Turnier in Deutschland Die EM 2024 hat geliefert - schade, dass sie schon wieder vorbei ist
Knapp ein Monat Fußball-EM in Deutschland ist vorüber. Sportschau-Reporter Holger Dahl zieht ein insgesamt positives Fazit des Turniers.
Wenn man etwas schon vermisst, nachdem es gerade vorbei ist - muss es schon echt gut gewesen sein. Und genau so fühlt sich das nach dem Abpfiff der Europameisterschaft an. Und ja - natürlich war nicht alles toll.
So hat das Wetter nicht vollumfänglich mitgespielt - aber darauf hatten Organisatoren, Spieler und Fans auch den geringsten Einfluss. Ganz Europa weiß nun, dass der deutsche Fern- und Nahverkehr dem immer noch beschworenen Bild des Organisationsweltmeisters längst nicht mehr entspricht.
Eine Veranstaltung dieser Größe wird es außerdem nie schaffen, die Themen abseits des Sports auszublenden. Demirals zu Recht sanktionierter "Wolfsgruß", rechte Fangesänge, und nationalistische Beleidigungen standen aber auch den demokratiebefürwortenden Wahlaufrufen der Franzosen mit ihrem Star Kylian Mbappé und klarer Kante des österreichischen Teams gegen Rechts gegenüber.
Würdiges Finale, aber auch gebremster Offensivgeist
Spanien gegen England war ein würdiges Finale eines Turniers, das allerdings nicht durchgehend allerbeste Unterhaltung bot. Gerade in den K.o.-Spielen stand oft Sicherheitsdenken dem von vielen erwünschten Offensivgeist im Weg.
Ganz bestimmt ist die Zahl von 60 plus x Pflichtspielen schon vor Beginn der EM für die Stars des Weltfußballs zum Saisonfinale nicht leistungsfördernd. Besondere Fußballmomente gab es zwar nur phasenweise, wenn sich die ganz Großen gegenüberstanden. Das war's dann aber auch mit der Quengelei.
Leidenschaft bei kleinen Fußballnationen
Wenn die Star-Teams Spiele verwalteten, jagten kleinere Fußballnationen wie zum Beispiel Georgien mit Leidenschaft dem Ball hinterher. Albanien toppte mit seinem frühen Tor gegen Italien in Dortmund Dezibel-Rekorde des dort sonst heimischen BVB. Österreich deutete an, was ohne Aussetzer in der K.o.-Runde möglich gewesen wäre. Schade, dass sich mit Spanien und Deutschland die beiden attraktivsten Teams schon im Viertelfinale gegenüberstanden.
Bundestrainer Julian Nagelsmann hat trotz des zu frühen Aus deutlich mehr bewirkt, als noch vor einem Jahr möglich schien. Der jüngste EM-Trainer ist nicht nur sportlich der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Platz, sondern füllt die Rolle des wichtigsten Sportlehrers des Landes auch abseits des Platzes mit gut funktionierendem Werte-Kompass und starkem Charakter vorbildlich aus.
Nach der Corona-EM 2021 und der fragwürdigen Katar-WM war die Zeit mal wieder reif für ein dann doch unbeschwertes Fußballfest. Das bewiesen schottische Dudelsackspieler in Straßenbahnen - Niederländer, die zu Tausenden zum EM-Ohrwurm nach links und nach rechts hüpften - Deutsche, die völlig losgelöst vor den Großbildleinwänden in den Fan-Zonen mitfieberten.
Die Europameisterschaft 2024 hat geliefert - schade, dass sie schon wieder vorbei ist.