Youngster und Leistungsträgerinnen Oberdorf und Brand - Nicht zu viel grübeln
Mit Leichtigkeit und Unbekümmerheit wollen Lena Oberdorf und Jule Brand vorangehen. Die beiden Jüngsten im DFB-Team bei der WM haben aber auch besondere fußballerische Stärken - die im Gruppenspiel gegen Südkorea am Donnerstag (03.08.2023) wichtig werden dürften.
Lena Oberdorf sah die Lücke und preschte nach vorn. Sara Däbritz' Pass leitete Lea Schüller mit einer Berührung genau in den Lauf von "Obi" weiter und die lief frei auf die kolumbianische Keeperin zu. Und plötzlich ging das Kopfkino los. "Ich habe kurz überlegt, ob ich chippen soll. Aber dann habe ich die Torhüterin noch im Kasten gesehen. Shit", blickt die 21-Jährige mit ein paar Tagen Abstand auf die Szene in der Nachspielzeit des Duells mit Kolumbien zurück.
Sie entschied sich für den Versuch, an Catalina Perez vorbeizuziehen. "Ich hatte viel zu lange Zeit. Jetzt weiß ich, wie sich Stürmerinnen fühlen. Ich war dann fast glücklich, dass sie mich erwischt hat. Sonst hätte ich den Ball ja auch noch reinschießen müssen."
Den fälligen Elfmeter verwandelte zwar Alexandra Popp zum zwischenzeitlichen 1:1. Unter dem Strich stand trotzdem die bittere 1:2-Niederlage. Aber anders als beim Weg zum Tor machte sich Oberdorf nach dem Spiel nicht mehr viele Gedanken über das Spiel. "Bringt ja nichts." Nach der Analyse, die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bereits am Montagmorgen abhielt, galt die volle Konzentration dem Spiel gegen Südkorea (Donnerstag, 12 Uhr, im Liveticker).
WG-Duo hat sich gesucht und gefunden
Beim Treffen am Dienstagmittag ist Oberdorf schon wieder entspannt, die Sonne strahlt, selbst für den australischen Winter ist es mit 20 Grad ungewöhnlich warm. Neben "Obi" sitzt ihre Mitbewohnerin im Mannschaftsquartier in Wyong: Jule Brand. Zwei Wolfsburgerinnen, zwei Leistungsträgerinnen der Nationalelf, obwohl sie die Jüngsten im DFB-Team sind: Oberdorf ist 21 Jahre alt, Brand 20. Auf Reisen mit dem VfL Wolfsburg beziehen die Spielerinnen in der Regel Einzelzimmer, in Australien genießen sie ihr WG-Leben unter Gleichgesinnten.
"Lena ist eine sehr entspannte Person, es ist cool mit ihr zusammenzuwohnen", sagt Brand, die zehn Monate jünger ist als Oberdorf, an der sie nicht zuletzt den Humor und die ironische Art mag. "Jule ist ein sehr aufmerksamer und hilfsbereiter Mensch", lobt Oberdorf und betont: "Wir ticken gleich. Wir machen viel Spaß auf dem Zimmer, aber wissen auch, wann der Zeitpunkt ist, ernst zu sein." Jule lebe "frei Schnauze" und mache "das, worauf sie Lust hat".
Die Erwartungshaltung an die Youngster ist gestiegen
Bei Brand sind das auf dem Platz vor allem die Offensivaktionen. Mit ihrem Tempo und ihren technischen Fähigkeiten kann sie jeder Gegnerin Probleme bereiten. Gegen Kolumbien gelang ihr das nicht so gut. Co-Trainerin Britta Carlson betonte allerdings am Montag, dass Brand wie allen jungen Spielerinnen noch eher mal schwächere Auftritte verziehen würden: "In der ersten Halbzeit war es okay. In der zweiten wollte sie mit dem Kopf durch die Wand."
Wir sind beide noch relativ jung. Aber es gibt schon einen gewissen Druck, immer guten Fußball zu zeigen.
Außer vielleicht Klara Bühl, mit der sie beim 6:0-Erfolg gegen Marokko noch eine stets gefährliche Flügelzange gebildet hatte, gibt es im Kader ohnehin keine Spielerin wie Brand. Und an einem guten Tag führt kein Weg an ihr vorbei.
Oberdorf merkt, dass die Erwartungshaltung gestiegen ist: "Wir sind beide noch relativ jung. Aber ich spiele meine zweite WM und Jule war ja auch bei der EM dabei. Da gibt es schon einen gewissen Druck, immer guten Fußball zu zeigen." Da helfe es schon mal zu reflektieren und auch von sich selbst nicht zu viel zu fordern.
In der WG geht es selten um Fußball
Auch deshalb waren in der WG in Wyong die Leistungen gegen Kolumbien kein großes Thema mehr. Dort geht es selten überhaupt um Fußball. Was sie machen, wenn sie mal Freizeit haben und nicht zum Sightseeing unterwegs sind? "Am liebsten schlafen", antwortet Oberdorf wie aus der Pistole geschossen und lacht. "Wir sind sehr entspannt und brauchen auch einfach mal unsere Ruhe. Wir freuen uns über jeden freien Nachmittag."
Ansonsten spielt die Mittelfeldspielerin am liebsten Playstation - online mit ihren Liebsten zu Hause. Zum Beispiel Fortnite oder Call of Duty. Brand ist eher der Serien-Typ, sie schaut gerade "All American" und "The Rookie". Aber sie kapseln sich nicht voneinander ab, lassen die Türen offen und unterhalten sich auch schon mal von Zimmer zu Zimmer.
Wenn die beiden doch mal zusammen in einem Raum sind, spielen sie Uno. Aber nicht im Gemeinschaftsbereich der WG am Kartentisch. "Wir haben eher ein Kartenbett", berichtet Oberdorf grinsend. "Wir gehen uns jedenfalls noch nicht auf den Sack", fügt Brand hinzu. Auch im Mannschaftsbus sitzen sie nebeneinander.
Brand fordert Mut und Kreativität gegen Südkorea
Die Devise für das Südkorea-Spiel ist einfach. "Wir wollen Spaß haben, müssen mutig sein und offensiv mehr Chancen kreieren", erklärt Brand. Oberdorf hofft, dass ihre WG-Kollegin genügend Platz bekommt, "um ihren Sprint zu zünden". Dann müsste sie sich nicht wieder selbst auf den Weg machen - und würde ins Grübeln geraten.