Ronaldo, Golf, Fußball-WM Saudi-Arabiens wackeliger Plan mit dem Sport
Saudi-Arabien drängt mit Macht und Erfolg auf die internationale Sportbühne. Hinter dem Griff nach Fußballstars und Golfturnieren steckt knallharte Politik - mit ungewissen Ertragsaussichten.
Cristiano Ronaldo ist schon da, kürzlich folgte ihm Karim Benzema. Lionel Messi hat dagegen zwar abgesagt, in die saudi-arabische Liga zu wechseln, macht stattdessen künftig in den USA Kasse. Aber Messi war ja ohnehin schon Tourismus-Botschafter von Saudi-Arabien und damit ein weiteres sehr prominentes Aushängeschild des Wüstenstaates.
Die Liste der saudischen Millionen-Investitionen in Sportstars und -events ist lang. Einige Beispiele von internationalen Sportevents in Saudi-Arabien: italienischer Fußball-Supercup, spanischer Supercup, Wrestlingliga WWE, Blitzschach-WM 2017, Rallye Dakar, Handball-Klub-WM, Formel-1-Rennen, ein Tennisturnier, FIFA-Klub-WM 2023.
Außerdem übernahm Saudi-Arabien 2021 den Premier-League-Klub Newcastle United für 373 Millionen Dollar. Und 2029 werden die Saudis die asiatischen Winterspiele ausrichten - in einer kalten, aber kargen Bergregion, in der aktuell noch kaum ein Gebäude steht.
Soft Power und Sportswashing
Warum das Ganze? Bei der vielschichtigen Antwort auf diese Frage fallen meist zwei Begriffe: "Soft Power" und "Sportswashing". Hinter ersterem, auf Deutsch "weiche Macht", steckt der Plan, sich durch solche Investitionen Einfluss und Beziehungen, also Macht zu erarbeiten. "Hard Power" basiert dagegen auf ökonomischer und militärischer Stärke - was viele Jahre die Haupt-Strategie des Ölstaates war.
"Die massiven Investitionen in Fußball und Sport helfen Saudi-Arabien, Soft Power zu erlangen und sich auf der internationalen Bühne zu profilieren und das Königreich als Platzhirsch in der Region zu positionieren", schreibt der Journalist und Nahost-Experte James M. Dorsey in seinem Blog "The Turbulent World". "Dies geschieht zum Teil dadurch, dass der sportliche Schwerpunkt von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten wegverlagert wird."
VAE und Katar als Vorbilder
Die Emirate hatten mit dem Kauf von Manchester City 2008 die arabischen Sport-Investitionen in Schwung gebracht, Katar lieferte mit der Fußball-WM 2022 den bisherigen Höhepunkt. Das deutlich größere und einwohnerstärkere Nachbarland Saudi-Arabien sprang erst spät auf den Zug auf, will nun aber mit aller Macht vorbeiziehen.
Hinter "Sportswashing" steckt die Strategie, mit internationalen Events und prominenten Sportlern von Menschenrechtsverletzungen abzulenken. "Die Berichterstattung der Boulevardpresse über Ronaldos luxuriösen Lebensstil, das unverheiratete Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin Georgina Rodriguez und die Instagram-Fotos von Frau Rodriguez im Bikini tragen dazu bei, dass sich Saudi-Arabien als eine sozial-liberalere Gesellschaft präsentiert, die nicht mehr an strenge islamische Normen gebunden ist", sagt Dorsey.
Konservativer Islam und Scharia
Gleichzeitig aber bleibt das Religionsbild in Saudi-Arabien fundamentalistisch und konservativ. Die muslimische Scharia ist in der Verfassung verankert, die Lebensart ist entsprechend vorgeschrieben. Zwar dürfen Frauen mittlerweile Autofahren und sich in der Öffentlichkeit ohne Vollverschleierung zeigen und im "Global Gender Gap Report" ging es ein paar Plätze nach oben. Trotzdem liegt Saudi-Arabien dort immer noch nur auf Rang 127 von 146.
Auch innenpolitische Ziele stecken hinter den Investitionen, sagt Tilman Engel, langjähriger Sport-Berater in Katar. Zwar wird die Opposition konsequent unterdrückt, aber Kronprinz Mohamed bin Salman wisse um "die Unzufriedenheit der jungen Leute über die Rückständigkeit und den Konservatismus des Landes und die mangelnden Unterhaltungs-, Freizeit- und Gesellschaftsmöglichkeiten", sagte Engel der "Welt". "Der Kronprinz will die Menschen für sich gewinnen im Rahmen eines großen gesellschaftlichen Vertrages, der eben mehr beinhaltet als nur: Ihr seid voll versorgt."
Neuer Wirtschaftszweig
Dorsey betonte im Interview mit der Sportschau, dass der langfristige Erfolg davon abhänge, ob die Maßnahmen Arbeitsplätze mit sich bringen. Zudem verweist er auf strategische wirtschaftliche Ziele. "Der Sport ist ein wichtiger Pfeiler der Bemühungen von Kronprinz Mohammed bin Salman, die saudische Wirtschaft zu diversifizieren und unabhängiger von Ölexporten zu machen." So hoffe der Staat etwa, die Einnahmen der saudischen Profiliga von zuletzt umgerechnet 112 Millionen Euro bis 2030 auf 440 Milliarden Euro zu steigern. Die Sport-Events sollen außerdem den Tourismus ankurbeln.
Doch dass die aktuellen Investitionen wirklich nachhaltigen Erfolg bringen, ist zweifelhaft. Dorsey verweist auf das Beispiel China, wo der Fußball trotz zwischenzeitlich massiver Bemühungen nicht in Schwung kommt. "Die Lektion Chinas ist, dass man mit Geld allein keine nachhaltige Leistung oder ein obligatorisches organisches Wachstum kaufen kann."
Rückschlag für Bewerbung um Fußball-WM 2030
Auch der große Plan, die Fußball-WM 2030 auszurichten, hat einen herben Rückschlag erlitten. Eine gemeinsame Bewerbung mit Ägypten und Griechenland sollte den Erfolg bringen, aber Ägypten sprang im April ab.
Einen Stotterstart hatte auch LIV Golf, eine 2022 gestartete Konkurrenz zur etablierten PGA Tour. Enorme Preisgelder und lukrative Verträge lockten anfangs namhafte Profis an. "Aber es gelang nicht, Unternehmenssponsoren und neue Starspieler anzuziehen und gute Einschaltquoten im Fernsehen zu erzielen", sagte Dorsey.
Viel Einfluss im Golfsport
Gleichzeitig jedoch stärkten die Saudis ihre Verhandlungsposition und sicherten sich nun bei der überraschenden Fusion mit der PGA viel Mitspracherecht. "Der Zusammenschluss ist also auch eine Geschichte über die erfolgreiche Nutzung der Finanzkraft des Königreichs, um erheblichen Einfluss zu gewinnen."
Bisherige Kritiker sind so zu Partnern geworden. Mit jeder neuen Kooperation und jedem neuen Sport-Promi wird die Hemmschwelle weiter sinken, Geschäfte mit Saudi-Arabien zu machen.