Vor EM-Finale gegen Spanien "Macht mir Sorgen" - Englands Ärger über die kurze Vorbereitungszeit
Nationaltrainer Gareth Southgate sieht Englands kürzere Vorbereitungszeit auf das EM-Finale gegen Spanien als Nachteil. Die vergangenen Endspiel-Ergebnisse geben ihm recht.
"Wir spielen gegen das beste Team des Turniers und haben einen Tag weniger zur Vorbereitung. Das macht mir Sorgen", haderte Englands Nationaltrainer Gareth Southgate vor dem EM-Finale gegen Spanien (Sonntag, 14.07.2024, 21 Uhr live in der ARD und bei sportschau.de). Weil die Halbfinal-Spiele bei der Europameisterschaft an zwei verschiedenen Tagen ausgetragen wurden, hat Spanien einen Tag mehr Pause. "Wir tun das Beste, damit die Spieler sich erholen, doch es ist nicht einfach. Das war ein Problem für die vergangenen Finalisten", sagte Southgate.
Das stimmt. In den letzten sechs Endspielen bei Welt- und Europameisterschaften gewann immer die Mannschaft, die das frühere Halbfinale und damit einen Pause-Tag mehr hatte (siehe Tabelle unten). Dieses Phänomen hatte die englische Nationalmannschaft bei der vergangenen EM am eigenen Leib erfahren. Mit einem Tag weniger Vorbereitung scheiterte Southgates Team im Finale gegen Italien.
Halbfinal-Spiele waren nicht immer zeitversetzt
In den ersten Jahrzehnten der WM-Historie war es lange üblich, beide Halbfinal-Spiele zeitgleich auszutragen. Die damals übertragenden Fernsehsender konnten aus logistischen Gründen viele Spiele sowieso nicht abbilden, und so gab es keinen Grund für eine Zeitversetzung. Erst bei der WM 1966 in England fanden erstmals die beiden Halbfinal-Spiele an unterschiedlichen Abenden statt.
Seitdem gab es 20 EM- und WM-Endspiele mit tagesversetzten Halbfinals. Zwölfmal gewann die Mannschaft, die zuerst ins Finale eingezogen ist, achtmal die Mannschaft, die einen Tag später nachzog (siehe Tabelle unten). Der Einfluss des zusätzlichen Rest-Days ist also lange nicht so groß, wie die Ergebnisse der vergangenen sechs Endspiele vermuten lassen könnten.
Belastung über die Jahrzehnte gestiegen
Einen Tag mehr Vorbereitungszeit auf das Finale zu haben, ist nach dem strapaziösen Turnier definitiv ein Vorteil. Ob der Vorteil groß genug ist, um am Ende Einfluss auf das Endspiel-Ergebnis zu haben, ist anhand der begrenzten Stichprobe statistisch nicht zu belegen. Eine Erklärung dafür, dass gerade in jüngerer Vergangenheit der Einfluss zumindest gewachsen sein könnte, ist die gestiegene Intensität des Spiels.
Seit Jahren klagen Spieler, Trainer und Gewerkschaften über zu hohe Belastungen. Der moderne Fußball ist viel pressingintensiver geworden, es wird immer mehr und in höherem Tempo gelaufen und die Zahl der Sprints hat deutlich zugenommen. Das sind auch einige der Gründe dafür, dass Spaniens Nationaltrainer Luis de la Fuente jüngst dafür plädierte, bei EM-Spielen die Verlängerung abzuschaffen.
Southgate schont seine Spieler
Den Engländern blieb nach dem Halbfinal-Sieg gegen die Niederlande nichts anderes übrig, als sich auf die erschwerten Bedingungen einzustellen. Nach der Rückreise ins Teamquartier von Blankenhain waren für England am Donnerstag weder ein Training auf dem Platz noch irgendwelche Medienaktivitäten geplant. Für das Team steht nach Angaben des englischen Verbandes lediglich eine Erholungseinheit auf dem Programm.
Am Sonntag gilt es für Southgate, die Serie der letzten sechs Endspiele zu brechen. Eine Statistik kann ihm Mut machen: Bei Englands bisher einzigem Titelgewinn 1966 hatten die "Three Lions" einen Tag weniger Vorbereitungszeit als Finalgegner Deutschland.
Turnier | 1. Finalist | 2. Finalist |
---|---|---|
WM 1966 | Deutschland | England |
EM 1976 | Tschechoslowakei | Deutschland |
EM 1980 | Deutschland | Belgien |
EM 1984 | Frankreich | Spanien |
EM 1988 | Niederlande | UdSSR |
WM 1990 | Argentinien | Deutschland |
EM 1992 | Deutschland | Dänemark |
WM 1998 | Brasilien | Frankreich |
EM 2000 | Frankreich | Italien |
WM 2002 | Deutschland | Brasilien |
EM 2004 | Portugal | Griechenland |
WM 2006 | Italien | Frankreich |
EM 2008 | Deutschland | Spanien |
WM 2010 | Niederlande | Spanien |
EM 2012 | Spanien | Italien |
WM 2014 | Deutschland | Argentinien |
EM 2016 | Portugal | Frankreich |
WM 2018 | Frankreich | Kroatien |
EM 2021 | Italien | England |
WM 2022 | Argentinien | Frankreich |
EM 2024 | Spanien | England |