
Meistertrainer des FC Liverpool Arne Slot - perfekter Start für den perfekten Erben
Arne Slot hat in seiner ersten Saison beim FC Liverpool sofort den Meistertitel in der Premier League gewonnen. Der Trainer machte so den Abschiedsschmerz wegen Jürgen Klopp vergessen.
Als sich Jürgen Klopp im Jahr 2015 bei seiner Antritts-Pressekonferenz beim FC Liverpool als "The normal one" bezeichnete, war das ein glorreicher Start einer glorreichen Ära. Für diese Formulierung zelebrierten ihn die "Reds" in den gesamten neun Jahren, in denen er mit dem Klub zahlreiche Erfolge wie die erste englische Meisterschaft nach 30 Jahren und den Champions-League-Titel feierte.
Von seinem Nachfolger Arne Slot ist dagegen bei seiner Vorstellung so gut wie nichts hängengeblieben - obwohl die englischen Journalisten sofort versuchten, einen ähnlichen Slogan aus ihm herauszukitzeln. Der Niederländer, von Feyenoord Rotterdam gekommen, wurde bei seinem ersten Auftritt sofort auf das Klopp'sche "The normal one" angesprochen und gefragt, wie er sich beschreiben würde. Auf eine Antwort warteten die Journalisten aber vergeblich, Slot zögerte, lachte, sprach viel über Klopp - aber beschrieb sich mit keinem Wort selbst.
Slot: Kein Slogan, aber viele Rekorde
Slot lieferte nicht die gewünschte Schlagzeile, aber was folgte, war genau das, was sich Liverpool gewünscht, vielleicht aber gar nicht zu träumen gewagt hatte. Der heute 46-Jährige, der vorher weder als Spieler noch als Trainer außerhalb der Niederlande aktiv gewesen war, hat von Tag eins an einen Erfolg, wie ihn nicht mal Klopp hatte. All die Trauer, die entstanden war, als der deutsche Coach im Januar 2024 seinen Abschied angekündigt hatte, war ganz schnell vergessen.
Slot gewann als erster Trainer seine ersten sechs Auswärtsspiele in der Premier League, schaffte so schnell wie kein anderer Coach aus dem englischen Oberhaus die ersten 15 Pflichtspielsiege und war der erste Liverpool-Übungsleiter, der elf seiner ersten zwölf Partien gewann. Es folgten noch viele weitere Rekorde - und nun ist er erst der fünfte Trainer, der in seiner ersten Saison in der Premier League den Titel holt. Und Klopp gehört nicht zu den übrigen vier.
Liverpool-Trainer Slot würde gerne mehr genießen
Glaubt man seinen Worten, dürfte ihm das erst nach dem Abpfiff beim 5:1 gegen die Tottenham Hotspur bewusst geworden sein. Zuvor hatte Slot die Journalisten vermutlich wieder enttäuscht, als er vor dem vorherigen Spiel bei Leicester City (1:0) schon auf die Chance, vorzeitig den Titel zu gewinnen, antwortete: "Mein ganzes Leben lang lebe ich im Moment. Ich bin die Art von Person, die nicht ständig zurück oder nach vorne guckt." Die Begeisterung bei den Medienschaffenden dürfte so groß gewesen sein wie bei deutschen Journalisten, wenn Trainer oder Spieler offenbaren, dass sie "von Spiel zu Spiel denken".
Slot scheint das aber ein wenig zu bedauern. "Die Leute sagen einem ständig: 'Versuche es zu genießen, versuche, die ganze Reise zu genießen.' Aber das Einzige, woran du als Trainer denkst, ist: 'Oh, am Wochenende steht auch ein Spiel an und wir müssen das gewinnen. Und wir müssen das nächste gewinnen und wir müssen das nächste gewinnen und wir müssen das nächste gewinnen.'" Gewinnen, gewinnen, gewinnen - aber eins nach dem anderen. Und weil er das macht, kann der FC Liverpool nun seinen sechsten Meistertrainer in die Geschichtsbücher eintragen.

Die Fans des FC Liverpool haben sich schnell in Arne Slot verliebt.
