Spannendes Vorrunden-Finale DFB-Team will gegen Südkorea Druck in Leistung umwandeln
Die Qualifikation für die K.o.-Runde der besten 16 Teams bei der Frauen-WM in Australien und Neuseeland hat Deutschland vor dem letzten Gruppenspiel gegen Südkorea am Donnerstag (03.08.2023) in eigener Hand. Zum Erfolg verhelfen könnte eine neue Formation.
Bei der Pressekonferenz nach der Ankunft im Spielort Brisbane setzte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg wie gewohnt ihr Pokerface auf. Zum Spielsystem und zum Personal für die Begegnung mit Südkorea am Donnerstag (12 Uhr MESZ, im Live-Ticker auf sportschau.de) sagte sie wie von ihr gewohnt: nicht viel.
Immerhin ließ die Bundestrainerin durchblicken, wie erleichtert sie ist, dass Innenverteidigerin und Abwehrchefin Marina Hegering nach wochenlanger Pause wegen einer Fersenprellung endlich wieder voll belastbar ist. "Das ist natürlich ein Mehrwert für jede Mannschaft. Von daher sind wir froh, dass Marina jetzt absolut spielfähig ist."
Angesichts des verletzungsbedingten Ausfalls von Sara Doorsoun ist es wahrscheinlich, dass die 33-Jährige gegen Südkorea von Beginn an neben Kathrin Hendrich im Defensivzentrum spielen wird.
Stürmen Popp und Schüller von Beginn an?
Voss-Tecklenburg ließ auch offen, ob sie ihr Spielsystem vom gewohnten 4-3-3 in ein 3-5-2 mit Doppelspitze ändert, die dann Alexandra Popp und Lea Schüller bilden könnten. "Wie immer haben wir uns Gedanken gemacht, welche Dinge wir anpassen können", sagte die Bundestrainerin. Man schaue, ob der Gegner etwas offenbare, "das wir ausnutzen können".
Co-Trainerin Britta Carlson hatte zu Beginn der Woche gesagt, dass eine Aufstellung mit Doppelspitze möglich sei. So könne das Team "mehr in die Box kommen und mehr Präsenz in der Offensive haben".
Wie geht das DFB-Team mit dem Druck um?
Gegen die Asiatinnen darf es gerne wieder mehr Marokko und weniger Kolumbien im deutschen Spiel sein. Nach dem 6:0 zum Auftakt hatte das Team von Bundestrainerin Voss-Tecklenburg gegen die Südamerikanerinnen (1:2) sein Offensivspiel vernachlässigt.
Vor der Partie gegen Südkorea stehen die Spielerinnen unter Druck, dennoch sei die Stimmung in den vergangenen Tagen "überwiegend gut" gewesen, so Voss-Tecklenburg. "Wir gewinnen zusammen, wir verlieren zusammen, und wir gehen die nächsten Schritte zusammen."
Torhüterin Merle Frohms sprach bei der Abreise nach Brisbane von einem Mix aus Anspannung und Vorfreude. "Der Druck gehört immer ein bisschen dazu, um seine Leistung abzurufen. Wenn man zu locker ins Spiel geht, wird das auch nix", sah Lena Oberdorf in der Situation auch einen positiven Aspekt. Und Linksverteidigerin Chantal Hagel betonte: "Wir wollen den Druck in Energie ummünzen, damit wir gut in unser Spiel reinkommen."
Nicht mit Zweifeln, sondern Selbstvertrauen gegen Südkorea
Das Kolumbien-Spiel war bereits nach der Sitzung am Montagvormittag (31.07.2023) abgehakt. "Wir haben in der Analyse nichts schöngeredet", betonte Co-Trainerin Carlson. "Die Spielerinnen sind sehr selbstkritisch, die wollen sogar eine klare Ansage." Verteidigerin Hendrich fand es aber auch gut, dass nicht nur "draufgehauen" wurde: "Wir wollen nicht zweifeln, sondern mit Selbstvertrauen ins letzte Spiel gehen."
Wir haben schon direkt nach dem Kolumbien-Spiel gesagt, dass jetzt Südkorea darunter leiden muss.
Lina Magull berichtete, dass sich schon unmittelbar nach der bitteren Niederlage eine "Jetzt-erst-Recht-Mentalität" eingestellt habe. "Jetzt muss Südkorea darunter leiden." Am großen Ziel hat sich nichts geändert. "Wir erhoffen uns demnächst den nächsten Titel für Deutschland", sagte Melanie Leupolz und Magull erklärte: "Ich habe ein sehr gutes Gefühl, dass wir am Donnerstag Vollgas geben. Wir wollen zeigen, dass wir es besser machen können."
Bloß keine Parallele zu den Männern
Die WM-Geschichte weist derweil eine kuriose Parallele auf. Die Männer waren bei der Weltmeisterschaft 2018 in der gleichen Situation wie jetzt die Frauen. Deutschland hatte vor dem dritten Gruppenspiel ebenfalls drei Punkte, verlor dann gegen Südkorea und war erstmals bei einer Weltmeisterschaftn bereits nach der Vorrunde ausgeschieden.
Soweit soll es bei den Frauen aber nicht kommen. Zumal die Ausgangslage besser ist: Um das vorzeitige Ausscheiden zu verhindern, darf Deutschland nicht schlechter abschneiden als Marokko im Parallelspiel. Und falls Marokko gegen den aktuellen Tabellenführer Kolumbien verlieren sollte, könnten sich die DFB-Frauen sogar eine (nicht zu hohe) Niederlage gegen Südkorea leisten. Gruppensieger wird Deutschland nur, wenn das eigene Spiel gewonnen wird und Kolumbien gegen Marokko verliert.
Südkoreas Trainer ist ein alter Bekannter
Von der Papierform her waren die Asiatinnen als zweitstärkste Nation in die Gruppe gestartet. Dass die Aussagekraft der FIFA-Weltrangliste allerdings sehr begrenzt ist, haben auch schon einige andere Partien offenbart. Und so steht vor dem Duell mit Deutschland eigentlich schon fest, dass das koreanische Team, das der ehemalige Bundesliga-Trainer Colin Bell betreut, nach der Vorrunde wieder nach Hause reisen muss.
"Wir erwarten spielstarke Asiatinnen, die sind technisch immer sehr versiert. Und wir wissen, wie diszipliniert sie sind", warnte Leupolz trotzdem und ergänzte: "Uns erwartet ein relativ schweres Spiel, aber unser voller Fokus ist auf den drei Punkten."
Hagel, die gegen Kolumbien ihr WM-Debüt gefeiert hatte und wohl auch gegen Südkorea die verletzte Felicitas Rauch als Linksverteidigerin vertreten wird, zeigte sich optimistisch: "Wir kennen unsere Stärken und wissen, was wir noch besser machen müsssen. Wir werden es auf den Platz bringen, mit dem nötigen Mut nach vorne spielen und konsequent vor dem Tor sein."
- FIFA-Weltrangliste: Deutschland Platz 2 / Südkorea Platz 17
- Beste WM-Platzierung: Deutschland - Weltmeister 2003 und 2007 / Südkorea - Achtelfinale 2015
- Fun Fact: Südkorea hat schon 2003 and 2019 alle drei Gruppenspiele verloren. Das 2:1 gegen Spanien in der Vorrunde 2015 war bisher der einzige Sieg bei einer WM für die Asiatinnen, deren Bilanz mit einem Remis und zehn Niederlagen ansonsten sehr bescheiden ausfällt.