Kroatiens Luka Modrić (l.) kämpft mit Belgiens Verteidiger Jan Vertonghen (r.) um den Ball.

FIFA WM 2022 Kroatien zittert sich weiter - Belgien ausgeschieden

Stand: 01.12.2022 17:53 Uhr

Vize-Weltmeister Kroatien ist bei der WM in Katar ins Achtelfinale eingezogen. Dem Team von Coach Zaltko Dalic reichte im dritten Gruppenspiel gegen Belgien ein torloses Remis zum Weiterkommen. Für Belgiens "goldene Generation" ist das Turnier zu Ende.

Von Hanno Bode


Die "Roten Teufel" wurden mit vier Zählern Dritter hinter Kroatien und Marokko, das durch einen 2:1-Sieg gegen Kanada überraschend den Gruppensieg feierte. Belgien verabschiedete sich mit seiner besten Leistung aus Katar. Im zweiten Abschnitt war der WM-Dritte von 2018, bei dem Coach Roberto Martinez kurz nach dem Abpfiff zurücktrat, dem 1:0 einige Male ganz nah. Bei einem Erfolg des Benelux-Staates hätten die Kroaten die Heimreise antreten müssen.

Kroatien trifft am Montag (05.12.22, 16 Uhr MEZ) in der Runde der letzten 16 auf Japan, das in der deutschen Gruppe überraschend Erster wurde.

Martinez setzt Kapitän Eden Hazard auf die Bank

Belgien hatte nach seinen ersten beiden enttäuschenden Auftritten bei der Wüsten-Winter-WM gegen Kanada (1:0) und Marokko (0:2) Besserung gelobt. In einer einstündigen Mannschaftssitzung wurde Tacheles geredet. "Wir waren nicht zimperlich untereinander", verriet Martinez. Der Spanier selbst war auch nicht zimperlich - und zwar in seinen Personalentscheidungen. In Eden Hazard setzte der 49-Jährige seinen Kapitän auf die Bank. Auch dessen Bruder Thorgan Hazard sowie Michy Batshuayi flogen im Vergleich zum Marokko-Duell aus der Anfangsformation.

Der in Katar stark aufspielende Amadou Onana fehlte zudem gelbgesperrt, sodass die "Roten Teufel" mit vier neuen Akteuren in der Startelf aufliefen.

Belgien formverbessert

Und die Personalrochade wirkte sich positiv aus. Die Martinez-Elf hinterließ einen kompakteren und geschlosseneren Eindruck als zuletzt und zeigte sich auch fußballerich etwas verbessert. Vom einstigen Offensiv-Wirbel der "goldenen Generation" war in Hälfte eins erneut nicht viel zu sehen. Aber insgesamt lief der Ball flüssiger durch die belgischen Reihen als in den beiden Partien zuvor.

So beispielsweise in der 13. Minute, als der kritische Ankurbler Kevin De Bruyne ("Wir sind zu alt, um die WM zu gewinnen") Dries Mertens perfekt in Szene setzte, der Angreifer von Galatasaray Istanbul in Rücklage aber weit übers Tor schoss.

Schiedsrichter Taylor nimmt Elfmeter zurück

Es war eine von insgesamt zwei nennenswerten Chancen im ersten Abschnitt. Die erste hatte Kroatiens Ivan Perisic bereits nach acht Sekunden (!) gehabt. Der Schuss des früheren Bayern-Profis strich knapp am Pfosten vorbei. In der 15. Minuten hatte der Vize-Weltmeister die Führung zwar bereits vor Augen, als Schiedsrichter Anthony Taylor (England) nach einem Foul von Yannick Carrasco an Andrej Kramaric auf den Elfmeterpunkt entschied.

Doch dann bekam der Referee ins Ohr geflüstert, sich den vorausgegangenen Freistoß noch einmal anzuschauen. Und nach Sichtung der Bewegtbilder revidierte Taylor korrekterweise seine Entscheidung. Denn Dejan Lovren hatte ganz knapp im Abseits gestanden.

Courtois verhindert belgischen Rückstand

Kroatien konnte mit dem torlosen Remis zur Halbzeit dennoch besser leben als Belgien. Denn weil Marokko im Parallelspiel gegen die bereits ausgeschiedenen Kanadier mit 2:1 führte und damit zu diesem Zeitpunkt sieben Zähler auf dem Konto hatte, mussten die "Roten Teufel" für den Achtelfinal-Einzug zwingend gewinnen. Mit der Einwechslung des angeschlagenen Stürmerstars Romelu Lukaku für den glücklosen Mertens versuchte Coach Martinez dann auch, das Offensivspiel seiner Elf zu beleben.

Und der 29-Jährige besaß nach einer Flanke von De Bruyne auch gleich die erste Gelegenheit des zweiten Durchgangs. Sein Kopfball stellte Keeper Dominik Livakovic allerdings vor keine Probleme (48.). Auf der Gegenseite prüften Mateo Kovacic (50.), Marcelo Brozovic (54.) und Luka Modric (55.) Torwart Thibaut Courtois auf Herz und Nieren.

Lukaku scheitert am Pfosten...

Just in die Drangphase der "Kockasti" hinein wäre dann beinahe Belgiens Führung gefallen. Und wieder hätte der Torschütze fast Lukaku geheißen. Diesmal verhinderte der Pfosten den ersten Katar-Treffer des Angreifers von Inter Mailand (60.). 120 Sekunden später kam der 29-Jährige nach einer Hereingabe von De Bruyne freistehend zum Kopfball, vergab jedoch auch diese Chance.

...und an seinen Nerven

Martinez verstärkte noch einmal die Offensive und wechselte Katar-Debütant Jeremy Doku und Youri Tielemans ein (72.). Kapitän Eden Hazard schob weiterhin außerhalb des Spielfeldes Frust. Ein bitteres Los für den Mann, der die Erfolge von Belgiens "goldener Generation" in den vergangenen Jahren maßgeblich mitgeprägt hatte. Erst in der 87. Minute durfte der Star von Real Madrid den Rasen betreten. Kurz zuvor hatte Lukaku erneut das 1:0 vergeben.

Endgültig zur tragischen Figur wurde der 29-Jährige in der letzten Minute der regulären Spielzeit, als er nach einer Hereingabe von Thorgan Hazard aus eineinhalb Metern an Livakovic scheiterte, der die vorige Flanke böse unterlaufen hatte.

Es war die letzte Chance in einer Partie, die für viele Spieler von Belgiens "goldener Generation" vielleicht die Abschiedsvorstellung im Nationalteam war.