EM-Vorbereitung der DFB-Elf Standards für die gute Stimmung
In der Defensive hat sich die deutsche Nationalmannschaft bei Standardsituationen verbessert, in der Offensive gibt es Steigerungsbedarf. Gerade in den Testspielen könnten Eck- und Freistöße wichtig werden.
Besuch einiger Familien und ein Grillfest, Besuch des Bundespräsidenten, Besuch beim Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei: Die ganz heiße Phase der Vorbereitung auf die Fußball-Europameisterschaft hat in Thüringen noch nicht begonnen. Immerhin ist die Nationalmannschaft bis auf vier Spieler, die noch das Finale der Champions League bestreiten, und dem mit einigen Tagen Sonderurlaub bedachten Torhüter Marc-André ter Stegen nun vollständig im Weimarer Land vertreten.
Am Donnerstagmorgen (30.05.2024) trainierte der Kader einschließlich der am Vortag eingetroffenen Ìlkay Gündoğan sowie den drei Leverkusenern Florian Wirtz, Robert Andrich und Jonathan Tah. In zwei Gruppen ging es bei strömendem Regen zunächst auf den Platz, und sollte Bundestrainer Julian Nagelsmann bei seinem am Montag verkündeten Plan geblieben sein, stand später das Training von Standardsituationen auf dem Programm. Zu überprüfen war das nicht, denn wie üblich durften die Reporter nur die ersten 15 Minuten der Einheit beobachten.
DFB-Team hat bei Standardsituationen Nachholbedarf
Bedarf zum Training von Standards besteht durchaus, auch wenn es noch gar nicht weit zurückliegt, dass Deutschland ein spektakuläres Tor nach einer kaum beachteten Standardsituation gelang. In Lyon gegen Frankreich kam Toni Kroos geplant nach dem Anstoß an den Ball, passte geplant zu Florian Wirtz, der geplant den freien Raum vor der Abwehrkette der Franzosen nutzte und schoss. Der Ball schlug - ungeplant abgefälscht, aber wunderschön - nach acht Sekunden in den Winkel.
Der von den Zuschauern der Sportschau zum Tor des Monats März gewählte Treffer läutete den Stimmungswandel im deutschen Nationalmannschaftsfußball ein. Seit den Siegen in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) ist bei Spielern, Verantwortlichen und auch vielen Fans die Überzeugung gereift, dass Deutschland am 14. Juli Europameister werden kann.
Bis dahin wären es noch acht Spiele, von denen fünf garantiert sind. Vor den Gruppenspielen gegen Schottland, Ungarn und die Schweiz stehen die Partien gegen die Ukraine und Griechenland an. Die beiden Testpartien haben durchaus das Potenzial, die Stimmung ein bisschen zu dämpfen, denn anders als Frankreich und die Niederlande dürften die kommenden Gegner ein größeres Interesse haben, Deutschland den Ball zu überlassen und aus einer tiefen Grundaufstellung heraus zu agieren.
Seit drei Jahren kein direkter Freistoßtreffer
Umso wichtiger könnten die Standardsituationen werden, für die der Deutsche Fußball-Bund unter dem ehemaligen Bundestrainer Hansi Flick einen Spezialtrainer einstellte. Mads Buttgereit entwickelt seit Sommer 2021 die Pläne, seiner Idee ist auch Wirtz‘ Tor vom Reißbrett in Lyon entsprungen.
In den sechs Spielen mit Julian Nagelsmann als Trainer gelangen zwei von elf Toren nach Eckstößen. Unter Flick, der von September 2021 bis April 2023 Bundestrainer war, gelangen in 25 Spielen nur vier Treffer nach Eckstößen.
In der Dienstzeit von Buttgereit benötigte es für die sechs Treffer 192 Eckstöße, wie die Zahlen des Datendienstleisters Sportec Solutions zeigen. Ein Tor wurde in der Spanne bei 17 Versuchen nach Freistoßflanken erzielt. Keiner der 13 direkten Freistöße fand den Weg ins Tor.
Beste Standard-Zeit war 2014
Verbessert hat sich in den vergangenen Monaten das Verhalten bei gegnerischen Standardsituationen. Unter Nagelsmann kassierte Deutschland nur einen Treffer dadurch, das war ein Elfmeter gegen die Türkei. Ohnehin kamen die Gegner seit Beginn des Jahres 2023 außer zu drei Strafstoßtoren nur zu einem Treffer nach einem Standard: Polen traf beim 1:0-Sieg nach einem Eckstoß. Im Jahr 2022 kassierte die Eliteauswahl des DFB noch vier von insgesamt 15 Toren nach Frei- oder Eckstößen des Gegners.
Ihre absolut beste Zeit bezüglich offensiver Standards hatte die deutsche Mannschaft bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Auf dem Weg zum Titel erzielte das Team von Bundestrainer Joachim Löw allein vier Tore nach einem von Toni Kroos ausgeführten Eck- oder Freistoß.
Auf ihn muss Nagelsmann aber noch im Training und auch im Spiel am Montag (03.06.2024) in Nürnberg gegen die Ukraine verzichten. Der Routinier von Real Madrid wird erst einen Tag später im Trainingslager erwartet, das ab Samstag in Herzogenaurach fortgesetzt wird.