
Klub aus Norwegen gewinnt Rechtsstreit Sportgerichtshof: "UEFA Mafia"-Rufe von Brann Bergens Fans erlaubt
Im Stadion "UEFA Mafia" rufen? Das ist dem internationalen Sportgerichtshof CAS zufolge in bestimmten Fällen von der Meinungsfreiheit gedeckt. Er folgte dem Einspruch des norwegischen Klubs Brann Bergen gegen eine entsprechende Bestrafung durch die UEFA.
Das teilte der Klub am Sonntag (06.04.2025) mit. Unter dem Jubel zahlreicher Fans wurde die Entscheidung des CAS zur Aufhebung der Strafe verlesen, bevor das Männerteam des Klubs sein Ligaspiel gegen Tromsö begann. Das nächste Heimspiel der Frauen findet am 12. April statt.
Die UEFA-Disziplinarkammer hatte Brann Bergen im Frühjahr 2024 für "UEFA Mafia"-Rufe beim Heimspiel des Klubs in der Champions League der Frauen gegen SKN St. Pölten zu einer Geldstrafe von 5.000 Euro verurteilt. Die gleiche Strafe folgte für ein Banner mit der Aufschrift "UEFA Mafia" in einem Spiel gegen den FC Barcelona am 20. März 2024. Seitdem kämpfte der Klub gegen die Strafe. Fans des Klubs hatten Geld gesammelt, um den Klub bei der Finanzierung des Prozesses zu unterstützen.
"Die UEFA ist nicht die Mafia - es war eine satirische und machtkritische Aussage"
Branns Präsident Aslak Sverdrup hatte darauf bestanden, dass der Ruf von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Der Ruf "UEFA Mafia" sei "ganz offensichtlich nicht als Tatsachenbehauptung zu interpretieren und impliziert nicht, dass die UEFA die Mafia oder eine andere Form des organisierten Verbrechens repräsentiert", argumentierte der Klub bei seinem Protest 2024 und teilte nun mit, dass auch der CAS der Ansicht sei, dass eine Aussage "im Lichte des tatsächlichen Kontextes interpretiert werden muss". In diesem Fall sei es eine "satirische und machtkritische Aussage". Das Urteil und die Begründung des CAS liegen noch nicht vor. Das europäische Fanbündnis Football Supporters Europe nannte die Entscheidung "im Allgemeinen für ein positives und gutes Zeichen für das Recht der Fans, in Stadien zu protestieren".

Brann Bergens Präsident Aslak Sverdrup
Die Strafe nannte Präsident Sverdrup auch in der Höhe unverhältnismäßig. Während bei den Männerspielen bei diesen Vergehen meist 10.000 Euro fällig werden, sind es bei den Frauen 5.000 Euro - also die Hälfte. Gleichzeitig bekommen die Männer für einen Sieg in der Vorrunde 2,1 Millionen Euro, die Frauen aber nur 50.000 Euro, also rund 2,4 Prozent davon.
UEFA: "Meinungsfreiheit rechtfertigt keine Beleidigungen"
Gleichzeitig habe der CAS laut Brann betont, dass der Slogan "UEFA Mafia" deshalb nicht in jeder Form akzeptabel sei. Für die Zukunft bleibe es also bei einer Einzelfallentscheidung, aber die Beweislast liege nun bei der UEFA, so der Klub.
Die UEFA verweist auf Anfrage der Sportschau darauf, dass die Geldstrafe "nur aufgrund der außergewöhnlichen Umstände des Falles und der schwachen Beweislage aufgehoben" worden sei. "In keiner Weise hat der CAS bestätigt, dass die Meinungsfreiheit beleidigende Äußerungen sogenannter 'Fans' rechtfertigen könnte." Der CAS habe bestätigt, dass die UEFA ein legitimes regulatorisches Interesse habe, unangemessenes Verhalten während eines Fußballspiels zu verhindern.

Die UEFA-Zentrale im schweizerischen Nyon
"Die Disziplinarinstanzen der UEFA werden weiterhin ihre Nulltoleranzpolitik gegenüber unangemessenem Verhalten anwenden, um sicherzustellen, dass UEFA-Spiele nicht zur Bühne für gewalttätiges, rassistisches oder beleidigendes Verhalten werden, das einem Sportereignis nicht angemessen ist", so der Verband. Brann Bergen könnte wieder ein Thema werden: Bei den Frauen und bei den Männern hat der Klub die Qualifikationsrunden der Champions League 2025/26 erreicht.
"UEFA Mafia" oder "Fuck UEFA" - für die Disziplinarkammer Tagesgeschäft
Für die Disziplinarkammer der UEFA sind Rufe und Banner, die Slogans wie "UEFA Mafia" oder auch "Fuck UEFA" transportieren, Tagesgeschäft. Die Disziplinarkammer bezieht sich bei ihren Urteilen zu solchen Bannern stets auf einen Paragraphen, der "unangemessene Botschaften" verbietet, besonders bei einer "beleidigenden Natur" der Botschaft.
Beim 7:1 im Oktober 2024 gegen Celtic zeigten Fans von Borussia Dortmund eine große Choreographie mit dem Slogan "UEFA Mafia", der Klub wurde zu 35.000 Euro Strafe verurteilt. Die Aktion bezog sich maßgeblich auf die bei der aktiven Fanszene unbeliebte Reform der Champions League.

