Kroatien droht Vorrunden-Aus Geht Modrics Stern bei der EM unter?
Mit einem Punkt aus zwei Vorrundenspielen bei der Fußball-EM ist Kroatien bisher eine große Enttäuschung. Das Vorrunden-Aus des WM-Dritten von Katar wäre keine Überraschung mehr. Auch weil ihr alternder Superstar Luka Modric seine Klasse verloren hat.
Der Chef ist gefragt, jetzt nur nicht noch den dritten Gegentreffer kassieren. Kroatiens Kapitän Luka Modric stellt sich beim albanischen Konter in der Nachspielzeit Taulant Seferi entgegen. Doch Seferi schert sich nicht darum, wer sein Gegner ist. Er lupft den Ball spielend leicht über Modric hinweg und lässt den Weltfußballer von 2018 wie einen Schuljungen stehen.
Dass der Underdog nicht wirklich noch zum 3:2 trifft, haben die Kroaten dem beherzten Eingreifen von Innenverteidiger Josip Sutalo zu verdanken, der den Angriff stoppt. Wenig später ist Schluss - und Modric sinkt auf den Rasen, nimmt sein Haarband ab und schlägt die Hände vor das Gesicht.
Wir hätten nicht gedacht, dass wir in den ersten beiden Spielen solche Probleme haben würden. Aber unsere Spieler werden älter und der Ausgang des Turniers ist total offen.
Die große Zeit von Luka Modric scheint vorbei
Es war eine Szene mit Symbolcharakter. Der Dritte der WM in Katar hat nach zwei Spielen nur einen Punkt auf dem Konto. Und das Abschneiden ist sehr eng damit verbunden, dass der mittlerweile 38 Jahre alte Modric nicht mehr der große Spielmacher vergangener Tage ist.
"Wir hätten nicht gedacht, dass wir in den ersten beiden Spielen solche Probleme haben würden", erklärte Nationaltrainer Zlatko Dalic bei der Pressekonferenz nach dem Spiel und fügte vielsagend hinzu: "Aber unsere Spieler werden älter und der Ausgang des Turniers ist total offen."
Modric ist kein Messi
Albanien war wie schon gegen Italien mit der ersten Chance in Führung gegangen. Die Kroaten spielten pomadig, viel zu langsam und lagen gegen den Außenseiter zur Pause vollkommen verdient zurück. Sogar ein zweiter Treffer für den "kleinen Bruder" wäre möglich gewesen.
"Wir hatten große Probleme, die letzte Linie der Albaner zu überspielen", erklärte Andrej Kramaric. Wenn ein Gegner so verteidige, habe es jedes Team schwer, dass "keinen Messi" in seinen Reihen hat.
Die Kroaten konnten sicher bisher immer auf ihren Messi verlassen - eben Modric. Im zweiten EM-Gruppenspiel suchten seine Mitspieler ihn auch wieder. 62 Ballkontakte vor der Pause können sich sehen lassen. Aber insgesamt sechs bestrittene Zweikämpfe zeigen, wo Modric meist am Ball war - in den Zonen des Spielfelds, in denen es niemanden störte. Impulse für das Spiel gab er praktisch keine.
Kroatien mit ältester Startelf seiner EM-Geschichte
Trainer Dalic hätte zur Pause viele Spieler auswechseln können - die älteste Startelf der kroatischen EM-Geschichte hatte alles vermissen lassen. Dalic nahm Lovro Majer und Marcelo Brozovic raus. Letzterem ist bei der EM (bisher) anzumerken, dass er in seinem neuen Fußball-Alltag in Saudi Arabien nicht mehr täglich auf höchstem Niveau gefordert wird.
Der Coach bewies ein gutes Händchen: Mit den Einwechslungen von Luka Sucic und Mario Pasalic sowie besonders mit der Hereinnahme von Ante Budimir wenig später lag er genau richtig. Budimir war an beiden Toren beteiligt. Er bereitete das 1:1 von Kramaric direkt vor und war der Wegbereiter beim Eigentor von Albaniens Klaus Gjasula zum 2:1.
"Wir haben zwei komplett unterschiedliche Halbzeiten gespielt", befand Dalic, dessen Team sich womöglich wie die kroatischen Fans danach zu sicher war, dass es zum Sieg reichen würde. Der 57-Jährige musste feststellen: "Wir hätten danach auf das dritte Tor spielen müssen. Und wir hätten Albanien nicht erlauben dürfen, noch mal zurückzukommen. Vor allem: Am Ende wäre sogar noch das dritte Gegentor möglich gewesen."
Modrics Karriereende zeichnet sich ab
Und Modric? Nach dem Seitenwechsel hatte er eine defensivere Rolle inne - und konnte so kurioserweise auch offensiv zumindest ein bisschen mehr Einfluss nehmen. Die Zeiten, in denen er nur den Taktstock schwang und den Gegnern das Fürchten lehrte, sind allerdings vorbei. Bei Real Madrid ist er schon länger nur noch Ergänzungsspieler.
Seine persönliche Zukunft ist offen. Sein Vertrag bei den Madrilenen läuft Ende des Monats aus. Nach seinem Karriereende gefragt, antwortete der Enddreißiger vor der EM ausweichend. Eine Entscheidung sei schon gefallen, verkünden werde er diese aber erst nach dem Turnier. "Nach dem Finale", um genau zu sein.
Ein dezenter Hinweis darauf, wie weit er es mit seinem Team in Deutschland zu schaffen gedachte. Mittlerweile wäre sogar das Aus nach der Vorrunde keine Überraschung mehr.
Aber: "Wir sind noch am Leben" - Dalic sieht noch das Positive. Ein Sieg gegen Italien müsste beim neuen Modus - auch die vier besten Gruppendritten kommen weiter - wohl für das Achtelfinale reichen. Aber wer mag nach diesen beiden Auftritten daran glauben? Luka Modric taugt jedenfalls nicht mehr als Hoffnungsträger.