Zwei Deutsche dabei Superhelden, Taktgeber und Rohdiamanten - die Sportschau-Elf der EM
Kaum Stars, dafür viele Entdeckungen - die Sportschau-Elf der EM 2024 sprüht voller Talent und Spielwitz.
Das Team in der Übersicht
Die Sportschau-Elf der EM ist in dem bei diesem Turnier so stilprägenden 4-3-3-System aufgestellt. Diese kleine taktische Renaissance wurde nicht nur von Europameister Spanien, sondern auch vom DFB-Team und den beiden Halbfinalisten Frankreich und Niederlande verwendet.
Tor: Mike Maignan (Frankreich/AC Mailand)
Dass es Frankreich mit nur drei Toren (davon zwei Eigentore und ein Elfmeter) bis ins Halbfinale dieser EM geschafft hat, lag vor allem an einem Mann: Mike Maignan. Der 29-jährige Torhüter ist sicher mit dem Ball am Fuß und beweist gute Einschätzungen beim Abfangen von Flanken. Weltklasse ist er aber vor allem auf der Linie, seine Reflexe sind spektakulär. In 4 von 6 Spielen blieb er ohne Gegentor und wehrte 16 von 19 Torschüssen ab. Das Viertelfinale gegen Portugal wäre mit einem anderen Torhüter wahrscheinlich nicht torlos geblieben.
Linksverteidiger: Marc Cucurella (Spanien/Chelsea FC)
Zu Beginn des Turniers gab es vor allem in Deutschland leichte Verwunderung darüber, dass Bayer Leverkusens überragender Linksverteidiger Alejandro Grimaldo bei Spanien nur auf der Bank saß und dafür dieser wilde Wuschelkopf die Außenbahn entlang ackerte. Diese Verwunderung ist schnell verflogen. Marc Cucurellas Abwehrverhalten ist spektakulär.
Mit seiner Dynamik löscht er Brände, die er öfter mal mit seinem anarchischen Stellungsspiel zuvor selbst gelegt hat. Durch seine Beweglichkeit ist er unberechenbar, seine Hereingaben in den Strafraum werden fast immer gefährlich: Mit seiner perfekten Torvorlage auf Oyarzabal sorgte er im Finale für Spaniens späten Siegtreffer.
Innenverteidiger: Marc Guéhi (England/Crystal Palace)
Marc Guéhi war Englands Feuerlöscher und hatte großen Anteil am Final-Einzug
Englands zweikampfstärkster Spieler Marc Guéhi strahlt eine Sicherheit und Erfahrung aus, als würde er schon seit zehn Jahren auf höchstem Niveau spielen. Vor allem am Boden ist der 24-jährige Verteidiger sehr geschickt und er fing mit gutem Stellungsspiel immer wieder gegnerische Zuspiele ab. Im Achtelfinale gegen die Slowakei gab er per Kopfballverlängerung die Torvorlage zum 1:1 durch Jude Bellingham, ohne die es England nicht einmal bis ins Viertelfinale geschafft hätte.
Innenverteidiger: Stefan de Vrij (Niederlande/Inter Mailand)
Stefan de Vrij war der zweikampfstärkste Spieler des Halbfinalisten Niederlande und ein Garant für die defensible Stabilität. In der Luft war der wuchtige Innenverteidiger dabei sogar noch stärker als am Boden: Er hat 70 Prozent seiner Kopfballduelle gewonnen. Im Viertelfinale gegen die Türkei traf er nach langem Rückstand zum erlösenden 1:1-Ausgleich, "natürlich" per Kopf.
Rechtsverteidiger: Joshua Kimmich (Deutschland/FC Bayern München)
Nahm seine neue, alte Rolle als Rechtsverteidiger glänzend an: Joshua Kimmich
Joshua Kimmich stellte sich bei seiner Heim-EM in den Dienst der Mannschaft und spielte auf der von ihm weniger geliebten Position des Rechtsverteidigers. Dort hatte er eine auf dieser Position unüblich starke Passquote von 91 Prozent und schaltete sich auch immer wieder ins Angriffsspiel der DFB-Elf ein. Mit Erfolg: Im Eröffnungsspiel bereitete er den Wirtz-Treffer zum 1:0 vor, im Viertelfinale gegen Spanien das emotionale Wirtz-Tor zum späten 1:1, das Deutschland in die Verlängerung rettete.