BVB-Fans mit einer Choreo "UEFA Mafia"
Während der EM 2024 in Deutschland wurden ebenfalls mehrere solcher Strafen ausgesprochen. Rumäniens Verband musste für Fans zahlen, die in Köln ein Banner mit "UEFA Mafia" hochhielten. Dänische Fans zeigten ein Banner mit "Fuck UEFA". DBU-Direktor Erik Brögger Rasmussen kündigte damals an, die Rechnung an die Fans weiterzugeben. Fans protestierten dagegen und beriefen sich ebenfalls auf die Meinungsfreiheit.

Rumänische Fans zeigen in Frankfurt ein Banner mit der Aufschrift "UEFA Mafia"
Christian Rothmann vom dänischen Fanbündnis DFF sagte damals: "Fans dürfen eine Meinung haben und diese im Stadion zeigen, solange sie nicht Gewalt oder Homophobie, Rassismus oder andere Angriffe auf Minderheiten fördert. Dies ist keine Kritik, die mit Geldstrafen gestoppt werden kann - sie muss gestoppt werden, indem sich die UEFA ihrer eigenen Verantwortung und Rolle im internationalen Fußball bewusst wird."

Dänische Fans zeigen in Frankfurt ein Banner mit der Aufschrift "Fuck UEFA"
Young Boys: "'Scheiße' muss nicht 'Scheiße' bedeuten"
Brann Bergen ging nun erfolgreich gegen die Strafe vor, viele setzten sich in der Vergangenheit vergeblich zur Wehr, allerdings nur innerhalb der Rechtsorgane der UEFA. Bei einem Europapokalspiel von Young Boys Bern 2021 sangen die Berner Fans auf Deutsch "Scheiß UEFA". Der Klub widersprach der folgenden Bestrafung durch die Disziplinarkammer, die sich auf Gesänge mit der Übersetzung "Fuck UEFA" berief.
Der Klub argumentierte, dass es auf Schweizerdeutsch verschiedene Interpretationsmöglichkeiten des Wortes gebe. "Scheiße" müsse dem Klub zufolge "nicht unbedingt 'Scheiße' bedeuten". Der Begriff könne auch Unmut ausdrücken, wenn bestimmte Dinge nicht funktionierten. "Im vorliegenden Kontext sind die 'Scheiß UEFA'-Gesänge eher eine Bekundung der Unzufriedenheit als eine Beleidigung", so Young Boys Bern - Einspruch durch die UEFA-Berufungskammer abgewiesen.

Fans von Young Boys Bern im Spiel gegen Ferencvaros Budapest - riefen sie "Scheiß UEFA"?
Roter Stern und Malmö: Es ist eine Einordnung, keine Beleidigung
Gesänge mit "UEFA Mafia" gab es bei Roter Stern Belgrad im Spiel gegen RB Leipzig im November 2023. Der Klub führte an, dass aus seiner Sicht die Meinungsfreiheit eingeschränkt werde. "Es geht nicht um Diffamierung, sondern um eine satirische Einordnung", so Roter Stern. Die UEFA sollte zudem nicht darüber entscheiden, was eine Beleidigung gegen sie selbst ist und was nicht. Denn das sei ein Interessenkonflikt, meinte der Klub - Einspruch durch die UEFA-Berufungskammer abgewiesen.

Fans von Roter Stern Belgrad beim Heimspiel gegen Leipzig
"UEFA Mafia" stand auch auf einem Plakat von Fans des schwedischen Klubs Malmö FF im Spiel gegen Union Berlin im Oktober 2022. Die Verteidigung des Klubs: Das Banner sollte keine Provokation darstellen, "sondern vielmehr eine gewisse Unzufriedenheit der Fans mit der aktuellen komplexen politischen Situation des Fußballs ausdrücken". Einspruch durch die UEFA-Berufungskammer abgewiesen.
Manche Fans zeigten sich kreativ zur Umgehung von Vorwürfen, Fans von Legia Warschau zeigten die beabsichtigte Botschaft hinter einem Bilderrätsel.

Fans von Legia Warschau mit einem Banner gegen die UEFA