
Viertelfinale der Nations League Kroatiens Alte Herren haben es immer noch drauf
Luka Modric, Ivan Perisic, Andrej Kramaric, Ante Budimir - vier Spieler in Kroatiens Siegformation im Nations-League-Viertelfinale gegen Frankreich waren älter als 33 Jahre. Alle vier sind allerdings auch bei ihren Klubs weiterhin sehr gefragt.
Fast jeder Kreisliga-Kicker kennt das: Der Gegner stellt eine sehr, sehr erfahrene Mannschaft auf und während man sich selbst motiviert aufwärmt, wird auf der anderen Seite eher gequatscht oder nochmal eine Zigarette geraucht und ein bisschen gedehnt. Man ist angesichts der eigenen athletischen Fähigkeiten überzeugt, dass das heute ein erfolgreicher Sonntag wird.
Aber dann geht das Spiel los und man muss froh sein, wenn man überhaupt mal an den Ball darf, weil die Kontrahenten alle "mal höher gespielt haben" und dabei eben extrem abgezockt sind. Ein ganz kleines bisschen könnte sich die französische Nationalmannschaft am Donnerstagabend auch so gefühlt haben - mal abgesehen von dem "höher gespielt" und den Zigaretten (wahrscheinlich).
Kroatiens Routiniers zaubern und treffen
Denn Gegner Kroatien hatte mit Ivan Perisic (36), Luka Modric (39), Andrej Kramaric (33) und Ante Budimir (33) gleich vier Spieler in der Startelf aufgeboten, die alle für Ü32-Mannschaften spielberechtigt wären. Teilweise schon lange. Dass das Niveau der Routiniers auch für die mit Weltstars gespickte französische Auswahl allemal noch ausreicht, war in diesem Viertelfinal-Hinspiel der Nations League klar zu sehen. Zum Beispiel in der 26. Minute.
Perisic wurde auf dem linken Flügel von Joules Koundé nicht richtig angegriffen, sondern nur zugestellt, konnte deshalb relativ unbedrängt flanken und in der Mitte verfolgten William Saliba und Lucas Digne den einlaufenden Ante Budimir nur halbherzig, der die perfekte Hereingabe mit dem Kopf zum 1:0 unterbrachte. Damit aber nicht genug: Kurz vor dem Halbzeitpfiff prallte ein abgewehrter Ball in Richtung rechter Strafraumrand, wo Perisic Zeit genug hatte, um genau Maß zu nehmen und den Ball links unten wunderbar volley einzuschweißen - 2:0. Dabei verschoss die Mannschaft in Person von Kramaric sogar noch einen Handelfmeter.
Viele Spieler schon 2018 im Finale dabei
Frankreich droht nach dieser 0:2-Hinspielniederlage vor dem Rückspiel am Sonntagabend nun das überraschende Aus und die kroatische Mannschaft könnte sich mit dem, wie allerdings schon seit einigen Jahren behauptet wird, letzten Hurra der alten Generation vielleicht doch noch mal einen Titel sichern. Bei der WM 2018 war man schon kurz davor gewesen, als Kroatien unter dem immer noch aktuellen Trainer Zlatko Dalic im Finale eben den Franzosen, auch damals schon unter Trainer Didier Deschamps, mit 2:4 (1:2) unterlag.

Kroatiens Trainer Zlatko Dalic mit seinen Spieler Marcelo Brozovic, Luka Modric und Mateo Kovacic
Aus dem Weltmeister-Kader standen am Donnerstag nur noch Kylian Mbappé und Ousmane Dembélé im französischen Aufgebot. Bei den Kroaten waren Torwart Dominik Livakovic, Verteidiger Duje Caleta-Car, Mateo Kovavic, Modric und Kramaric immer noch dabei und standen am Donnerstag auch alle in der Startelf. Dazu kam eben Torschütze und Spätstarter Budimir (2014/15 in 19 Zweitligaspielen für St. Pauli ohne Treffer), der mit 33 Jahren gerade in La Liga seine wohl beste Saison hinlegt und für Osasuna in 31 Pflichtspielen schon 18 Tore erzielt hat.
Hinten Jugend - vorne Erfahrung
29,3 Jahre betrug das Durchschnittsalter der kroatischen Startformation am Donnerstag und wurde dabei vor allem von der Defensive noch gedrückt, denn dort hat der Umbruch bereits erfolgreich stattgefunden: Lyons Duleta-Car war mit 28 Jahren der älteste Spieler der Viererkette, neben ihm verteidigten Bayerns Josip Stanisic (24), Manchester Citys Josko Gvardiol (23) und Josip Sutalo (25) von Ajax Amsterdam. Sie alle spielen bei ambitionierten Klubs und haben bereits internationale Erfahrung gesammelt. Nur weiter vorne fehlt es Dalic scheinbar an Alternativen: In Mittelfeld und Sturm war nur Zagrebs Top-Talent Martin Baturina (22) unter 30 Jahre alt.
Man könnte aber auch argumentieren: Bei Dalic gilt eben das Leistungsprinzip. Modric hat auch in dieser Saison schon wieder 44 Einsätze für Real Madrid absolviert, immerhin 20 davon in der Startelf. Perisic hat in 28 Einsätzen für Champions-League-Achtelfinalist PSV Eindhoven 18 Torbeteiligungen auf dem Konto, Budimir liegt in der Torschützenliste von La Liga nur hinter Robert Lewandowski und Mbappé und Kramaric ist mit 14 Torbeteiligungen immer noch Topscorer bei Hoffenheim.

Baturina, Sucic, Ivanovic - Talente mit langsam wachsender Rolle
Tatsächlich wartet dahinter doch auch neben Baturina, um den sich im Winter schon BVB- und Real-Madrid-Gerüchte rankten, das ein oder andere vielversprechende Talent: Stürmer Franjo Ivanovic (21) spielt in Belgien für Saint-Gilloise eine starke Saison und im Mittelfeld wird Petar Sucic (21) im Sommer für etwa 14 Millionen Euro von Zagreb zu Inter Mailand wechseln. Beide wurden gegen Frankreich zumindest eingewechselt, für Budimir und Kramaric. Auch im Rückspiel werden sie wohl erst einmal den alten Hasen zusehen müssen.