Defensiver Mittelfeldspieler: Rodri (Spanien/Manchester City)
Rodri bekleidete beim Europameister die vielleicht wichtigste Position im modernen Fußball: die Sechs. Das, was Toni Kroos bei Deutschland und Granit Xhaka bei der Schweiz auf extrem hohen Niveau ausführten, hat Rodri für Spanien bei diesem Turnier perfektioniert. Mit kühlem Kopf und eleganter Leichtigkeit kann er seine Mannschaft aus den meisten Pressing-Situationen mühelos befreien. Diese Fähigkeit ist die Voraussetzung für Spaniens Mittelfeld-Dominanz gewesen. Sein Trainer Pep Guardiola sagte dieses Jahr von ihm, dass er "mit Abstand" der beste Mittelfeldspieler der Welt ist. Er war auf jeden Fall der beste Spieler des Turniers.
Defensiver Mittelfeldspieler: Fabian Ruiz (Spanien/Paris Saint-Germain)
Spanien hat keines der 29 Spiele verloren, in denen Fabian Ruiz auf dem Platz stand. Das beweist seinen Wert, auch wenn er nicht immer so sichtbar ist wie seine Nebenmänner. Beim Viertelfinale gegen Deutschland wurde er von Bundestrainer Julian Nagelsmann als größte Gefahr im spanischen Mittelfeld identifiziert - und deswegen von Emre Can in der kompletten ersten Halbzeit in Dauer-Manndeckung genommen. Genutzt hat das nichts, Can wurde deswegen zur Pause wieder ausgewechselt.
Offensiver Mittelfeldspieler: Dani Olmo (Spanien/RB Leipzig)
Dani Olmo rutschte erst im Viertelfinale in die erste Mannschaft - und wurde da zu einem der wichtigsten Spieler
RB Leipzigs Dani Olmo war bei dieser EM an fünf Toren direkt beteiligt (drei Tore, zwei Assists). Er ist damit zusammen mit Lamine Yamal der Top-Scorer des Turniers, und das, obwohl er lange auf der Bank saß. Erst durch die Verletzung von Pedri gegen Deutschland rückte Olmo in Spaniens erste Mannschaft - und wurde da zu einem ihrer wichtigsten Spieler. Im Finale gegen England klärte er in höchster Not auf der Linie und rettete damit Spaniens 2:1-Führung über die Zeit.
Rechter Flügelstürmer: Lamine Yamal (Spanien/FC Barcelona)
Lamine Yamal ist FC Barcelonas neuer Rohdiamant und eines der aufregendsten Talente im Weltfußball. Bei Spaniens Auftaktspiel gegen Kroatien wurde er zum ersten eingesetzten 16-Jährigen der EM-Historie. In den folgenden sieben Spielen trieb er mit seinen Dribblings alle Verteidiger zur Verzweiflung. Sein Traumtor im Halbfinale gegen Frankreich und seine Weltklasse-Vorlage im Finale ließen keine andere Wahl zu, als ihn zum "Young Player of the Tournament" zu küren.
Linker Flügelstürmer: Jamal Musiala (Deutschland/FC Bayern München)
Bayern Münchens Juwel Jamal Musiala hat eine großartige Ballbehandlung und ist wahnsinnig kreativ, er ist so selbst auf engstem Raum kaum vom Ball zu trennen. Aber das wusste die Fußballwelt auch schon vor der EM. Der Unterschied zum vergangenen Turnier war Musialas Abschluss. Während er bei der WM 2022 in Katar oft noch zu hektisch im Strafraum wirkte und große Chancen liegen ließ, war er diesen Sommer mit seinen drei Treffern geteilter Torschützenkönig des Turniers.
Stürmer: Georges Mikautadze (Georgien/FC Metz)
Der Georgier mit dem Vollbart und dem Masken-Jubel war vor der EM wohl nur wenigen Fußballfans ein Begriff - das dürfte sich geändert haben: Denn der 23-Jährige Mittelstürmer vom FC Metz, der mit seinen Händen nach jedem Tor eine Superhelden-Maske nachahmt, traf in der Gruppenphase für den EM-Neuling Georgien gleich drei Mal. Er hatte damit großen Anteil am Achtelfinaleinzug des krassen Außenseiters. Seine beste Aktion des Turniers war aber vielleicht sogar gar kein Tor, sondern sein perfekt temperierter Steilpass auf Sturmpartner Kvaratskhelia, der den sensationellen Sieg gegen Portugal einleitete.