FIFA WM 2022 Frankreichs Torwart Lloris - Auf dem Weg, Geschichte zu schreiben
Hugo Lloris hat die Chance, als Kapitän mit Frankreich bei der WM 2022 den Titel erfolgreich zu verteidigen. Seinen Status als höchstens soliden Torwart dürfte das kaum ändern. Die starke Leistung im Halbfinale gegen Marokko ging auch weitestgehend unter.
Die Karrieren von Hugo Lloris und Manuel Neuer weisen einige Parallelen auf. Beide Torhüter spielen schon sehr lange für ihren Verein. Neuer verdient sein Geld seit 2011 beim FC Bayern, Lloris seit 2012 bei den Tottenham Hotspur. Beide Keeper sind Kapitäne in ihren Nationalmannschaften und haben jeweils über 100 Länderspiele. Neuer kommt auf 117, Lloris auf 144. Damit ist er sogar französischer Rekordnationalspieler.
Lloris zieht mit Neuer gleich
Seit Mittwoch (14.12.2022) teilen sich die beiden einen anderen Rekord. Lloris bestritt im französischen Halbfinale gegen Marokko (2:0) sein 19. Spiel bei einer WM, das erste datiert vom 11. Juni 2010. Zwei Tage später kam Neuer bei dem Turnier in Südafrika auf seinen ersten Einsatz. Schon vier Jahre später hielt er dann in Brasilien den Pokal für den Weltmeister in den Händen.
Auf dem Weg zum Turniersieg 2014 schaltete die deutsche Mannschaft im Viertelfinale Frankreich aus. An jenem 4. Juli im Stadion Maracana verlor Lloris zuletzt ein Spiel bei einer WM. Die elf folgenden Spiele, in denen der Torhüter auf dem Feld stand, gewann er auch, ohne dass Frankreich je eine Verlängerung benötigte.
Lloris winkt ein WM-Rekord
Ein zwölfter Erfolg am Sonntag (18.12.2022) im Finale gegen Argentinien, und sei es einer nach Elfmeterschießen, würde bedeuten, dass Lloris zum zweiten Mal nacheinander als Erster den Weltpokal in den Händen halten darf.
Erst ein Titel auf Klubebene
Er hätte dann zwei ganz große Titel gewonnen, gegen die sein einziger Erfolg mit einem Verein, ein Pokalsieg in Frankreich 2012 mit Olympique Lyon, abfällt.
In diesem Punkt unterscheiden sich die Karrieren von Neuer und Lloris gewaltig, denn der deutsche Kapitän benötigt für seine Trophäensammlung mit dem FC Bayern einen recht großen Schrank.
Außerdem wird der 36 Jahre alte Manuel Neuer mit Titeln verbunden. Ohne ihn und seine außergewöhnliche Leistung gegen Algerien wäre die WM 2014 im Achtelfinale für Deutschland mit einem blamablen Aus geendet.
Lloris, der am zweiten Weihnachtstag 36 Jahre alt wird, ist in der Regel nur dabei, wenn die anderen gefeiert werden, die Antoine Griezmann, Olivier Giroud und Kylian Mbappé heißen.
Lloris als Frankreichs Rückhalt
Gegen Marokko aber im Stadion Al Bayt wurde er wichtig, sehr sogar. Nach dem frühen Rückstand zeigten die Nordafrikaner, dass sie weit mehr können als nur felsenfest in der Defensive zu stehen. "Es war ein sehr harter Kampf", sagte Lloris, der mit einer spektakulären Abwehr verhinderte, dass ein Fallrückzieher von Jawad El-Yamiq den Weg ins Tor fand. Schon zuvor rettete er gegen einen platzierten Schuss von Azzedine Ounahi, und in der zweiten Halbzeit gab es weitere brenzlige Situationen, die Lloris meisterte.
Zum ersten Mal während der WM in Katar kassierte er keinen Treffer. In den Spielen gegen Polen (3:1) und im Viertelfinale gegen England (2:1) wurde er allerdings auch nur jeweils durch einen Elfmeter bezwungen. Schon gegen die an jenem Tag besseren Engländer trug Lloris wesentlich dazu bei, dass seine Mannschaft weiterkam.
Keeper meist im Schatten der Stars
Doch die Schlagzeilen gehörten in den vergangenen Wochen anderen Torhütern. Emiliano Martínez etwa, der Argentinien im Elfmeterschießen gegen die Niederlande vor dem Aus bewahrte. Kroatiens Dominik Livakovic führte seine Mannschaft durch zwei Elfmeterschießen ins Halbfinale. Vor allem weil er im Achtelfinale gegen Spanien keinen Treffer kassierte, wurde Marokkos Torhüter Yassine Bounou weltbekannt.
Allerdings zeigte Bono, wie er genannt wird, auch abseits des finalen Dramas starke Leistungen, genau wie Livakovic und Martínez, der ein ähnliches Schicksal wie Lloris trägt, den Schatten der Stars. Bei Argentinien ist er wegen Lionel Messi übergroß, bei Frankreich überdecken die effizienten Offensivspieler mit klangvollem Namen den Torhüter.
Lloris auch immer wieder mal mit Aussetzern
Hugo Lloris galt nie als ganz Großer. Er galt als solide, als einer, der an guten Tagen mal an das Niveau der Topleute Neuer, Thibaut Courtouis, Alisson Becker und Gianluigi Buffon heranreicht, aber nie als einer, der ernsthaft mit ihnen um individuelle Auszeichnungen streitet. Krasse Fehler, die ihm vor allem in den Spielen mit Tottenham Hotspur immer wieder mal unterlaufen, verhinderten das.
Einen dieser Fehler leistete er sich mit der französischen Nationalmannschaft auch bei der WM 2018, sogar im Finale. Mario Mandzukic nutzte ihn zum 2:4 in der 69. Minute, die Kroaten schöpften wieder Hoffnung.
Aber es blieb bei diesem Ergebnis, der Pokal wanderte in die Hände von Lloris, und das könnte er am Sonntag erneut. "Ein großes Finale. Es ist ein weiterer Schritt, aber der schwierigste", sagte der Kapitän in einem Interview nach dem Spiel gegen Marokko. Zu seiner Leistung wurde er nicht gefragt.