"Reds" profitieren von ähnlichen Spielphilosophien
Dass das ohne die Vorarbeit von Klopp nicht möglich gewesen wäre, liegt nah. Der jetzige Fußballchef des Red-Bull-Konzerns hatte Liverpool wieder zu einem der besten Klubs in Europa entwickelt, über Jahre eine extrem gut funktionierende Mannschaft mit herausragenden Einzelspielern gebildet. Und der Verein hat bei der Suche nach seinem Nachfolger seine Hausaufgaben gemacht und mit Slot den idealen Nachfolger gefunden.
"Wenn man bei einem neuen Klub anfängt, will man seinen Stil so schnell wie möglich einbringen", sagte Slot im November 2024. "Das war nicht so schwer, weil der Stil so ähnlich zu dem von Jürgen ist - besonders ohne den Ball, weil wir beide wirklich hoch ins Pressing gehen wollen." Der neue Trainer musste also nur da weitermachen, wo der alte Trainer aufgehört hatte. Und der Aufstieg auf den Gipfel ist nunmal viel kürzer, wenn man nicht im Tal, sondern schon nach einem großen Teil des Berges loslegen kann.
Slot ist nicht Klopp - keine Fäuste, aber trotzdem ein Fan-Liebling
Wobei Slot nicht einfach der Klopp-Klon ist, der dessen Werk fortführt. Der Trainer, der 2020 seinen damaligen Klub AZ Alkmaar mit seinen Gesprächen mit Feyenoord so sehr verärgerte, dass er von jetzt auf gleich entlassen wurde, hat die "Reds" weiterentwickelt. Slot hat seine eigene Philosophie. "Meine Art ist es, die Mannschaft bestmöglich spielen zu lassen, damit die Fans das Spiel genießen können. So baue ich eine Bindung zu ihnen auf", sagte er im August.

Fäuste schwingen wie Jürgen Klopp? Ist nicht die Art von Arne Slot.
Der Niederländer betonte damals aber auch: "Erwartet nicht, dass ich nach dem Spiel mit den Fäusten rudere. Das ist nicht mein Stil. Es geht eher darum, die Mannschaft auf eine bestimmte Art spielen zu lassen, damit sie die Mannschaft mögen und dadurch auch den Trainer." Und so kam es, die Fans lernten ihren neuen Trainer schnell lieben, und sie sagen für ihn nach der Melodie von Opus' Welthit "Live is Life": "Arne Slot - na, na, na, na, na. Arne Slot".
Wie sie auf dieses Lied kamen? Klopp hatte den Slot-Song bei seiner Abschiedszeremonie im Anfield Stadium angestimmt und zigtausend Fans sangen mit ihm. "Dass er den Song für mich gesungen hat, war ein sehr spezieller Moment", sagte Slot dazu bei seiner ersten Pressekonferenz. "Bei Feyenoord hatte ich das Glück, dass die Fans dieses Lied nach einiger Zeit für mich gesungen haben. Jetzt komme ich hierhin, habe noch nicht gearbeitet, kein Spiel gewonnen und trotzdem singen die Fans schon meinen Namen - das ist ein guter Start."
Verlängerungen von Salah und van Dijk auch wegen Slot
Klopp übergab mit seinem Gesang das Zepter und machte den Fans klar, wen sie nun unterstützen sollten, und zwar "vom ersten Tag an", wie sein Auftrag lautete. Die Anhänger des Klubs bescherten Slot so den "guten Start", der Trainer selbst führte ihn mit seiner Mannschaft fort. Es folgten Siege en masse, viele Rekorde, wenige Rückschläge wie das Aus im Achtelfinale der Champions League gegen Paris St. Germain im Elfmeterschießen, ausgerechnet im Anfield.
Doch selbst von dieser Enttäuschung ist nichts mehr übrig. Liverpool ist Meister, kurz zuvor haben mit Mohamed Salah und Virgil van Dijk die beiden größten Identifikationsfiguren im Kader ihre Verträge doch noch verlängert und gehen nun doch nicht im Sommer ablösefrei - auch wegen ihres Trainers. Es gibt nichts, was darauf hindeutet, dass der Premier-League-Titel nicht erst der Anfang einer neuen Ära an der Anfield Road ist. Weil Liverpool mit Slot den perfekten Erben nach Klopp gefunden hat.