geschäft.
Lässt Lyles seinen Ansagen Taten folgen, würde sein Doppelstart in Budapest zweifelsohne ein denkwürdiger sein. Doch auch wenn ihm "nur" der WM-Titel über die 200 m und damit der Hattrick gelingen würde, wäre die Reise nach Ungarn eine sehr erfolgreiche für den Trainingspartner von Gina Lückenkemper. Es würde ihm die Möglichkeit geben, in zwei Jahren in Tokio mit Usain Bolt gleichzuziehen: Der Jamaikaner triumphierte zwischen 2009 und 2015 viermal bei Weltmeisterschaften über die halbe Stadionrunde.
Sha'Carri Richardson - Schillernde Sprinterin will endlich eine Medaille
Sha'Carri Richardson gilt bereits seit zwei Jahren als US-Goldhoffnung im Sprint und ist eine schillernde Athletin. 2021 wurde sie allerdings von den Olympischen Spielen in Tokio 2021 ausgeschlossen, nachdem sie positiv auf Marihuana getestet worden war. Dann musste sie ihre Hoffnungen auf eine Medaille bei den Weltmeisterschaften im vergangenen Jahr begraben, als sie bei den US-Trials durchfiel. Die Geschichte dahinter gleicht einer persönlichen Achterbahnfahrt.
In Budapest soll für die 23-Jährige nun endlich der internationale Medaillen-Durchbruch her. Die Form stimmt auf jeden Fall. Nur Jamaikas Vize-Weltmeisterin Shericka Jackson (10,65) ist in diesem Jahr schneller als Richardson (10,71) gelaufen.
Sifan Hassan: 1.500, 5.000 und 10.000 m? "Ja, gerne!"
Der Mensch wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben. Für Sifan Hassan können selbige bei Leichtathletik-Großevents gar nicht groß genug sein. Nach dem Triple-Start bei den Olympischen Spielen 2021 stellt sich die Niederländerin äthiopischer Herkunft auch bei der WM in Budapest über 1.500, 5.000 und 10.000 m an die Startlinie. "Ich will sehen, ob ich es noch einmal schaffen kann", sagt die 30-Jährige.
Die Herausforderung, drei Distanzen zu laufen, erfüllt mich.
In Tokio gelang ihr das schon "recht gut": Gold über 5.000 und 10.000 m sowie Bronze über 1.500 m holte Hassan und war damit die erste Athletin, die drei Medaillen bei gleichen Spielen über diese drei Distanzen gewinnen konnte.
In Budapest könnte sie wieder Leichtathletik-Geschichte schreiben. Ihr Triple-Start-Programm fällt unter die Kategorie "sportlich": Am ersten Samstag (19.08.2023) steht vormittags die erste Runde über 1.500 m (ab 13.15 Uhr) an, bevor es am Abend über 10.000 m (20.55 Uhr) bereits um den ersten Titel geht. Sonntag (Halbfinals 1.500 m ab 17.05 Uhr) und Dienstag (Finale 1.500 m um 21.30 Uhr) könnte der zweite Streich folgen, ehe es an die 5.000 m geht: 1. Runde am Mittwoch (11.10 Uhr), Finale am zweiten Samstag (20.50 Uhr).
Karsten Warholm - Nur durch "elfte Hürde" zu stoppen
Klimaschützer legen als Zeichen des Protests gerne den Straßenverkehr oder auch Flughäfen lahm. Seit dem Diomand-League-Meeting in Stockholm Anfang Juli stehen auch 400-m-Hürden-Rennen auf der Liste. Zehn Meter vor der Ziellinie bauten sich Aktivisten mit einem Banner auf und bildeten so quasi "eine elfte Hürde", wie es der Franzose Wilfried Happio ausdrückte.
Weltrekordler und Olympiasieger Karsten Warholm, der auf Bahn acht nicht durchs Banner jagen musste, reagierte da schon gereizter und sprach von einem "unmöglichen Verhalten" der Demonstranten: "Sie hindern Athleten an der Arbeit, die sich monatelang auf diese Rennen vorbereiten. Das ist schlechter Stil."
In Budapest könnte Warholm wohl auch nur eine elfte Hürde stoppen. Nach der Enttäuschung von Eugene, als der Norweger gebeutelt von Verletzungen im Finale leer ausging, hat der zweimalige Champion (2017, 2019) sein Gaspedal wiedergefunden. Drückt er voll durch, dürfte es Gold werden.
Bence Halász - Ungarns Hoffnung mit Bayern-München-Liebe
Ungarn darf zum ersten Mal die Welttitelkämpfe ausrichten. Freiluft-WM-Gold durften die ungarischen Fans noch nie bejubeln. Hammerwerfer Bence Halász ist wohl die größte Hoffnung für das Gastgeberland auf einen Platz ganz oben auf dem Podium. Das Potenzial ist auf jeden Fall da. WM-Bronze 2019 in Doha und EM-Silber im vergangenen Jahr in München: Der 26-Jährige spielt schon länger im Konzert der großen Jungs mit den schweren Hämmern vorne mit.
Die vergangene Europameisterschaft nutzte der Ungar übrigens, um sich einen ganz persönlichen Traum zu erfüllen. Im Olympiastadion fiel Halász nicht durch seinen 80,92-m-Silberwurf, sondern auch mit einem Plakat auf, das er nach dem Triumph präsentierte: "Thomas Müller - Bitte gib mir dein Trikot!" war darauf zu lesen. Dem Profifußballer des FC Bayern München blieb die Bitte des Vize-Europemeisters nicht verborgen. Müller kontaktierte Halász bei Instagram und schickte dem Ungarn ein signiertes Jersey.
"Ein Traum wird wahr! Vielleicht ist es ein genauso berauschendes Gefühl wie damals, als ich bei den Europameisterschaften in München die Silbermedaille gewann!", schrieb Halász auf Instagram und veröffentlichte die Bilder des Müller-Trikots. Holt der Hammerwerfer in seinem Heimatland Gold, könnten dort eher Halász- statt Bayern-München-Trikots gefragt sein.