Deutsche Torhüter David Späth und Andreas Wolff umarmen sich
analyse

Deutschlands Torwart-Tandem Spezielle Chemie - Leit-Wolff und Anzünder Späth

Stand: 15.01.2025 12:12 Uhr

Torhüter sind in vielen Sportarten Individualisten, bei den deutschen Handballern ist aber ein echtes Team am Werk: Trotz aller Unterschiede ergänzen sich Andreas Wolff und David Späth überragend.

Das muss auch genau so sein, wenn das DHB-Team am Mittwochabend (15.01.2025) gegen Polen (ab 20.15 Uhr live im Ersten, im Stream sowie im Liveticker bei sportschau.de) stark in das WM-Turnier starten will, findet Christoph Steinert. Die Begründung des Rückraumspielers: "Für mich ist die Torwart-Position die wichtigste überhaupt in unserer Sportart. Darum ist der Andy auch unser Superstar."

Auch mal schwierige Phasen

Doch auch der Superstar hat Phasen, in denen er den Zugriff verliert. In denen er trotz aller Wurfstudien im Vorfeld einer Partie plötzlich kein Gefühl mehr dafür hat, wo die Bälle einschlagen. Dann gibt er oft selbst das Zeichen zur Bank: Ablösung! Bevor es zu spät ist, kommt dann Späth.

Und ist manchmal sofort in der Lage, das Spiel zu verändern. Sportschau-Experte Dominik Klein nennt das "anzünden". Der 2007er-Weltmeister könne im DHB-Team jederzeit "explodieren", seine elektrisierende Energie auf die Kollegen ausstrahlen.

So sieht das auch Ex-Keeper und Expertenkollege Johannes Bitter: "Andy ist auch emotional, für mich ist er seit vielen Jahren einer der drei weltbesten Torhüter", sagt der Weltmeister im Sportschau-Podcast "Handball auf die 1": Bei Späth seien die Gefühlsausbrüche aber nochmal auf einem anderen Level: "David ist noch extrovertierter. Der hält einen Ball und ist gefühlt unter der Hallendecke. Das reißt natürlich alle mit."

Heiko Neumann, Sportschau, 15.01.2025 12:17 Uhr

Entwicklung zu mehr Positivität

Die Entwicklung in diesem Bereich gerade bei Wolff ist beeindruckend. Er strahlt inzwischen viel mehr Positivität aus, wo er vor Jahren noch miesgelaunt wirkte, wenn es mal nicht lief. Dominik Klein beeindruckt das sehr: "Andy ist viel selbstkritischer geworden, hat sich auch externe Hilfe geholt. Er ist einfach ein absolut gestandener Mensch und ein unglaublicher Rückhalt sowieso."

Die Mischung macht es inzwischen beim Vize-Kapitän: Der "Leit-Wolff" kann nach starken Paraden immer noch voll aus dem Sattel gehen. Manchmal bleibt er aber cool wie ein Eisblock, um dem Gegner zu signalisieren: Das war doch jetzt überhaupt nichts Besonderes, so ein Schüsschen von dir zu entschärfen.

Sportschau, 15.01.2025 12:12 Uhr

Botschaften durch Körpersprache

Körpersprache ist ein ganz wichtiges Thema in diesem Sport, speziell auch auf dieser Position. Wolff und Späth senden beide mit ihrem gesamten Torwartspiel Botschaften aus, an die Gegner und an die Mitspieler. Sie reißen mit oder kühlen ab, sie rütteln auf oder beruhigen. Je nachdem, was sie gerade für gefragt halten. Späth lernt viel von Wolff, das hat er gerade nochmal betont: "Der Austausch ist super, ich bekomme unheimlich viele wertvolle Tipps. Jede Trainingseinheit macht deshalb extrem Spaß."

Wolff weiß aber auch, was er an Späth hat. Der 33-jährige Kieler sagt über den 22-jährigen Rhein-Neckar Löwen: "David ist, das habe ich schon mehrfach gesagt, auf dem Feld für sein Alter sehr reif. Er ist ein toller Typ und ich kann nur wiederholen, dass er wirklich ein fantastischer Torhüter ist und mit ihm ein Gespann zu bilden, wirklich Spaß macht.“

Spezieller Jugend-Jargon zwischen Späth und Fischer

Wolff muss am Ende dieser Ausführungen selbst ein wenig schmunzeln, denn so selbstverständlich ist die gute Kommunikation der beiden gar nicht: "Es ist manchmal schon interessant zu hören, wie sich die Sprache bei den Youngstern entwickelt hat", sagt der Oldie und plaudert aus dem Nähkästchen: "Vor allem Fischi hat David einen ganz speziellen Jargon, der im Team immer wieder für Heiterkeit sorgt". "Fischi" ist Justus Fischer von Hannover.Burgdorf, noch ein Jahr jünger als Späth und aus der Garde der jungen Wilden. Wolff schiebt aber gleich hinterher: "Insgesamt verstehe ich aber schon noch, was David so von sich gibt."

Die Sprachregelung zur Rollenverteilung der beiden ist vor dem Ernstfall am Mittwochabend ebenfalls klar kommuniziert. Bundestrainer Alfred Gislason formuliert das so: "Wir sind froh, dass wir zwei solche Leute im Tor haben. Andreas Wolff ist unsere 1A, David Späth ist die 1B."

Solche Sätze gab es im Fußball auch schon oft, mit dem entscheidenden Unterschied, dass dort die „1B“ eine charmante Umschreibung für die Bank-Verbannung ist und den Duell-Verlierer bei Laune halten soll. Im Handball braucht es tatsächlich ein Torhüter-Tandem, um ein großes Turnier zu spielen.