Test-Länderspiel in Frankfurt "Völlig losgelöst" - Deutschland bezwingt auch die Niederlande
Die neue EM-Euphorie nach dem Sieg in Frankreich hat ihre Fortsetzung gefunden: Das DFB-Team gewann auch das Testspiel gegen die Niederlande am Dienstagabend (26.03.2024) mit 2:1 und zeigte dabei, dass es auch Rückschläge und schwierige Phasen wegstecken kann.
Sportschau-Experte Bastian Schweinsteiger bilanzierte gleich nach Schlusspfiff: "Das war ein weiterer sehr wichtiger Sieg gegen eine gute niederländische Mannschaft. Die Wichtigkeit der Standardsituationen hat sich wieder mal gezeigt. Alle Fragen, die es vor den beiden Länderspielen gab, können nun positiv beantwortet werden. Natürlich ist der Weg noch nicht beendet, aber das Wichtigste ist, dass wir wieder da sind - und das macht mir sehr viel Hoffnung auf eine tolle EM."
Nagelsmann, Kimmich und Füllkrug zufrieden
Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte anschließend gegenüber der ARD: "Unser Siegeswille war am Ende größer. Das waren jetzt zwei große Brocken, die wir geschlagen haben, auch wenn es natürlich noch nicht um Punkte ging. Aber wir haben jetzt alle ein wesentlich besseres Gefühl als im November nach den Spielen gegen die Türkei und Österreich. Diese Stimmung müssen wir jetzt konservieren, und die Jungs müssen in ihren Klubs gute Leistungen zeigen."
Joshua Kimmich analysierte: "Ich hatte schon nach dem frühen Gegentor nicht das Gefühl, dass wir daran zerbrechen. Wir sind zurückgekommen, hatten nach der Pause eine schwierige Phase, aber am Ende die besseren Chancen, deshalb ist der Sieg verdient. Man hat gemerkt, dass die Menschen in Deutschland bereit sind, Begeisterung zu entfachen - wenn wir den ersten Step machen."
Siegtorschütze Niclas Füllkrug sagte zur Sportschau: "Die Einwechslspieler haben einen guten Job gemacht, das ist auch der Sinn der Sache. Du brauchst Spieler auf der Bank, die so einem Spiel nochmal den Turn geben können. Aber auch vorher war es schon ein sehr ordentliches Spiel von uns. Jetzt sind wir in einer positiven Stimmung, und die wollen wir mitnehmen ins Turnier."
Blitzstart diesmal beim Gegner
Die nahmen die Fans in Frankfurt auch mit auf ihren Heimweg. Dabei ging es alles andere als optimal los, ganz im Gegensatz zum 2:0 am Samstag gegen die Franzosen. Da hatten die Deutschen einen Blitzstart hingelegt, Florian Wirtz erzielte nach acht Sekunden mit dem schnellsten Länderspieltor der DFB-Geschichte die Führung. Diesmal ging die Partie blitzschnell nach hinten los.
Nach drei Minuten verlor Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt in der Vorwärtsbewegung den Ball und brachte damit die deutsche Abwehr in extreme Verlegenheit. Jonathan Tah kam nicht mehr in den entscheidenden Zweikampf mit Memphis Depay und der bei Atlético Madrid längst zum Joker degradierte niederländische Altstar behielt die Übersicht: Depay löffelte den Ball perfekt in den Rückraum zum heranstürmenden Joey Veerman, der Marc-André ter Stegen per Volleyschuss keine Chance ließ.
Überragende Reaktion von Mittelstädt
Die Reaktion von Mittelstädt, der erst sein zweites Länderspiel absolvierte: überragend. Ohne zu hadern oder ob seines Patzers nervös zu werden, schaltete sich der Stuttgarter in der 11. Minute mutig in den Angriff ein, forderte kurz vor der Strafraumgrenze den Ball von Jamal Musiala - und jagte ihn zum 1:1 unter die Latte. Zum ersten Mal erklang die neue Major-Tom-Torhymne - und Deutschland spielte völlig losgelöst, so wie es der Song von Peter Schilling vorgibt, weiter.
Der Ball zirkulierte wie schon gegen Frankreich schnell und sicher, immer wieder wurde der Rückpass vermieden und stattdessen der direkte Weg zum niederländischen Tor gesucht. In der 18. Minute hätte so eine zielgerichtete Kombination beinahe zum Erfolg geführt, doch Kapitän Ilkay Gündogan scheiterte nach einem perfekten Steckpass von Musiala aus kurzer Distanz an "Oranje"-Keeper Bart Verbruggen.
Nur das falsche Schuhwerk nervt
Erstaunlich, wenn man sich nochmal kurz das zurückliegende Länderspieljahr 2023 und die drei krassen Turnierenttschäuschungen hintereinander ins Gedächtnis ruft: Deutschland erarbeitete sich phasenweise mehr als 70 Prozent Ballbesitz, wirkte selbstbewusst und als ob die Automatismen schon längst in Fleisch und Blut übergegangen wären. Etwas nervig und kontraproduktiv für das Herausspielen weiterer Torchancen war bis zur Pause nur das offensichtlich falsche Schuhwerk: Vor allem Musiala, aber auch Kai Havertz, rutschten immer wieder weg und verloren dadurch die Bälle.
Dass der Weg in die Weltspitze trotz der vielversprechenden Ansätze noch längst nicht wieder geschafft ist, bewiesen dann die ersten 20 Minuten nach dem Wiederanpfiff. Die Niederlande erarbeiteten sich nun ein deutliches Übergewicht, das DFB-Team wurde immer passiver und bekam in der Defensive keinen Zugriff mehr.
Chancenwucher der Niederlande
Die Führung für "Oranje" wäre nun verdient gewesen, doch Tijjani Reijnders, Donyell Malen, Memphis Depay und Daley Blind aus bester Freistoßposition vergaben eine Chance nach der anderen.
Julian Nagelsmann reagierte schon nach knapp einer Stunde mit den Einwechslungen von Chris Führich und Pascal Groß, danach kehrten wieder etwas mehr Ordnung und Offensivdrang ein.
Deutschland kommt zurück in die Partie
Mittelstädt, der sich kurz zuvor erneut einen gravierenden Ballverlust in der Defensive geleistet hatte, prüfte Verbruggen 20 Minuten vor Schluss mit einem beherzten Abschluss. Kurz danach setzte sich Musiala mal durch, bekam die Kugel aber ebenfalls nicht am Schlussmann der Niederlande vorbei. Acht Minuten vor Schluss leitete Führich dann beinahe das 2:1 ein: Thomas Müller fand aber ebenfalls im herausragenden Verbruggen seinen Meister.
Doch Deutschland blieb dran und durfte fünf Minuten vor dem Ende tatsächlich doch noch jubeln: Nach einer Ecke von Toni Kroos landete der Ball beim eingewechselten Niclas Füllkrug, dessen Kopfball Verbruggen scheinbar auch noch von der Linie wegkratzte. Doch die Uhr von Schiedsrichter Espen Eskås vibrierte: Dank der Torlinientechnik fand das Tor zum 2:1 seine Anerkennung. "Völlig losgelöst" war anschließend der Jubel auf dem Platz und auf den Rängen. Genau diese neue Schwerelosigkeit will das DFB-Team nun unbedingt auch bis zur Europameisterschaft ab dem 14. Juni transportieren.