Gareth Southgate

"Zeit für ein neues Kapitel" Englands Nationaltrainer Southgate tritt zurück

Stand: 16.07.2024 20:21 Uhr

Englands Nationaltrainer Gareth Southgate hat zwei Tage nach dem verlorenen EM-Finale gegen Spanien (1:2) seinen Rücktritt erklärt.

Kurz danach erhielt der 53-Jährige für seinen Entschluss ein royales Lob. "Gareth, ich möchte Ihnen danken, nicht als FA-Präsident, sondern als England-Fan", schrieb Thronfolger Prinz William, Präsident des englischen Fußballverbands (FA), auf der Plattform X. "Vielen Dank, dass Sie eine Mannschaft aufgebaut haben, die 2024 mit den besten Teams der Welt auf Augenhöhe ist." Zum Titel reichte es für England allerdings wieder nicht.

Southgate zog die Konsequenzen: Am Dienstag (16.07.2024) verkündete der Nationalcoach wie schon erwartet seinen Abschied. "Als stolzer Engländer war es die Ehre meines Lebens, für England zu spielen und England zu trainieren. Es hat mir alles bedeutet, und ich habe mein Bestes gegeben", sagte Southgate in einer Mitteilung der FA. "Aber es ist Zeit für Veränderung und ein neues Kapitel. Das Finale am Sonntag in Berlin gegen Spanien war mein letztes Spiel als England-Trainer."

Bellingham dankt Southgate

Englands Fußball-Star Jude Bellingham lobte Southgate in den höchsten Tönen. Es sei ein Privileg, von jemandem geführt zu werden, der so engagiert und leidenschaftlich ist, schrieb der Offensivspieler von Real Madrid bei Instagram. "Gareth ist nicht nur mit Sicherheit einer der besten Trainer in der Geschichte der Nationalmannschaft, sondern auch ein unglaublicher Mensch. Vielen Dank für alles und alles Gute für das nächste Kapitel, Gaffer", erklärte Bellingham.

"Aus der Sicht eines Fans, der Mitglied der Mannschaft geworden ist, war es eine Achterbahnfahrt unglaublicher Gefühle, die unserem Land wieder Hoffnung und Freude eingeflößt hat", schrieb der 21 Jahre alte Bellingham. Er dankte Southgate und dessen Team "für die großartigen Erinnerungen während seiner Amtszeit" und berichtete, dass nach der Finalniederlage von Berlin bei ihm noch immer Traurigkeit und Enttäuschung überwiegen würden.

Vertrag lief nur bis Ende des Jahres

Mit dem zweiten Platz wird sich die Titelflaute, die dem englischen Fußball schwer zu schaffen macht, von bisher 58 auf mindestens 60 Jahre verlängern. Southgates Vertrag lief noch bis zum Ende des Jahres, doch im Laufe des Turniers kam mitunter harsche Kritik an dem Coach auf.

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Die Turnierbilanz von Southgate, der seit September 2016 im Amt war, war überaus erfolgreich. Neben dem Finaleinzug in Deutschland erreichte er auch 2021 das EM-Finale, 2018 das WM-Halbfinale und 2022 das WM-Viertelfinale. Nur Weltmeister-Trainer Alf Ramsey war mit den "Three Lions" erfolgreicher.

Öffentliche Kritik an Southgate war groß

Southgate hatte seinen Vertrag vor der EM nicht verlängert. Die öffentliche Kritik an ihm, auch bei vielen Ex-Profis, war in den vergangenen Jahren gewachsen - auch bei diesem Turnier blieb sie nicht aus. Die Fans warfen Becher nach dem Trainer, die heimischen Experten und Medien übten anfangs heftige Kritik.

Die Gruppenphase war für die mit zahlreichen Topspielern angetretenen Engländer äußerst holprig verlaufen. Der Stimmungsumschwung kam erst nach dem überzeugenden 2:1 im Halbfinale gegen die Niederlande.

Mögliche Nachfolger waren schon heiß gehandelt worden, bevor Southgates Entschluss die Öffentlichkeit erreichte. "Würdet ihr nicht alles für Jürgen Klopp geben?", fragte der BBC-Experte und Ex-Nationalspieler Gary Lineker in einer Gesprächsrunde. Klopp sei "irgendwie ohne Job. Er wird sich ein bisschen ausgeruht haben".

Jürgen Klopp als Zuschauer beim EM-Finale

Klopp genoss am Sonntag beim EM-Finale jedenfalls seine Zuschauerrolle noch in vollen Zügen. In lässiger Jeansjacke knipste die Trainer-Ikone Fotos mit Ed Sheeran und Dennis Schröder, erfreute sich am rot leuchtenden Berliner Abendhimmel.

Seine Auszeit vom Trainer-Dasein kostet Klopp derzeit voll aus - ein Job als Englands Nationaltrainer wirkt verfrüht, auch wenn der "Guardian" in ihm den "perfekten" Nachfolger von Southgate sieht.

Thomas Tuchel hatte offenbar schon einmal Interesse

Und auch der Name Thomas Tuchel wabert schon durch die englischen Medien. Der 50-Jährige ist nach seinem Aus beim FC Bayern frei, kennt die Insel von seiner Zeit beim FC Chelsea - und soll sich den Job vorstellen können. Das berichtet zumindest die britische Boulevardzeitung "The Sun". Demnach habe sich Tuchel 2022 schon einmal beim englischen Verband FA angeboten.

Nun bestehe erneut Interesse, den wichtigsten Trainerposten im Mutterland des Fußballs zu übernehmen. Laut "Telegraph" gehört Tuchel zu einer Reihe von Trainern, die vom englischen Verband "geprüft" werden. Genannt werden zudem Eddie Howe von Newcastle United, der frühere Chelsea-Coach Graham Potter oder Mauricio Pochettino.

Lob vom Verbandschef für Gareth Southgate

Dabei hätte die FA trotz aller Kritik an der Spielweise dem Vernehmen nach gerne an Southgate festgehalten. Dieser habe "das Unmögliche möglich gemacht und ein starkes Fundament für zukünftige Erfolge gelegt", sagte FA-Chef Mark Bullingham: "Wir blicken mit großem Stolz auf Gareths Amtszeit zurück - sein Beitrag zum englischen Fußball, einschließlich einer bedeutenden Rolle in der Spielerentwicklung und im kulturellen Wandel, war einzigartig."

Doch nach 102 Spielen macht Southgate Schluss - und übergibt eine intakte Mannschaft. "Ich freue mich darauf, den Spielern dabei zuzusehen und sie zu feiern, wie sie weitere besondere Erinnerungen schaffen und die Nation verbinden und inspirieren. Wir wissen, dass sie es können", sagte er.